Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Lebenslänglich Ludwig
> Lebenslänglich Bayer: Einst wollte der „Märchenkönig“ Ludwig Zwo
> freiwillig ins Exil gehen – selbst die Philippinen wurden
> ausgekundschaftet.
Weg hat er wollen. Raus aus Bayern. Das Königreich war nicht mehr viel wert
seit der Reichsgründung 1871 und der Märchenkönig todunglücklich. Der
Sonnenkönig, der französische, war doch sein großes Vorbild, nicht nur weil
der es in Versailles so schön hatte, nein, vor allem wegen der absoluten
Macht, die er ausüben konnte. Und er, Ludwig zwei, er stand nun unter
preußischer Fuchtel. Das war doch kein würdiges Königsleben mehr, mag
Ludwig gedacht haben, als er den Geheimrat Franz von Löher um die Welt
geschickt hat, um einen geeigneten Ort für ein mögliches Exil
auszukundschaften.
Der machte sich auf den Weg nach Chile, Uruguay, Paraguay und Bolivien, war
nicht nur auf den kanarischen Inseln, Zypern und auf der Krim, sondern
sandte auch Berichte aus Samoa, Fidschi, von den Sandwich-Inseln, aus
Tahiti, Tonga und von den Philippinen. Sogar eine Verfassung für den Ort,
den König Ludwig für sein Exil erwerben wollte, soll im geheimen Hausarchiv
der Wittelsbacher liegen. So hat man es Klaus Reichold und Thomas Endl, den
nimmermüden Anekdotensammlern rund um Ludwigs Leben, erzählt. Aber
nichts Genaues soll man wohl nicht wissen. Das geheime Hausarchiv könnte
man nicht mehr geheim nennen, wenn das anders wäre.
Die Philippinen sind jedenfalls wohl nicht allzu gut weggekommen in den
Berichten des Kundschafters. Der schwärmte von den Tälern des Nils in
Ägypten und vor allem von den Tälern des Hindukusch in Afghanistan. „Die
Vorberge des Hindu-Kuh haben Ähnlichkeiten mit den lieblichsten
Alpengeländen“, schrieb er. Ob man mögliche Nachkommen des Königs und
Angehörige seines Hofstaats, wenn er denn damals wirklich ausgewandert
wäre, wohl heutzutage mit Visa ausstatten würde, sollten sie sich vor den
Taliban in Sicherheit bringen wollen? Erhebliche Zweifel sind da
angebracht.
Ludwig ist ja dann eh nicht ins Exil gegangen. Nicht nach Afghanistan und
auch nicht auf die Philippinen. Kundschafter Franz von Löher hat ihm
letztlich abgeraten. „Übersiedlung in ein fremdes Land, in ungewohntes
Klima, unter neue Menschen und Verhältnisse ist ein höchst gewagtes
Unterfangen. Sehr häufig verbindet sich damit unsägliches Elend“, hat er
geschrieben. Und Ludwigs Hofsekretär Ludwig von Bürkel las aus den
Berichten auch nicht gerade eine Empfehlung zur Ausreise des
„Märchenkönigs“ heraus. Unzivilisiert sei die Bevölkerung auf den
Philippinen. Dort würden nur Malaien leben. „Halbwilde“ seien das mit einem
„Mangel an Kultur“.
Das hat schon damals mit großer Sicherheit so nicht gestimmt. Und heute
kann man in Bayern eh froh sein, dass sich so viele Pflegekräfte von den
Philippinen im Freistaat angesiedelt haben. Ohne die müsste so manches
Krankenhaus ganze Abteilungen schließen. Was das mit König Ludwig zu tun
hat, mag man sich nun fragen. Gar nichts natürlich. Es kann dennoch nicht
oft genug gesagt werden.
16 Oct 2025
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Bayern
Philippinen
Monarchie
Antisemitismus
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Podcast „Mauerecho“
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Lebenslänglich Bayer: Scheinheilige Nacht
Lebenslänglich Bayer: Allgegenwärtig vor Weihnachten ist in Bayern die
Versdichtung „Heilige Nacht“ des immer noch populären Antisemiten Ludwig
Thoma.
Die Wahrheit: Teures Pflaster München
Lebenslänglich Bayer: Die bayerische Landeshauptstadt kann stolz auf sich
sein, sie hat bei Mietpreisen ein europäisches Spitzenniveau erreicht.
Die Wahrheit: Korrekte Wiesn in Berlin
Lebenslänglich Bayer: Die Hauptstadt lockt mit etlichen oktoberfestartigen
Vergnügungen. Doch nur eine findet auch beim Kenner Zustimmung.
Die Wahrheit: Hubsis Heimat
Lebenslänglich Bayer: Es ist da täglich einer im Freistaat unterwegs,
dessen Qualitäten als Selbstvorzeiger gar nicht genug gewürdigt werden
können.
Urlaub in Ost und West: Geteiltes Land, geteilte Ferien?
Wie prägte die Teilung das Reiseverhalten der Deutschen? Simone Schmollack
und Andreas Rüttenauer im Gespräch über Ferien, Fernweh und Freiheit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.