| # taz.de -- Mehrere Krisen in Belgien: „Mysteriöse Drohnen stammen von staat… | |
| > Die belgische Regierung steckt wegen ihres Budgets in der Krise. | |
| > Drohnenflüge über Flughäfen und Militärstützpunkten verschärfen die | |
| > Situation zusätzlich. | |
| Bild: Premierminister Bart De Wever (Mitte) während einer Plenarsitzung des Bu… | |
| Bange Stunden in Belgien: Mitten in einer schweren Regierungskrise wird das | |
| Königreich auch noch von mysteriösen Drohnen-Überflügen verunsichert. | |
| Premierminister Bart De Wever hatte deshalb am Donnerstag gleich zwei | |
| Krisensitzungen: Erst tagte das Sicherheitskabinett in Brüssel, dann begab | |
| er sich zu König Philippe – um seinen Rücktritt anzubieten. | |
| De Wever hatte erst im Februar seine Arbeit als Regierungschef aufgenommen. | |
| Der flämische Politiker ist Mitglied der separatistischen und | |
| ausländerfeindlichen Partei N-VA. Seine sogenannte Arizona-Koalition setzt | |
| sich aus mehreren liberalen und konservativen Parteien aus Flandern und der | |
| Wallonie zusammen; im Norden Belgiens arbeiten auch Sozialdemokraten mit. | |
| Das [1][fragile Parteienbündnis] wäre im Sommer schon einmal fast | |
| zerbrochen. Damals drehte sich der Streit um den Krieg in Gaza und die | |
| Haltung zu Israel und Palästina. Dass sich die Situation in Belgien nun | |
| wieder zuspitzt, hat zwei Gründe: die Drohnen, die zuletzt auch den | |
| Flughafen in Brüssel-Zaventem lahmgelegt haben, und der harte Sparkurs der | |
| föderalen Regierung. | |
| De Wever will 10 Milliarden Euro einsparen, um das Budgetdefizit zu senken | |
| und die EU-Vorgaben einzuhalten. Doch seine Koalitionspartner ziehen nicht | |
| mit. Deshalb hatte er ein Ultimatum bis zum 6. November gesetzt. | |
| ## Mysteriöse Drohnen | |
| Am gestrigen Tag der Entscheidung stand aber zunächst die Drohnen-Krise im | |
| Mittelpunkt. Zwei Stunden tagte das belgische Sicherheitskabinett. Wichtige | |
| Entscheidungen wurden zunächst nicht bekannt. Es sei vor allem darum | |
| gegangen, mit Militärs und Sicherheitsdiensten ein Lagebild zu erstellen, | |
| hieß es in Brüssel. | |
| Die Lage ist bedenklich. Die belgischen Dienste gehen davon aus, dass die | |
| [2][mysteriösen Drohnen von einem staatlichen Akteur gesteuert werden]. Sie | |
| tauchen immer nachts auf und fliegen teilweise in Formation. Als | |
| Hauptverdächtigter gilt Russland. Zwar ist es nicht gelungen, eine Drohne | |
| abzufangen und zu identifizieren. Sogar die belgische Armee, die Drohnen | |
| über wichtigen Militäreinrichtungen gesichtet hat, tappt im Dunkeln. | |
| Doch die Sicherheitsexperten glauben, dass vor allem Russland ein Interesse | |
| daran haben könnte, Belgien zu verunsichern. Der Grund: die EU-Debatte über | |
| die Nutzung von russischen Vermögen, die in Belgien festgesetzt wurden und | |
| für die Ukraine genutzt werden könnten. | |
| Diese Debatte hat in Moskau wütende Reaktionen ausgelöst. Von „Diebstahl“ | |
| war die Rede, mit Vergeltung wurde gedroht. Der russische Ex-Präsident | |
| Dmitri Medwedew lieferte sich auf der Plattform X sogar ein Wortgefecht mit | |
| dem belgischen Verteidigungsminister Theo Francken, in dem sich beide die | |
| Vernichtung androhten. Deshalb hätte Moskau nun ein Motiv, Drohnen zu | |
| schicken, mutmaßt die Regierung. | |
| Allerdings war es Premier De Wever, der beim letzten EU-Gipfeltreffen in | |
| Brüssel sein Veto gegen die Nutzung des russischen Vermögens eingelegt hat. | |
| Indirekt hat er damit die russischen Interessen geschützt – sehr zum Ärger | |
| der Ukraine und Deutschlands, das öffentlich Druck gemacht hatte. Russland | |
| müsste Belgien also eigentlich dankbar sein, statt es in einen „hybriden | |
| Krieg“ zu verwickeln. | |
| Doch nun fühlt sich auch Belgien bedroht. Die Regierung will auf die | |
| Schnelle 50 Millionen Euro für die Drohnen-Abwehr ausgeben und sich noch | |
| enger als bisher mit der EU und der Nato abstimmen. Beide Organisationen | |
| haben ihren Sitz in Brüssel, das erleichtert die Abstimmung. Zugleich macht | |
| es die Angelegenheit so heikel, denn bisher sind auch EU und Nato nicht | |
| gegen Drohnen geschützt. | |
| ## All they want for Christmas … | |
| Auch die Budgetkrise schwelt weiter. Kurz nach dem Treffen des | |
| Sicherheitskabinetts eilte De Wever zum belgischen König, der als | |
| Staatsoberhaupt ein gewichtiges Wörtchen bei der Regierungsbildung | |
| mitzureden hat. Der Premier berichtete König Philippe von „anhaltenden | |
| Meinungsverschiedenheiten“ in der Budgetpolitik, aber auch vom Willen aller | |
| Koalitionspartner, weiterzumachen. | |
| Damit war der angedrohte Rücktritt vorerst vom Tisch. De Wever und seine | |
| Regierung geben sich noch fünfzig Tage – also bis Weihnachten –, um die | |
| Streitigkeiten auszuräumen und ein Budget für 2026 vorzulegen. Bis dahin | |
| muss die Quadratur des Kreises gelingen: 10 Milliarden Euro einzusparen, | |
| ohne einen Koalitionspartner zu verprellen oder [3][die Bürger auf die | |
| Barrikaden zu bringen]. | |
| Das wird nicht leicht: Die Gewerkschaften machen jetzt schon gegen die | |
| „Austeritätspolitik“ mobil. Mitte Oktober waren mehr als 100.000 Menschen | |
| auf die Straße gegangen. Ende November soll es sogar einen dreitägigen | |
| Generalstreik geben. Viele Belgier haben genug vom Sparkurs, der zu | |
| Kürzungen beim Arbeitslosengeld und bei der Rente führt, während das | |
| Militär im Eiltempo aufgerüstet wird. | |
| Doch De Wever läßt sich nicht beirren. „Wir stehen vor nie da gewesenen | |
| Herausforderungen“, sagte er am Donnerstagnachmittag in einer Brandrede im | |
| Parlament. „Wir müssen das Land wider flott machen.“ Deshalb habe er den | |
| König um 50 Tage Bedenkzeit gegeben. „Ich werde sie nicht verlängern.“ Im | |
| Klartext: Bis Weihnachten muss eine Einigung her, sonst platzt die | |
| belgische Regierung. | |
| 6 Nov 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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