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# taz.de -- Nach Luftangriffen in Jemen: Verhaftungen, Checkpoints, Willkür
> Die Huthis gehen gegen UN-Mitarbeiter vor, mindestens elf wurden nun
> festgenommen. Ingesamt sitzen in Jemen 320 Mitarbeiter von
> Zivilorganisationen in Haft.
Bild: Wollen Stärke zeigen: Huthi-Kräfte am 1. September in Sanaa
Toronto taz | Die Huthi-Miliz im Jemen zieht die Daumenschrauben an. Kurz
nach dem israelischen Luftangriff vom Donnerstag begann die Gruppe mit groß
angelegten Razzien: Am Sonntagmorgen stürmten Kräfte der Huthis Büros von
Organisationen der Vereinten Nationen (UN) in der Hauptstadt Sanaa und der
Hafenstadt Hodeidah. Sie nahmen dabei elf UN-Mitarbeiter fest. Auch
Dutzende Zivilisten wurden nach Angaben der Nachrichtenagentur sowie
Meldungen in den Sozialen Netzwerken verhaftet. Sie hatten die Folgen des
israelischen Luftangriffs auf das Kabinett am Donnerstag gefilmt.
Die Razzien markieren eine deutliche Eskalation seitens der Huthis,
[1][nach dem Angriff vom 28. August, bei dem ein Teil eines
Regierungsgebäudes in Sanaa zerstört und Huthi-Premierminister Ahmed Ghaleb
al-Rahwi sowie hochrangige Minister des Huthi-Kabinetts getötet wurden]. In
der gesamten Hauptstadt wurden Kontrollpunkte eingerichtet und Straßen
gesperrt. Einwohner berichteten, dass sie gezwungen wurden, Fotos von ihren
Handys zu löschen.
Nach Informationen der taz konzentrierten sich die Razzien auf die Büros
des Welternährungsprogramms (WFP) und des UN-Kinderhilfswerks UNICEF in
Sanaa. Mitarbeiter berichteten von Durchsuchungen der Büros, der
Beschlagnahmung von Ausrüstung und der Abführung von ihren Kollegen.
UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte die willkürlichen
Festnahmen scharf und bestätigte: Sieben Mitarbeiter des WFP und vier
Mitarbeiter von UNICEF seien festgenommen worden. Er verurteilte außerdem
das gewaltsame Eindringen in die Räumlichkeiten der UN und bekräftigte
seine Forderung, dass die Huthis alle festgehaltenen Mitarbeiter sofort und
bedingungslos freilassen müssten.
Augenzeugen berichteten, dass drei Mitglieder des Wachpersonals und zwei
Mitarbeiter der IT-Abteilung ebenfalls festgenommen wurden. Andere wurden
stundenlang unter Bewachung im Gebäude festgehalten.
## Die Huthis haben Angst vor israelischer Infiltration
Am selben Abend hielt der Huthi-Führer Abdul-Malik al-Huthi eine im
Fernsehen übertragene Rede, in der er den Zusammenbruch seiner Regierung
beklagte. Anstatt Vergeltungsmaßnahmen gegen Israel anzukündigen, richtete
er seine schärfsten Warnungen an die Jemeniten selbst. Er versprach
„weitere Erfolge“ der Sicherheitskräfte, um die „Heimatfront“ gegen
sogenannte Verräter und Agenten zu „stärken“.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Huthis gegen Mitarbeiter von
UN-Behörden und weiterer Zivilorganisationen vorgehen: Seit Mai 2024 haben
sie mindestens 75 Mitarbeiter der UNO und internationaler NGOs entführt.
Viele von ihnen sitzen bis heute ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. Laut
dem Menschenrechtsexperten Mohammed Al-Wateeri „sind diese Verhaftungen
Teil einer gezielten Kampagne, die Hilfsorganisationen als Spione des
Westens darstellt“.
Diese Razzien stehen im Zusammenhang mit einem System der Beeinflussung,
das die Gruppe 2018 eingerichtet hat. Damals wurde der Oberste Rat für
humanitäre Angelegenheiten und internationale Zusammenarbeit eingerichtet,
ein Gremium, das jeden Schritt von Hilfsorganisationen kontrolliert, von
den Listen der Begünstigten bis zu den Lieferplänen.
Nach lokalen Berichten wurden Mitarbeiter wohl gezwungen, Anteile der zu
verteilenden Lebensmittelkörbe abzugeben – die dann an Huthi-Kämpfer
weitergeleitet oder auf lokalen Märkten verkauft wurden. Das WFP setzte die
Verteilung von Hilfen im Norden des Jemen wiederholt aus und verwies dabei
auf Einmischung und mangelnde Kontrolle. Schon 2019 warnte WFP: Man werde
an der Erfüllung seiner Mission gehindert, [2][„hungrigen Kindern das Essen
aus dem Mund genommen]“.
## Erzwungene Geständnisse und Folter
[3][Human Rights Watch hat dokumentiert], dass Häftlinge in Jemen unter
Folter zu Geständnissen wegen Spionage gezwungen werden. Und die Huthis
selbst haben Videos von abgemagerten Gefangenen ausgestrahlt, die eine
Zusammenarbeit mit westlichen Geheimdiensten „zugeben“ – Geständnisse, d…
nach jemenitischem Recht die Todesstrafe nach sich ziehen könnten. Laut
Human Rights Watch werden solche Aussagen unter Zwang erpresst.
[4][Und erst am 11. Februar 2025 starb ein Mitarbeiter des WFP] im
Nordjemen nach zweiwöchiger Haft an den Folgen von Folter. Das teilte seine
Familie mit.
Die sogenannte „Vereinigung der Mütter von Entführten“ [5][meldete vor
einigen Tagen], dass derzeit mehr als 320 Mitarbeiter
zivilgesellschaftlicher Organisationen von den Huthis inhaftiert sind –
neben hunderten Weiteren, die seit Januar 2025 festgenommen wurden.
Aktivisten beschreiben überfüllte Einrichtungen, die die Behörden dazu
zwingen, Häftlinge von Sanaa in Provinzgefängnisse zu verlegen.
Internationale Organisationen warnen: Die Übergriffe der Huthis stellen
eine direkte Bedrohung für Millionen von Jemenitinnen und Jemeniten dar.
Die Behinderung humanitärer Hilfe verschärft die Gefahr einer Verschärfung
der Hungersnot und der Ausbreitung von Krankheiten und gefährdet
vertriebene Familien im ganzen Land.
1 Sep 2025
## LINKS
[1] /Israelischer-Angriff-im-Jemen-/!6110768
[2] /Hunger-und-Krieg-in-Jemen/!5754439
[3] https://www.hrw.org/news/2025/05/30/yemen-year-houthis-should-free-un-civil…
[4] https://x.com/WFP/status/1889262478212677775
[5] https://ama-ye.org/joint-statement-on-the-occasion-of-the-international-day…
## AUTOREN
Najm Aldain Qasem
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