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# taz.de -- Wahlen in Moldau: Sieg der Pro-Europäer nach Zitterpartie
> Die westlich orientierte PAS-Partei von Präsidentin Maia Sandus erringt
> in der Republik Moldau eine Mehrheit. Pro-russische Gruppierungen rufen
> zu Protesten auf.
Bild: Die Blumen waren nicht verfrüht: Maia Sandu bei der Stimmenabgabe vor ei…
Warschau taz | Nach der Auszählung aller Stimmen in der Republik Moldau
steht der Wahlsieg der proeuropäischen Reformpartei „Aktion und
Solidarität“ (PAS) von Präsidentin [1][Maia Sandu] fest. Drei prorussische
Bündnisse schnitten schlechter ab als erwartet. Laut dem
Wahlbeobachterportal sicherte sich PAS 56 von 101 Sitzen – 5 weniger als
2021. Dennoch verfügt die prowestliche Regierungspartei über eine klare
Mehrheit im Parlament.
„Wir haben der Welt gezeigt, dass wir ein Land mit mutigen und stolzen
Bürgern sind“, kommentierte Sandu am Montagmittag das Ergebnis. Sie verwies
auf massive russische Einschüchterungsversuche und wertete das Ergebnis als
Mandat für Reformen und den EU-Beitritt. „Gesellschaft und Staat sind
resistenter geworden“, sagte Sandu. „Moldau zeigt uns heute, dass man vor
Russland nicht einknicken, sondern sich verteidigen und siegen kann“,
kommentierte am „Warsaw Security Forum“ Frankreichs Außenminister
Jean-Noël Barrot hocherfreut.
Die Wahl galt als Schicksalsentscheidung über die Zukunft der verarmten
Ex-Sowjetrepublik an der strategischen Schnittstelle zwischen Rumänien und
der Ukraine. Beobachter bezeichneten sie angesichts der russischen
Aggression als wichtigste Wahl Europas im Jahr 2025. Der Kreml hatte wie
schon beim EU-Referendum 2024 erhebliche Mittel in Stimmenkauf,
Desinformation und Social-Media-Kampagnen investiert.
Trotz dieser Unterstützung distanzierte die PAS das prorussische Bündnis
„Patriotischer Block“ von [2][Igor Dodon] deutlich. Im Einzelnen kam Sandus
PAS auf 50,2 Prozent (2021: 53 Prozent) der Stimmen. Dodons
Dreiparteienbündnis erreichte mit 24,2 Prozent (26 Sitze, 2021: 27 Prozent)
weit weniger Stimmen als erwartet. Noch schlechter schnitt das mutmaßlich
in Moskau geschmiedete Bündnis „Alternative“ des sich proeuropäisch
gebenden Chișinăuer Bürgermeisters Ion Ceban ab. Statt der prognostizierten
15 Prozent kam es nur auf 8 Prozent (8 Sitze).
## Auch eine populistische Partei zieht ins Parlament ein
Auch die linkspopulistische Formation „Unsere Partei“ des nordmoldauischen
Geschäftsmanns Renato Utas schnitt mit 6,2 Prozent (6 Sitze) schlechter ab
als gemeinhin erwartet. Als fünfte Partei schaffte es mit 5,6 Prozent (6
Sitze) völlig überraschend die populistische Partei „Demokratie zu Hause“
erstmals ins Parlament. Die Partei des einstigen liberalen Politikers
Vasile Costiuc setzt sich für eine Union der Moldau und Rumäniens ein.
Die bisherige Regierungspartei PAS verdankt ihr überraschend gutes
Abschneiden vor allem auch den Stimmen der Gastarbeiter im Ausland. Diese
moldauische Diaspora vor allem in Italien, Frankreich und Deutschland
stimmte zu fast 90 Prozent für die pro-europäische PAS, genauso wie sie
schon 2024 für eine zweite Amtszeit von Maia Sandu und den EU-Beitritt als
Verfassungsartikel in Moldau gestimmt hatte.
Dazu hatte die Regierung in der letzten Woche vor der entscheidenden Wahl
über die Zukunft Moldaus von der Auslieferung des eines Milliardenraubs
angeklagten Oligarchen Vladimir Plahotniuc von Griechenland nach Chișinău
profitiert. Plahotniuc soll mit dem [3][pro-russischen],
moldauisch-israelischen Geschäftsmann und Politiker [4][Ilan Schor] im
Jahre 2016 bis zu einer Milliarde Euro von drei moldauischen
Geschäftsbanken via russische Geldinstitute außer Landes transferiert
haben. Zehntausende von Kleinanlegern verloren dabei ihre Ersparnisse,
darunter auch Anhänger pro-russischer Parteien. Dass Plahotniuc unter Maia
Sandus Regierung festgenommen und nach Moldau ausgeliefert wurde, half nun
der Präsidialpartei.
## Fortbestehen der pro-europäischen Regierung scheint sicher
Dazu hatte die Zentrale Wahlkommission zwei Tage vor der Wahl die
linkspopulistische Partei „Herz der Moldau“ der Ex-Regionalpräsidentin des
Autonomen Gebietes Gagausien, Irina Vlah, aus dem pro-russischen
„Patriotischen Block“ entfernen lassen. Die Behörde sah es als erwiesen an,
dass es sich bei „Herz der Moldau“ de facto um eine Proxy-Partei der 2023
verbotenen Schor-Partei des gleichnamigen Oligarchen handelt. Das
Viererbündnis Dodons schrumpfte damit auf ein Dreierbündnis zusammen.
„PAS hat die Parlamentswahlen verloren“, behauptet Oppositionsführer Dodon
in der Nacht zum Montag dennoch unbeirrt vor dem Gebäude der Zentralen
Wahlkommission umringt von ein paar Dutzend Anhängern. Bereits am
Wahlsonntag hatte Dodon für Montag zu Protesten gegen die Regierung
aufgerufen. „Wir müssen die Wahrheit und Stimmzählung gemäß Gesetz
verteidigen“, forderte er und rief seine Anhänger bereits in der Nacht in
die Innenstadt von Chișinău. Weit besonnener gaben sich die ebenso
oppositionellen Populisten Costiuc (PPDA) und Usati. Letzterer rief gar
alle zu Koalitionsgesprächen mit seiner Formation „Unsere Partei“ auf.
Usatis „Unsere Partei“ war im Vorfeld der Wahlen selbst von namhaften
PAS-Politikern nicht als möglicher Juniorpartner ausgeschlossen worden,
sollte die Partei keine absolute Mehrheit mehr im Parlament gewinnen. Damit
erscheint ein Fortbestehen der pro-europäischen PAS-Regierung und damit der
West-Integration Moldaus am Montag doppelt abgesichert.
„Die PAS hat die Parlamentswahlen verloren“, behauptete Oppositionsführer
Dodon in der Nacht zum Montag vor der Wahlkommission, umringt von wenigen
Dutzend Anhängern. Am Montag demonstrierten Tausende Anhänger des
„Patriotischen Blocks“ vor dem Parlament in Chișinău. Transparente und
Sprechchöre versprachen: „Der Sieg wird bald unser sein!“
29 Sep 2025
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## AUTOREN
Paul Flückiger
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Kolumne Krieg und Frieden
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