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# taz.de -- Kontakt mit Kegelrobben auf Helgoland: Die wollen nur spielen!
> Junge Robben kamen eine Zeit lang Schwimmern zu nah. Die Tiere waren zu
> sehr an Menschen gewöhnt. Jetzt helfen neue Regeln und ein
> Forschungsprojekt.
Bild: Sehen süß aus, können aber beißen: Kegelrobben auf Helgoland
Hamburg taz | Es war in diesem Sommer etwas anders auf Helgoland. Die
Robben schwammen weiträumig vorbei und schienen sich nicht für uns Menschen
zu interessieren, wenn wir auf der Düne am Südstrand im Wasser waren. Das
war noch im Sommer 2024 anders. Da näherte sich eine [1][junge Kegelrobbe]
den Schwimmenden und der Bademeister der DLRG forderte alle Menschen auf,
das Wasser zu verlassen.
[2][Robben] sind keineswegs nur niedlich, wie die als Souvenir erhältliche
Plüschtierversion suggeriert. Es sind Raubtiere, die recht groß, schwer und
schnell werden können. Darauf wird jeder Tourist auf Helgoland hingewiesen,
der mit der Fähre zur Nachbarinsel „Düne“ übersetzt. Mindestens 30 Meter
Sicherheitsabstand sind einzuhalten, am Strand und im Wasser.
Seit einigen Jahren aber näherten sich Jungtiere von sich aus den
Schwimmern im Wasser. [3][2016 kam es zu einem Vorfall, bei dem ein Mann
von den Zähnen eines Tieres] leicht am Fuß verletzt wurde. Für den
52-Jährigen, der seit seiner Kindheit auf Helgoland im Meer badete und
niemals mit den Robben in Kontakt gekommen war, war das „ein Schock“, wie
er sagte.
Damals teilte der Tourismusdirektor mit, man habe seit Beginn der
Badesaison im Juni 13 Fälle von leichten Verletzungen bei Badegästen
registriert. Zumeist handele es sich um „kleine Kratzer und geringfügige
Bisswunden“. Auch im Jahr 2018 erhielt die taz Kenntnis von einem Vorfall,
bei dem ein Teenager von einer Robbe gebissen wurde.
## Unterwasser-Töne können Tiere vergrämen
Seit 2019 soll ein [4][Forschungsprojekt] der Tierärztlichen Hochschule
Hannover herausfinden, wie es möglich ist, im Schwimmerbereich der Düne
eine robbenfreie Zone zu schaffen. „Auf Helgoland gibt es eine sehr
spezielle Situation“, sagt Projektleiter Tobias Schaffeld. Der Tourismus
sei dort stark, wo auch der Lebensraum der Kegelrobben ist. Deren
Population sei nach Jahren starker Bejagung wieder stark angewachsen.
Auch wenn die von Kegelrobben verursachten Verletzungen harmlos waren,
machte man sich auch im schleswig-holsteinischen [5][Umweltministerium]
Gedanken, was noch passieren könnte. Denn Robben fressen nicht nur Fisch,
sondern auch andere Meeressäuger, das haben [6][Forscher schon 2019
herausgefunden]. Sie, darauf verweist das Ministerium, stellten fest, dass
„wenn Menschen in die unmittelbare Nähe von Kegelrobben kommen, eine
Gefährdung nicht sicher ausgeschlossen werden könne“.
Das Hannoveraner Forschungsteam hat nun Möglichkeiten geprüft, Robben und
Strandgäste zu trennen. „Ein Zaun oder ein Netz lässt sich wegen Flut und
Ebbe dort nicht realisieren. Es wäre auch ein zu starker Eingriff in das
Habitat der Tiere“, sagt Tobias Schaffeld.
Darum versuche man nun, ob man die Tiere akustisch mit Unterwasser-Tönen
vergrämen kann. Die Methode sei aus Großbritannien bekannt, wo man
Kegelrobben, die in Aquakulturen Fische stibitzen, auf diese Weise
vertreibt. Schaffelds Team hat zunächst nach einem passenden Geräusch
gesucht, das keine Verletzung herbeiführt. Gefunden habe man nun ein lautes
Signal, dass so kurz ist, dass es keinen Einfluss auf das Gehör der Tiere
nimmt, aber bei ihnen den Reflex auslöse, sich zurückzuziehen.
Das Prinzip hat das Team außerhalb der Tourismus-Hochsaison getestet, mit
einem Lautsprecher, der per Hand an- und ausgeschaltet werden musste.
Schaffeld musste dafür zum im Meer gelegenen Unterfeuer vor der Düne
schwimmen. „Von daher weiß ich, was das für ein Gefühl auslöst, wenn man …
der Nähe dieser Tiere schwimmt“, sagt der Biologe. In Zukunft sind
dauerhafte Lautsprecher geplant, die der Bademeister am Strand kurz per
Knopfdruck anschalten kann.
## Taucher im Neopren kamen Tieren zu nahe
Obwohl es die noch nicht gibt, hat sich etwas verändert: Seit fünf Jahren
gab es auf Helgoland keine dokumentierten Verletzungen durch Robben in den
Badebereichen mehr. Das schreiben der Dünen-Betriebsleiter Michael Janssen
und die [7][Jordsand-Stationsleiterin] Damaris Buschhaus der taz.
Eine Erklärung: Die Insel hat selbst Maßnahmen ergriffen. Am Südstrand
werden Badegäste gebeten, nicht mit Neopren ins Wasser zu gehen. Denn es
waren mit Neopren und Unterwasserkameras ausgestattete Gäste, die in der
Vergangenheit gezielt Kontakt zu den Tieren gesucht hatten.
Mit diesen Anzügen habe man eine „dicke zweite Haut“, die „bei
Probierbissen der angelockten Robben für ein Video schon mehr Schutz bietet
als die blanke Haut“, schreiben die beiden. Doch die Robben könnten nicht
unterscheiden, welche Gäste Kontakt suchen und welche nicht. Menschen nur
in Badehose oder Bikini seien dann genauso intensiv von den Robben bespaßt
worden.
„Dies wiederum führte zu Kratz- und Bissverletzungen bei den relativ
ungeschützten Badegästen in normalen Badeklamotten“, stellen die Leute von
Jordsand fest. Die Tiere könnten nicht gut gucken, und nutzten ihre anderen
Sinne. „Dazu gehört natürlich die Schnauze.“
## Zwischen den Robben durchgelaufen
Eine weitere Maßnahme greift im Winter. Während der Wurf- und Paarungszeit
gebe es eine extrem hohe Tierdichte an den Stränden der Düne, deshalb
werden diese bis auf wenige Bereiche geschlossen und die Gäste über einen
erhöhten Bohlenweg geführt, von dem sie die Tiere beobachten können.
Früher seien die Menschen zwischen den Robben hindurchgelaufen. Doch diese
Nähe der Gäste zu den Jungtieren habe zu Nähe zu ausgewachsenen Robben im
Sommer geführt. „Biss- und Kratzverletzungen waren also ein
menschengemachtes Problem.“
In der Badesaison suchten sich die nun nicht mehr ganz so sehr an Menschen
gewöhnten Jungtiere lieber ruhige Liegeplätze, etwa im Felswatt vor der
Hauptinsel. Auch gibt es eine Ruhezone am Strandrand, die den Robben
vorbehalten ist. Zudem nutzten sie den Sommer, um sich abseits der Insel
Energiereserven anzufressen.
Das Forschungsprojekt der Tierhochschule hat die Aufgabe, all diese
Maßnahmen zu evaluieren, auch um zu schauen, wie sich die
[8][Jungtiersterblichkeit] entwickelt. „Alles in allem sind die Ergebnisse
vielversprechend“, sagt Tobias Schaffeld. Es gelte, hier sowohl einen
einmaligen Naturschatz zu bewahren und den Tourismus zu erhalten. „Es soll
nicht das Ergebnis sein, dass man Schwimmen verbietet.“
14 Sep 2025
## LINKS
[1] /Immer-mehr-Kegelrobben/!6094608/
[2] /Tierwelt-in-der-Nordsee/!6046615
[3] /Helgoland-warnt-nicht-vor-Robbenbiss/!5339051
[4] https://www.tiho-hannover.de/itaw/forschung/projekte-aquatisch/aktuelle-pro…
[5] https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/V
[6] https://www.tiho-hannover.de/universitaet/aktuelles-veroeffentlichungen/pre…
[7] https://www.jordsand.de/helgoland/
[8] https://www.tiho-hannover.de/itaw/forschung/projekte-aquatisch/aktuelle-pro…
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Reden wir darüber
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Tierschutz
Tourismus
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