| # taz.de -- Selbstbestimmungsgesetz: Doch keine Abstimmung über Queer-Register… | |
| > Der Bundesrat sollte über die Kennzeichnung geänderter | |
| > Geschlechtseinträge im Melderegister abstimmen. Dann wurde der Punkt von | |
| > der Tagesordnung gestrichen. | |
| Bild: Das Selbstbestimmungsgesetz wurde noch von der Ampel-Koalition eingeführt | |
| Fachverbände hatten ebenso wie Datenschützer:innen vor dem hohen | |
| Diskriminierungspotenzial und dem Risiko eines „[1][Registers für trans | |
| Personen]“ gewarnt. Der öffentliche Druck scheint nun Wirkung gezeigt zu | |
| haben: Eine Verordnung des Bundesinnenministeriums (BMI), die vorsieht, | |
| geänderte Vornamen und Geschlechtseinträge zukünftig im Melderegister zu | |
| kennzeichnen, wurde kurzfristig von der Abstimmung im Bundesrat | |
| zurückgezogen. Unter den Landesregierungen fehlte offenbar die | |
| erforderliche Mehrheit. | |
| Als Tagesordnungspunkt 57 war die „[2][Verordnung zur Umsetzung des | |
| Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag im | |
| Meldewesen]“ am Freitag im Bundesrat angesetzt. Zu einer Abstimmung kam es | |
| jedoch nicht, zu deutlich war offenbar bereits im Voraus die Skepsis in den | |
| Ländern. Letztlich sei der Punkt auf Antrag des CDU-geführten Hessen von | |
| der Tagesordnung genommen worden, heißt es aus grünen Bundesratskreisen. | |
| Weil es sich beim Meldewesen um Ländersache handelt, bedarf es der | |
| Zustimmung der Länderkammer. „Offensichtlich hat die Bundesregierung kalte | |
| Füße bekommen, weil sie im Bundesrat aktuell keine Mehrheit für ihre Pläne | |
| findet“, sagte die queerpolitische Sprecherin der | |
| Grünen-Bundestagsfraktion, Nyke Slawik. | |
| ## ‚Altes Geschlecht‘ würde dauerhaft mitgeführt | |
| Mitte Juli waren die Pläne des Bundesinnenministeriums unter Alexander | |
| Dobrindt (CSU) zur Umsetzung des neuen Selbstbestimmungsgesetzes erstmals | |
| bekannt geworden. Sie sehen vor, dass der frühere Vorname und | |
| Geschlechtseintrag einer Person und das Änderungsdatum zukünftig im | |
| Melderegister angezeigt und auch an andere Behörden wie die Bundeszentrale | |
| für Steuern und die Rentenversicherung übermittelt werden. Bisher war der | |
| frühere Eintrag mit einem Sperrvermerk versehen, lediglich der aktuelle | |
| Eintrag war einsehbar. Das BMI argumentierte jedoch, die Kennzeichnung sei | |
| notwendig, um die Identifizierbarkeit zu gewährleisten. | |
| Bei Fachverbänden und unter Datenschützer:innen blickte man kritisch | |
| auf die Regelung, die verfassungs- und datenschutzrechtlichen Bedenken | |
| waren groß. Das noch von der Ampel-Koalition eingeführte | |
| Selbstbestimmungsgesetz würde damit ad absurdum geführt, so die | |
| Kritiker:innen. „Die Speicherung und Weitergabe früherer Geschlechts- und | |
| Namensangaben kann zu Zwangsoutings im Kontakt mit Behörden führen – mit | |
| möglichen Folgen wie Diskriminierung und Stigmatisierung“, sagte der | |
| Bundesverband trans. | |
| „Faktisch entsteht ein Mechanismus, der das ‚alte Geschlecht‘ dauerhaft | |
| mitführt, obwohl das Selbstbestimmungsgesetz gerade darauf abzielt, dass | |
| Menschen nach einer Änderung nicht mehr an ihren früheren | |
| Geschlechtseintrag gebunden sind“, heißt es vom LSVD – Verband Queere | |
| Vielfalt. Auch das Argument der Identifizierbarkeit sei nicht | |
| nachvollziehbar, denn Änderungen von Vornamen und Geschlechtseintrag sind | |
| schon seit vielen Jahren durch das Transsexuellengesetz möglich, wobei die | |
| Identifizierbarkeit nie ein Problem darstellte. | |
| Auch aus dem Bundesrat selbst gab es Bedenken. So [3][empfahl der | |
| Familienausschuss], dem Gesetz nicht zuzustimmen. Die Erforderlichkeit der | |
| Regelungen werde nicht hinreichend belegt, heißt es in der Begründung. | |
| ## Aufatmen bei Opposition und Verbänden | |
| Bei den Grünen war die Freude über die abgesetzte Abstimmung groß: „Der | |
| Protest gegen das geplante Sonderregister für trans*, inter* und | |
| nicht-binäre Personen wirkt!“, sagte die Grüne Nyke Slawik. Auch die | |
| stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Misbah Khan, begrüßte die | |
| nun erst einmal abgesetzte Abstimmung. | |
| Die Bundesregierung müsse sich „den Vorwurf gefallen lassen, mit ihrem | |
| Vorgehen nicht nur unnötiges Misstrauen gegenüber queeren Menschen geschürt | |
| und sich dabei erneut [4][mit rechtsextremen und menschenfeindlichen | |
| Kräften gemeingemacht] zu haben“, so Khan. Sondern auch, „erneut versucht | |
| zu haben, ein verfassungsrechtlich höchst problematisches Vorhaben ohne | |
| gesicherte politische Mehrheit durchzusetzen“. | |
| 17 Oct 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /trans-Menschen/!6103673 | |
| [2] https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2025/0401-0500/419-25.pdf?_… | |
| [3] https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2025/0401-0500/419-1-25.pdf… | |
| [4] /Kritik-am-Selbstbestimmungsgesetz/!6106300 | |
| ## AUTOREN | |
| Amelie Sittenauer | |
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