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# taz.de -- Herausforderungen beim Baum-Gesetz: Ein dorniger Gewaltmarsch
> Viele, die den Erfolg der Baumentscheid-Initiative loben, sehen große
> Probleme bei der Umsetzung. Es geht um Geld und um die richtigen
> Standorte.
Bild: Schnell nachpflanzen – aber wo genau?
taz | [1][Eins ist seit Montag klar: Berlin bekommt mehr Bäume.] Aber wie
viele genau? Da scheiden sich schon die Geister: „Fast 300.000 neue Bäume
in den nächsten 15 Jahren“ hat die SPD-Fraktion überschlagen. Dagegen
verkündet die Initiative Baumentscheid Berlin, Berlin werde bis 2040 „eine
Million Straßenbäume“ haben.
Laut offizieller Statistik gab es in Berlin Anfang 2025 [2][rund 439.000
Straßenbäume]. Das heißt: Zwischen den Berechnungen von AktivistInnen und
PolitikerInnen klafft schon eine Differenz von einer guten Viertelmillion
Bäumen. Wer da falsch liegt, wird sich zeigen.
Dass die Zahlen der SPD näher an der Wirklichkeit liegen, könnte aber
selbst dann wahrscheinlich sein, wenn die Vorgaben im Gesetz für die
Million sprächen. Denn die Umsetzung dürfte eher ein dorniger Gewaltmarsch
als ein schattiger Spaziergang werden. Viele BeobachterInnen, die dem
Baumentscheid eigentlich wohlgesonnen sind, rechnen mit großen Widerständen
und ähnlichen Problemen, wie bei der Realisierung des Mobilitätsgesetzes.
So mutmaßt der BUND, dass die schwarz-rote Politik den Zugewinn an
Stadtgrün an anderer Stelle zunichtemacht: „Papier ist geduldig“, sagte
Geschäftsführerin Gabi Jung zur taz. Sie verweist darauf, dass aktuell in
der Torstraße, auf dem T-Damm und in der Ollenhauerstraße an die 200
ausgewachsene Bäume fallen sollen, weil schlecht geplant werde.
Der BUND [3][fordert darum einen Hitzeschutz-Aktionsplan], der bestehendes
Grün sichert, anstatt nur auf Aufwuchs zu setzen – der braucht naturgemäß
viele Jahre, um wirksam zu werden. Trotzdem spricht der Verband von einem
„großen Erfolg der Initiative“. Zuletzt hatte es noch andere Töne gegeben,
Jung hatte das Gesetz als zu bürokratisch bezeichnet.
## „Wie die Königin der Nacht“
Auch bei den Grünen sieht man der Umsetzung mit Skepsis entgegen. Für
Benedikt Lux, den umweltpolitischen Fraktionssprecher, stellt sich die
Frage, ob in den kommenden Jahren tatsächlich genügend Mittel bereitstehe,
wenn kein Geld mehr aus dem Sondervermögen des Bundes da ist. Schon jetzt
passe der zusammengeschrumpfte Umwelthaushalt nicht mit den Zielen des
Gesetzes zusammen, findet Lux – diese Kürzungen müssten sofort
zurückgenommen werden.
Im schlimmsten Fall ähnele der Erfolg beim Baumgesetz der „Königin der
Nacht“, so der Grünen-Politiker zur taz, sprich: einer wunderschönen Blüte,
die umgehend verwelkt. Er meint: „Der Kampf um die Bäume wird nun auf jedem
Quadratmeter entschieden.“
Der größte Haken bei der Realisierung der Gesetzesvorgaben wird wohl die
Frage nach dem richtigen Standort der Bäume sein. Der befindet sich nach
den von der CDU durchgedrückten Änderungen nicht mehr vorrangig dort, wo
bislang noch Autos parken, sondern auf dem „Unterstreifen“, dem äußersten
Rand des Gehwegs.
Für Roland Stimpel vom FUSS e.V. ist das ein gravierender Fehler. Schon
heute gebe es oft nicht die vorgesehene Mindestbreite für PassantInnen.
Bäume würden deren Raum noch weiter einengen. Besonders paradox findet
Stimpel, dass Asphalt und parkende Autos Wärme speicherten, die man ja mit
den Baumpflanzungen reduzieren wolle: „Eigentlich ist das jetzt ein
Erhitzungsschutzgesetz.“
Und noch einen Widerspruch gibt es: BaumschützerInnen weisen seit Jahren
darauf hin, dass es für nachhaltiges Straßengrün wichtiger ist, die
Baumstandorte konsequent zu erneuern, also weite und tiefe Wurzelräume zu
schaffen. [4][Das jedoch würde ein Vielfaches der jetzt veranschlagten
Summe kosten.]
3 Nov 2025
## LINKS
[1] /Sondersitzung-des-Berliner-Parlaments/!6122892
[2] https://www.berlin.de/sen/uvk/_assets/natur-gruen/stadtgruen/daten-und-fakt…
[3] /Kampagne-gegen-Neuversiegelung/!6110326
[4] /Stadtbaeume-im-Klimawandel/!5950569
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Bäume
Volksentscheid
Grünflächen
Bäume
Flächenversiegelung
Bäume
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stemmen.
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