| # taz.de -- Gaza-Tagebuch: Warum dürfen wir nicht einfach leben? | |
| > Das Wiederaufflammen des Krieges in Gaza am Sonntag erschreckt unseren | |
| > Autor. Er fordert: weg mit der israelischen Besatzung. Und raus mit der | |
| > Hamas. | |
| Bild: Chan Yunis, Gazastreifen, nach Luftangriffen am 19. Oktober | |
| Mein Herz schmerzt. Von Anfang an hatte ich das Gefühl, dass etwas | |
| passieren würde, dass die Waffenruhe doch wieder enden würde. Ich konnte | |
| nicht glauben, dass der Krieg einfach so zu Ende gegangen sein sollte. | |
| Mein Instinkt schien richtig zu sein: [1][Am Sonntag ist der Krieg temporär | |
| zurückgekehrt.] Von den ersten Augenblicken an, als die israelischen | |
| Luftangriffe auf Gaza wieder aufgenommen wurden, fühlten wir uns völlig | |
| verloren. | |
| Für ein paar Tage – sie fühlten sich an wie ein Wimpernschlag – hatten wir | |
| bis zum Sonntag das Gefühl, dass der Krieg wirklich beendet sein könnte. | |
| Dass ein neues Leben beginnen könnte – ein Leben mit einem gewissen Maß an | |
| Stabilität, auch wenn es natürlich voller Herausforderungen blieb. | |
| Zumindest hatten wir die Hoffnung, dass die ständigen Vertreibungen endlich | |
| vorbei wären, dass wir uns wieder frei bewegen könnten. Gerade als am | |
| Sonntag die Angriffe begannen, waren meine Familie und ich dabei, uns auf | |
| einen Umzug [2][in den Norden des Gazastreifens] vorzubereiten. | |
| Jetzt verfolgen uns erneut diese Fragen: Wird der Gazastreifen doch | |
| vollständig besetzt? Und was bleibt dann von Gaza übrig? Und überhaupt: Was | |
| rechtfertigt all das anhaltende Töten? | |
| ## Die Auswirkungen des Krieges spüren wir sofort | |
| Innerhalb weniger Stunden verschwanden am Sonntag [3][die Lebensmittel] aus | |
| Deir al-Balah. [4][Und die Preise für Güter der absoluten Grundbedürfnisse] | |
| begannen wieder zu steigen. | |
| Wir befanden uns erneut im Krieg. Und allein dieses Gefühl ließ mich fast | |
| ersticken. Wir fühlten uns erneut, als sollten wir sterben. Warum dürfen | |
| wir nicht einfach leben – so wie der Rest der Welt? | |
| [5][Wir wollen keine israelische Besatzung]. Und wir wollen keine Hamas im | |
| Gazastreifen. Lasst uns in Ruhe. Lasst uns ohne Einmischung von außen | |
| leben. Lasst uns in Frieden. | |
| Wir wollen unser Leben neu aufbauen, weit weg vom Lärm der Granaten, weit | |
| weg vom Anblick des Blutes an den Wänden unserer Häuser. Ich möchte zu | |
| ruhigen Klängen einschlafen und nicht zu Geräuschen, die mich immer wieder | |
| aus dem Schlaf reißen. Die mich hochschrecken lassen, in der Annahme des | |
| Schlimmsten. Ich möchte, dass Musik durch die Straßen hallt statt Raketen. | |
| Wir verdienen es zu leben. Die Welt muss das begreifen. Die Waffenruhe ist | |
| offiziell zurückgekehrt. Die Angst bleibt. | |
| Aus dem Englischen: [6][Lisa Schneider] | |
| Mahmoud Al-Masri ist 20 Jahre alt und wurde innerhalb des Gazastreifens in | |
| den vergangenen beiden Jahren mehrfach vertrieben. | |
| Internationale Journalist*innen können seit Beginn des Kriegs nicht in | |
| den Gazastreifen reisen und von dort berichten. Im „Gaza-Tagebuch“ holen | |
| wir Stimmen von vor Ort ein. Es erscheint meist auf den Auslandsseiten der | |
| taz. | |
| 20 Oct 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Mahmoud Al-Masri | |
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