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# taz.de -- Staatsbesuch des US-Präsidenten in UK: Gruppenbild mit Trump
> Ausgerechnet in der tiefsten Krise von Keir Starmer als britischem
> Premier kam Trump vorbei. Wieder musste Starmer tun, was Nigel Farage
> besser kann.
Bild: Pomp und Protokoll: Trump bahnt sich seinen Weg durch eine Parade rot ber…
Als Großbritanniens Labour-Premierminister Keir Starmer am 1. September die
„zweite Phase“ seiner Regierung ausrief, wusste er noch nicht, dass der
September der bislang schwerste Monat seiner Amtszeit werden würde.
[1][Erst kam der Steuerskandal um seine Stellvertreterin Angela Rayner,
die am 5. September zurücktreten musste.] [2][Am 11. September entließ
Starmer seinen US-Botschafter Peter Mandelson, nachdem neue Details über
dessen Freundschaft mit dem US-Sexualstraftäter Jeffrey Epstein ans Licht
gekommen waren]. Mehrere enge Berater Starmers sind in der ersten
Septemberhälfte zurückgetreten.
Zugleich erwacht eine neurechte Opposition zu neuer Stärke, auf einer Welle
rechter Sommerproteste gegen Flüchtlinge. Am 5. und 6. September feierte
sich Nigel Farage mit seiner rechtspopulistischen Partei Reform UK auf
seinem Parteitag als nächster Premierminister. [3][Am 13. September erlebte
London den größten rechtsextremen Aufmarsch der britischen Geschichte mit
weit über 100.000 Teilnehmern, die einem Aufruf des Hooligananführers
Tommy Robinson gefolgt waren; Elon Musk war zugeschaltet.]
Ausgerechnet in einer solchen Phase US-Präsident Donald Trump zum
Staatsbesuch zu empfangen, wäre für jeden britischen Premier ein Härtetest
gewesen. Jetzt musste Starmer wie bei seinen vergeblichen Bemühungen,
Bootsflüchtlinge aufzuhalten, wieder etwas tun, was Nigel Farage besser
könnte: Trump schmeicheln. Die britischen Rechtspopulisten befinden sich im
Stimmungshoch. Die Labour-Partei, die die Wahlen im Juli 2024 mit 34
Prozent der Stimmen gewonnen hatte, liegt seit März dieses Jahres in den
Meinungsumfragen konstant hinter Reform UK – aktueller Stand: Reform UK 31
Prozent, Labour 20, Konservative 17. Es gibt schon Labour-Politiker, die
öffentlich fragen, ob Starmer noch das Jahr übersteht.
Aber das britische Königshaus ist Weltmeister des Zeremoniells. Niemand
sonst legt so eine prächtige Show hin, die jedem Gast in seiner
Einzigartigkeit schmeichelt und zugleich so mühelos daherkommt, als mache
man so was jeden Tag. Trumps Empfang auf Schloss Windsor am Mittwoch war da
keine Ausnahme: die erste Fahrt eines US-Präsidenten in der goldenen
Königskutsche seit 1918, eine überdimensionierte Parade rot berockter
Gardisten mit dem König mehrere Schritte hinter seinem Gast –
protokollarisch korrekt, aber ungewohnt –, ein Galadiner mit einer
strahlenden Kronprinzessin Kate, die den alten Lüstling neben ihr ganz
verliebt aussehen ließ. „Wir hatten einen fantastischen Abend“, sagte Trump
dazu am nächsten Tag.
## Ein Moment der Selbstvergewisserung
Die prächtige Bühne sollte den Rahmen bieten für prächtige Ergebnisse.
Zahlreiche Techunternehmer waren schon in Windsor dabei, und das
Arbeitstreffen am Donnerstag mit Keir Starmer auf Chequers, dem Landsitz
britischer Premierminister, mündete in der Gründung einer
Technologiepartnerschaft („Tech Prosperity Deal“) mit gegenseitigen
Investitionen von 250 Milliarden US-Dollar. Großbritannien als wichtigste
Wissenschaftsmacht der Welt und die USA als wichtigste Wirtschaftsmacht der
Welt bauen gemeinsam die technologische Zukunft der Welt, so die gemeinsame
Botschaft. Trump pries mit monotoner Stimme die „natürlichste Partnerschaft
der Welt“ und die beteiligten Unternehmer als „die besten der Welt“.
Begnadete Rhetoriker sind sie beide nicht, aber es war ein Moment der
Selbstvergewisserung, den vor allem Starmer dringend nötig hatte.
Die „zweite Phase“ seiner Regierung hatte Starmer Anfang des Monats als die
definiert, in der seine Regierung liefert. Aber nur wenige glauben, dass
Starmer liefern kann. Die parteiinterne Unzufriedenheit brachte vor wenigen
Tagen der Labour-Oberhausabgeordnete Lord Glasman, ein bekannter
Politologe, auf den Punkt mit der Bemerkung, Starmer komme „aus dem Recht,
er denkt, dass die Welt aus Worten besteht“ – dass es also genüge, die
richtigen Worte zu finden, damit die Realität sich verändert. Passend dazu
ist die einzige Wählergruppe, bei der Labour in Umfragen noch führt, die
der Privatschulabsolventen. Sie dominieren Politik und Medien und sind von
der Macht ihrer Worte überzeugt, gerade wenn sie sich für fortschrittlich
halten.
Kaum jemand steht so für diese Wortmachtelite wie Peter Mandelson, der
jetzt entlassene britische Botschafter in den USA. In eine
Labour-Politikerfamilie hineingeboren, ist der 71-Jährige seit 40 Jahren
eine zentrale Figur in Labours Kommunikationsarbeit, er begleitete Tony
Blairs Aufstieg und leitete dessen Labour-Wahlkampf 1997, was zum größten
Wahltriumph der Parteigeschichte führte. Seine Karriere galt als längst
beendet, als Keir Starmer ihn im Dezember 2024 in der Hoffnung auf Zugang
zu Trumps innerstem Machtzirkel überraschend zum Botschafter berief.
Mandelson und Trump eint die Männerfreundschaft mit Jeffrey Epstein, dem
seriellen Sexualstraftäter, der 2019 in US-Haft starb. Wen Epstein auf
seinen berüchtigten Partys alles mit Gespielinnen versorgte und wie jung
manche davon gewesen sein mögen, ist eines der brisantesten Skandalthemen
der USA und Großbritanniens. Viele sind davon überzeugt, dass die volle
Wahrheit die komplette politische Elite beider Länder zu Fall bringen würde
– angefangen mit Trump selbst.
## Empörende Bilder
Ein prominentes Opfer hat die Epstein-Affäre schon gefordert, nämlich Peter
Mandelson. Der war zu seinen besten Zeiten regelmäßig Gast bei Epstein, und
nach dessen Verurteilung 2008 schrieb er ihm, er glaube an seine Unschuld
und Epstein müsse um seine Freiheit kämpfen. Laut britischen Medien lag
diese peinliche Korrespondenz Premierminister Starmer vor, als er Mandelson
gegen Bedenken aus dem Sicherheitsapparat zum US-Botschafter machte. Im
Parlament aber sagte Starmer, einen Tag bevor er Mandelson entließ, er habe
das damals nicht gewusst und alles sei korrekt gelaufen.
Nach den Maßstäben, die einst für Boris Johnson galten, müsste spätestens
mit diesen Enthüllungen aus dem Mandelson-Skandal ein Starmer-Skandal
werden. In Windsor wurde Trumps Aufenthalt durch abendliche
Bildprojektionen gestört, die Trump und Epstein zusammen zeigen. Für viele
Briten sind die Bilder von Trump und Starmer, oder Trump und König Charles,
gerade vor diesem Hintergrund empörend.
20 Sep 2025
## LINKS
[1] /Vizepremierministerin-in-Grossbritannien/!6112147
[2] /Wegen-Epstein-Skandal/!6105461
[3] /Rechtsextreme-Massendemo-in-London/!6113631
## AUTOREN
Dominic Johnson
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