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# taz.de -- Kommunalwahlen in Georgien: Traum und Tränengas
> In Georgien gehen erneut Zehntausende auf die Straße. Premier Kobachidze
> spricht von einem Umsturzversuch, die Demonstrierenden von ihrer letzten
> Hoffnung.
Bild: Zwischen Flagge und Schlagstock: In Tblissi kniet eine Frau vor der Poliz…
Tblissi taz | Am 4. Oktober liegt über Tblissi ein dünner grauer Himmel,
doch die Straßen sind alles andere als still. Schon am frühen Vormittag
strömen Tausende Menschen ins Zentrum der georgischen Hauptstadt, viele mit
EU-Flaggen, andere mit handbemalten Schildern gegen den „Georgischen Traum“
(KO), die Partei von Premierminister Irakli Kobachidze.
Was als Tag der Kommunalwahlen begann, wird schnell zum Symbol für die
politische Krise des Landes. Seit mehr als 310 Tagen protestieren die
Menschen gegen Korruption, Machtmissbrauch und die zunehmende Ähnlichkeit
der Regierung zu Moskau. Nun, an diesem Wahltag, entlädt sich der Frust in
offener Konfrontation. Am Nachmittag ziehen Demonstrierende in Richtung des
Präsidentenpalasts. Einige errichten Barrikaden, andere versuchen,
Absperrungen zu überwinden. Die Polizei reagiert mit Tränengas und
Wasserwerfern.
Zwischen den Rufen und dem Gas steht auch Megie Diasamidze, 23,
Soziologiestudentin. Sie trägt eine schwarze Jacke, eine dunkle Cap tief
ins Gesicht gezogen, Mund und Nase sind mit einem Tuch bedeckt – nur ihre
Augen sind zu sehen. Für sie ist dieser Tag ein weiterer Schritt in einem
langen Kampf, sagt sie später: „Ich habe am 4. Oktober keine Revolution
erwartet und mache mir keine Illusionen, dass der Georgische Traum die
Macht so leicht abgeben wird. Sie hatten viele Chancen, sich um das Wohl
der Gesellschaft zu kümmern, aber sie haben sie nie genutzt. Im Gegenteil –
sie sind bereit, alles zu tun, um an der Macht zu bleiben.“
Einen Monat zuvor war Megie Diasamidze selbst festgenommen worden, auf dem
Weg in ihr Heimatdorf an der Schwarzmeerküste. Die Polizei beschuldigte sie
des Vandalismus, weil sie auf ein Wahlplakat des Bürgermeisters Kakha
Kaladze die Worte „Russischer Traum“ geschrieben hatte. „Es war nur ein
Wort“, sagt sie, „aber für sie ist es eine Bedrohung.“
Der Fall machte landesweit Schlagzeilen. Viele junge Georgier*innen
sahen darin ein Symbol für die eingeschränkte Meinungsfreiheit. Kaladze,
einst Fußballstar und seit 2017 Bürgermeister von Tblissi, ließ Dutzende
solcher Fälle verfolgen. Megie droht nun eine Haftstrafe von bis zu fünf
Jahren; bis zur Gerichtsentscheidung ist sie gegen Kaution frei. Trotzdem
steht sie wieder auf der Straße. „Ich möchte zeigen, dass es noch viele
Menschen gibt, die weder diese Wahlen noch diese Regierung anerkennen“,
sagt sie. „Es ist kein kurzer Protest mehr – es ist unser Alltag geworden.�…
Mit ihrer Einschätzung dürfte Megie Diasamidze recht behalten. Die Proteste
an diesem Tag sind mehr als ein spontaner Aufschrei. Sie sind die
Konsequenz aus einer jahrelangen politischen Dauerkrise. Das kleine Land im
Südkaukasus, einst Hoffnungsträger demokratischer Reformen, erlebt eine
Welle der Ernüchterung.
Die Regierungspartei „Georgischer Traum“ (KO), gegründet vom Oligarchen
Bidzina Ivanischwili, regiert seit 2012 ununterbrochen – und hat ihre
Kontrolle über Justiz, Medien und Polizei stetig ausgebaut. Viele ihrer
Gesetze wirken, als seien sie direkt in Moskau entworfen worden.
Premierminister Irakli Kobachidze, ein in Deutschland promovierter Jurist,
regiert zunehmend autoritär. Regierungskritische Medien stehen unter Druck,
Oppositionelle werden festgenommen, internationale Beobachter warnen vor
einer „Erosion der Meinungsfreiheit“.
Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2024 erklärte sich der „Georgische
Traum“ mit 53,9 Prozent zum Sieger – trotz dokumentierter Manipulationen,
die internationale und lokale Beobachter feststellten. Die Opposition
erkennt das Ergebnis nicht an und boykottiert seither das Parlament.
Als Kobachidze am 28. November 2024 ankündigte, die
EU-Beitrittsverhandlungen bis 2028 auszusetzen, kippte die Stimmung
endgültig. Georgien hatte erst im Jahr zuvor den Kandidatenstatus erhalten
– für viele Bürger*innen war die Entscheidung ein Verrat an ihrer
europäischen Zukunft. Seither gehen regelmäßig Tausende auf die Straße,
wenn auch mit abnehmender Kraft.
## Konflikt zwischen Regierung und Gesellschaft
Der inhaftierte Ex-Präsident Michail Saakaschwili, der einst den
prowestlichen Kurs des Landes prägte, ruft seine Anhänger nun zur
„friedlichen Revolution“ auf. Doch viele in der Opposition lehnen diesen
Begriff ab – zu groß ist die Angst vor Gewalt, zu präsent die Erinnerung an
frühere Machtkämpfe. Am 4. Oktober aber ist klar: Der Konflikt zwischen
Regierung und Gesellschaft ist längst mehr als ein Streit um Macht. Es ist
ein Kampf um die Richtung, in die dieses Land gehen will – nach Osten oder
nach Westen, zurück oder nach vorn.
Wenn Megie Diasamidze über ihre Verhaftung spricht, tut sie das mit einer
Mischung aus Ironie und Müdigkeit. „Meine Anwältin sagte mir, es sei Zeit,
mit Yoga anzufangen“, erzählt sie und lächelt kurz. „Als das Gericht mich
freiließ, meinte mein Vater, es wäre besser, ich bliebe im Gefängnis – dann
wüsste er wenigstens, wo ich bin.“ Ihre Eltern leben in einem Dorf an der
Schwarzmeerküste. Sie sorgen sich jedes Mal, wenn Megie in Tblissi auf die
Straße geht. „Sie machen sich ständig Gedanken, ob mir etwas passiert. Aber
für mich ist das normal geworden“, sagt sie. Geschichten wie ihre sind in
Georgien keine Ausnahme mehr. Für viele junge Aktivist*innen gehören
Festnahmen, Einschüchterung und Gerichtsverfahren längst zum Alltag.
„Diese Regierung hat uns Jahre genommen“, sagt Megie. „Ich sollte jetzt in
Oxford oder an einer anderen europäischen Universität studieren.
Stattdessen stehe ich auf der Straße und atme Tränengas. Sie behandeln uns,
als wären wir gefährlich – nur weil wir uns ein anderes Georgien wünschen.…
Sie organisiert Demonstrationen, hilft dabei, juristische Unterstützung für
Inhaftierte zu koordinieren. „Wir sind alle müde“, sagt sie, „aber wenn …
aufhören, wird es noch schlimmer.“
Ihre eigene Festnahme wurde im September zum Auslöser einer neuen Welle der
Solidarität. Elene Khoshtaria, eine bekannte Oppositionspolitikerin von der
Koalition für Veränderungen, wurde kurz darauf, am 15. September, ebenfalls
festgenommen – auch Khoshtaria hatte auf ein Banner von Kakha Kaladze
„Russischer Traum“ geschrieben. Sie sitzt seither in Haft, weigert sich,
vor Gericht zu erscheinen oder eine Kaution zu akzeptieren. Khoshtaria ist
eine von derzeit sieben prominenten politischen Gefangenen im Land;
insgesamt zählen Menschenrechtsorganisationen mehr als fünfzig.
Amnesty International spricht von einem „Klima politischer Unterdrückung“.
Das harte Vorgehen gegen Oppositionelle, Journalist*innen und NGOs sei
Ausdruck einer Regierung, die ihre Macht mit allen Mitteln verteidigt.
Viele unabhängige Organisationen, die früher Wahlen beobachteten oder
Rechtsbeistand leisteten, mussten im vergangenen Jahr schließen – wegen
verschärfter Gesetze und weil ihre Konten eingefroren worden sind.
## Es geht nicht mehr um eine Partei oder eine Wahl
Für Megie ist das alles Teil eines größeren Bildes. „Es geht nicht nur um
eine Partei oder eine Wahl“, sagt sie. „Es geht darum, dass sie uns zum
Schweigen bringen wollen – und dass wir trotzdem weitermachen.“ Dann zieht
sie das Tuch über Mund und Nase wieder hoch, bevor sie in der Menge
verschwindet, dorthin, wo die Parolen lauter werden.
Die Forderung nach Freiheit für politische Gefangene ist längst zum Symbol
geworden – und zum Kern der Bewegung, die viele in Georgien inzwischen
„friedliche Revolution“ nennen. Die Idee stammt von Michail Saakaschwili,
der 2021 illegal nach Georgien zurückgekehrt war. Noch am Tag seiner
Ankunft wurde er festgenommen. Seither sitzt er im Gefängnis.
Für seine Unterstützer*innen ist Saakaschwili ein politischer
Gefangener, für die Regierung ein verurteilter Straftäter. Und selbst
innerhalb der Opposition ist umstritten, ob sein Ruf nach Revolution der
Bewegung hilft oder schadet. Viele Aktivist*innen befürchten, dass jede
Eskalation der Regierung nur neue Vorwände für Repression liefert.
Am Nachmittag des 4. Oktober eskaliert die Lage. Hunderte Demonstrierende
werfen Steine, errichten Barrikaden aus Müllcontainern. Die Polizei
reagiert mit Wasserwerfern und Tränengas. Sirenen heulen, Rauch zieht über
den Platz, Transparente flattern im Wind. Nach Angaben des
Gesundheitsministeriums werden 21 Polizisten und sechs Demonstrierende
verletzt, mehrere von ihnen müssen ins Krankenhaus gebracht werden.
Am Ende dieses langen Tages bleibt die „Revolution“ aus. Die
Oppositionsparteien verlieren die Kommunalwahlen in allen Städten, fünf der
Organisatoren des Aufrufs werden verhaftet – darunter Paata Burtschuladse,
ein landesweit bekannter Opernsänger.
Die frühere Präsidentin Salome Surabischwili, erklärte Kritikerin des KO,
vermutet hinter den Ausschreitungen eine gezielte Inszenierung: Die
Regierung, sagt sie, habe die Gewalt bewusst provoziert, um die
Protestbewegung zu diskreditieren. Viele Georgier*innen teilen diesen
Verdacht. Doch auch die Machthaber können mit dem Tag kaum zufrieden sein:
Nur 41 Prozent der Wahlberechtigten gingen überhaupt zur Abstimmung – elf
Prozent weniger als bei den letzten Kommunalwahlen 2021. In den Straßen von
Tblissi liest man das als stillen Protest: Nicht wählen zu gehen heißt, dem
System die Legitimität zu entziehen.
Am Abend des 4. Oktober färbt das Licht der brennenden Barrikaden die
Fassade des Parlaments in Tblissi orange. Vor dem Gebäude stehen
Zehntausende Menschen, dicht gedrängt, erschöpft, aber laut. Einige halten
Kerzen, andere ihre Handys hoch, filmen, was sie längst auswendig kennen:
Polizeihelme, Transparente, das Schlagen auf Metallzäune. In der Nähe des
Präsidentenpalasts lodert Feuer, Rauch zieht über die Allee, die Stimmen
vermischen sich zu einem dumpfen Chor aus Wut und Müdigkeit.
## Menschen rufen und pfeifen vor dem Parlamentsgebäude
Währenddessen zeigt das Fernsehen ein anderes Georgien. Im staatlichen
Fernsehsender „TV Imedi“ flimmert der Wahlsieg über die Bildschirme. Die
Sprecherin verkündet mit ruhiger Stimme: Der „Georgische Traum“ habe in
allen großen Städten gewonnen.
In der Mitte steht Bidzina Ivanischwili, Gründer der Regierungspartei,
Oligarch, einst Geschäftsmann in Moskau. Er spricht langsam, mit dieser
kontrollierten Ruhe, die an Macht gewöhnt ist. „Sie tun das, um uns
verrückt zu machen, um uns zu spalten, um uns zu einer Masse zu machen, die
nicht mehr fähig ist, Macht zu behalten“, sagt er. Neben ihm steht Kakha
Kaladze, Bürgermeister von Tblissi. Seine Kinder stehen hinter ihm, als er
den Sieg für sich beansprucht – die dritte Amtszeit. Das Bild wirkt perfekt
komponiert: Familienidylle, Stabilität, Kontrolle.
Doch draußen, nur wenige Kilometer entfernt, sieht das Land anders aus. Auf
den Straßen von Tblissi lodern noch Feuer, der Asphalt glänzt vom Wasser
der Löschfahrzeuge. Menschen drängen sich vor dem Parlamentsgebäude,
pfeifen, rufen, werfen Plastikflaschen in die Dunkelheit. „Welcher Sieg?“,
schreit jemand, bevor die Sirenen wieder aufheulen.
Die Partei braucht jetzt vor allem Ruhe und Legitimität. Inmitten globaler
Krisen und schwindender westlicher Unterstützung will sie den Eindruck von
Kontrolle aufrechterhalten – von einem Land, das sich, wie Kobachidse sagt,
„nicht von chaotischen Kräften destabilisieren lässt“. Doch in dieser Nac…
glaubt kaum jemand in Tblissi noch an Ruhe. Zwischen Rauch und Gesängen,
zwischen Schlagstöcken und Handyscheinwerfern liegt das Gefühl, dass hier
nicht nur eine Wahl verloren wurde, sondern ein Stück Hoffnung.
Offiziell steht Bidzina Ivanishvili längst außerhalb der Politik. Doch in
Georgien weiß jeder, dass ohne ihn keine Entscheidungen fallen. Der
Milliardär, der sein Vermögen in Moskau gemacht hat, zieht die Fäden im
Hintergrund – diskret, aber spürbar. Die sichtbare Macht aber trägt einen
anderen Namen: Irakli Kobachidse, Regierungschef, Jurist, in Düsseldorf
promoviert, fließend deutsch. Unter seiner Führung hat sich der „Georgische
Traum“ in eine Partei verwandelt, die Kontrolle zur politischen Methode
gemacht hat.
In den Monaten vor der Wahl festigte Kobachidse seine Macht. Er ersetzte
mehrere hochrangige Beamte durch enge Vertraute: den Innenminister, den
Leiter des Staatssicherheitsdienstes und den Chef der Spezialeinheiten.
Damit brachte er die Sicherheitsstrukturen vollständig unter seine
Kontrolle. Wiederholt warnte er vor „radikalen Kräften“, die angeblich
einen Umsturz planten, und kündigte an, hart gegen jede Form von Protest
vorzugehen. In den Tagen vor der Wahl wiederholte Kobachidse fast
mantraartig denselben Satz: „Ihre Revolutionsversuche werden definitiv
scheitern.“
## Tränengas liegt in der Hauptstadt
Am Abend des 4. Oktober, während auf den Straßen Tränengas über der
Hauptstadt liegt, erklärt er schließlich, bis zu dreißig Menschen sollten
in Haft genommen werden. Für viele Georgier*innen war das kein Hinweis
auf Recht und Ordnung – sondern ein Signal, dass die Regierung bereit ist,
jede Form von Widerstand niederzuschlagen.
Für Nana Malashkhia ist der 4. Oktober kein Wahltag, sondern ein Symbol.
„Diese Abstimmung war weder frei noch fair“, sagt sie. „Es war eine Farce…
eine weitere russische Spezialoperation.“ Malashkhia, einst Mitarbeiterin
des Rathauses von Tblissi, wurde 2023 durch ein Foto berühmt, welches sie
bei einer Kundgebung gegen das sogenannte „russische Gesetz“ mit einer
EU-Flagge vor einem Wasserwerfer zeigt. Russisches Gesetz nennen die
Georgier*innen neue Vorschriften des KO, mit denen Medien und
Nichtregierungsorganisationen mundtot gemacht werden sollen – ähnlich wie
das Gesetz über ausländische Agenten in Russland.
„Der Weg zum Sieg führt über Protest und Widerstand“, sagt sie. „Aber d…
reicht nicht. Wir brauchen Hilfe von außen – gezielte Sanktionen gegen
diejenigen, die dieses System stützen.“ Sie meint damit Oligarchen,
Richter, Medienbesitzer, alle, die von der Nähe zur Macht profitieren.
Ein paar Straßen weiter, am Heldenplatz in Tblissi, spricht Levan Jobava,
Journalist und Rugbytrainer, mit heiserer Stimme. „Mir fällt es schwer,
Politikern zu vertrauen“, sagt er. „Aber denen, die für ihre Überzeugung …
Gefängnis sitzen, glaube ich.“ Jobava gründete 2017 in Zugdidi den
Rugbyclub Sokhumi – für Kinder aus Flüchtlingsfamilien aus Abchasien, jener
von Russland besetzten Region. „Sokhumi wird wieder in Sokhumi spielen“,
lautet das Motto des Teams. Seit Beginn der Proteste ist er regelmäßig auf
der Straße, hilft bei der Organisation, versorgt Verletzte, hält Reden.
„Wir haben keinen Anführer und keine Partei“, sagt er. „Vielleicht ist d…
unsere Stärke. Jeder muss selbst entscheiden, was er tun kann, um sein Land
und sein Leben zurückzuholen.“
Am 15. September griff ein 16-jähriger Junge einen Protestmarsch auf der
Rustaweli-Allee an. Er beschimpfte die Demonstrierenden, zog eine Pistole
und drohte zu schießen. Levan Jobava reagierte, nahm ihm die Waffe ab und
übergab ihn der Polizei. Am nächsten Tag wurde der Jugendliche wieder
freigelassen. Die Behörden erklärten, es habe sich um eine Druckluftpistole
gehandelt. Der Vorfall wird weiter untersucht, Jobava steht seither unter
Beobachtung.
Am Abend des 3. Oktober steht er auf dem Heldenplatz, einem stillen Ort im
Herzen von Tblissi. Zwischen den dunklen Granitplatten sind die Namen derer
eingraviert, die im Kampf um Georgiens territoriale Integrität in Abchasien
und Südossetien gefallen sind. Hierher kommt Jobava oft, wenn die Stadt zu
laut wird.
Für ihn ist das Jahr 2020 schon eine Zäsur: „Wir haben die Wahlen in diesem
Jahr verloren – und seitdem fühlt sich alles an wie ein Spiel, das längst
entschieden ist. Am Anfang war dieser Traum eine Hoffnung auf
Gerechtigkeit, auf Europa. Jetzt ist er nur noch ein Geschäft.“
Dann fügt er hinzu: „Bidzina Ivanischwili hortet Geld, während das Land
auseinanderfällt. Er ist gefangen in seinem eigenen System. Er wird
verschwinden wie andere Oligarchen vor ihm.“ Jobava blickt auf die Kerzen
am Denkmal. „Wenn hier jemand etwas zu verlieren hat,“ sagt er leise, „da…
Ivanischwili.“ Über Tblissi hängt der Rauch der vergangenen Nacht. Die
Barrikaden sind gelöscht, die Straßen leer. Nur der Traum, der diesem Land
einst seinen Namen gab, glimmt noch – schwach. Aber der Widerstand ist noch
nicht zu Ende.
6 Oct 2025
## AUTOREN
Nastasia Arabuli
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