# taz.de -- Habeck, Trump, Putin: Die Wurstfrage | |
> Auch im Wochenrückblick: Habecks grüner Ikea-Katalog, Stau ausspuckende | |
> Autobahnen und Trumps großzügige Begrüßungsgeschenke. | |
Bild: Kein Gespenst mehr im Bundestagsflur: Robert Habeck | |
taz: Was war schlecht vergangene Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Trump will Briefwahl verbieten. | |
taz: Und was wird besser in dieser? | |
Küppersbusch: Vielleicht erst mal freiwillig für seine Wähler? | |
taz: Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) bestreitet den Zusammenhang | |
[1][zwischen Fleischkonsum und Klimakrise]. Ist das eine sinnvolle | |
Einordnung oder populistischer Stumpfsinn? | |
Küppersbusch: Seine Pressestelle reichte als Salatbeilage die Erläuterung, | |
der Minister habe sagen wollen, mit Fleischverzicht allein sei’s nicht | |
getan. Die Klimakrise sei größer als die Wurstfrage. Was unter den | |
Darbietungen des „schwarzen Metzgers“ Rainer genau zu verstehen sei, wollte | |
auch Foodwatch genauer wissen. Kopfschussartig schloss Rainer darauf im Mai | |
Gasthof und Metzgerei. So gilt bis auf Weiteres für seine Äußerungen wie | |
für seine fetischhaften Wurstprodukte: Wollen Sie gar nicht wissen, was da | |
drin ist. | |
taz: [2][In einem taz-Interview] kündigt Robert Habeck seinen Rückzug aus | |
der Politik an. Er kritisiert den Kurs der Union dabei scharf. Wo blieb | |
diese Kritik, als die Grünen eine Koalition mit der Union noch nicht | |
ausgeschlossen hatten? | |
Küppersbusch: Es recht zu machen jedermann – ist eine Kunst, über die der | |
Robert jetzt noch mal gründlich nachdenken möchte. Seine Idee, die ehedem | |
kantigen Grünen zur One-size-fits-all-Partei zu blähen, landete bei Robert | |
und Annalena als Idealbevölkerung für einen Ikea-Katalog: im Duzen | |
billiger, die je passenden Inhalte schrauben wir zu Hause zusammen. | |
Eigentlich hätte es gereicht, sich nüchtern anzuschauen, wo SPD und Union | |
mit ihrem „Mitte“-Gefasel gelandet sind: im Nichts, wo sie jetzt die Grünen | |
herzlich willkommen heißen. Von urgrün aus gesehen liegt die Mitte rechts, | |
und damit folgt Habeck nun Fischer, der den Laden gen rechts zog und | |
unvollendet abtreten musste. Nachfolger Habeck war der verheißungsvolle | |
Vizekanzler für Merkel, die da schon weg war. Es war zu spät. Bittere | |
Pointe: 11,6 Prozent hätten die Grünen auch für ihre traditionellen Inhalte | |
bekommen. Womöglich mehr. | |
taz: Der „Herbst der Reformen“ ist in aller Munde. Haben Sie einen | |
treffenderen Titelvorschlag für die Planungen der Bundesregierung? | |
Küppersbusch: Einmachzeit! Mal gucken, wer eingemacht wird. Bei der Rente | |
formieren sich Gegner des Sozialstaats, um die Gunst der Stunde zu nutzen | |
und Abbau zu betreiben – bevor in ein paar Jahren der „Pillenknick“ die | |
Lage wieder entspannt. Das Bürgergeld ist bereits dead Sozialstaat walking, | |
die SPD hat’s im Koalitionsvertrag hergeschenkt. Mit den Rekordschulden hat | |
nun jede Lobby eine Wildcard, wer wem was sowieso immer schon mal streichen | |
wollte. Aber Obacht, diese Endzeitrhetorik ist großer Sommerstussverkauf: | |
In einer Demokratie werden Kompromisse ausgehandelt, das kann besser und | |
schlechter gelingen. | |
taz: 720 Millionen Euro für 3,2 Kilometer Autobahn: In Berlin [3][eröffnet | |
die Stadtautobahn A100]. Endlich wieder freie Fahrt für freie Bürger? | |
Küppersbusch: In Berlin spuckt eine Autobahn zuverlässig Stau aus, und wenn | |
sie verlängert wird, spuckt sie halt woanders hin. Jetzt erbricht es sich | |
nach Treptow-Köpenick, Gysi und seine Linke gewinnen da die Wahlen, | |
geschieht ihnen recht. Linke und Grüne waren gegen den Autobahnbau, daran | |
zerbrachen Koalitionen mit den auch verkehrspolitisch sehr beweglichen | |
Sozis. Stadtchef Wegner will sie jetzt für den nächsten Abschnitt | |
begeistern, ditt is Ballin, Marmor wäre günstiger gewesen. Berlin rangiert | |
unter europäischen Metropolen im Autoverkehr ganz weit hinten. Aber keine | |
Ausgangslage ist so gut, dass man sie nicht irgendwie versauen könnte. | |
Kostenvergleich: Fürs gleiche Geld hätte man fünfmal 600 Kilometer | |
„Fahrradautobahn“ bekommen und so Berlin bei Arnheim ans vorbildliche | |
holländische Netz direkt anschließen können. Gute Fahrt! | |
taz: Nach den diplomatischen Versuchen eines Treffens zwischen Putin und | |
Selenskyj beschießt Russland Kyjiw mit Hunderten Drohnen und Raketen. Sind | |
Gespräche ohne vorherigen Waffenstillstand möglich? | |
Küppersbusch: Es ist zum Verzweifeln. Also offenkundig genau das, was die | |
russische Kriegsführung will. Präsident Trumps Begrüßungsgeschenke – keine | |
Nato-Mitgliedschaft, die Krim, und dann nehmen Sie sich doch noch was vom | |
restlichen Staatsgebiet – sind so gescheitert wie leider nicht rückholbar. | |
Es mag inoffizielle Gespräche geben, in denen Putin auslotet, was er noch | |
alles haben kann. Hoffentlich führt die nicht nur Trump. | |
taz: Und was macht der RWE? | |
Küppersbusch: CDU-OB Thomas Kufen feiert sich für den Stadionausbau, | |
SPD-Herausforderin Julia Klewin posiert mit einem RWE-Ultra-Sticker auf | |
der Nase – Kommunalwahlkampf. | |
Fragen: Jonas Kähler und Wlada Froschgeiser | |
31 Aug 2025 | |
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Friedrich Küppersbusch | |
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