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# taz.de -- Klimawandel fordert Mountainbiker heraus: Radeln zwischen bröckeln…
> Der Mountainbike-Sport hat mit den Folgen des Klimawandels zu kämpfen.
> Die Branche und der Tourismus müssen sich neu erfinden. Das birgt auch
> Chancen.
Bild: Mountainbiker unterwegs: Ein bisschen Risiko gehört zum Bergradfahren �…
Berlin taz | So hatten sich Alex, Sarah und Lea ihre Alpenüberquerung von
Garmisch nach Garda nicht vorgestellt: Durch starke Unwetter waren Teile
der Strecke weggebrochen, meterbreite Löcher und umgefallene Bäume stoppten
die Mountainbiker*innen erst und zwangen sie dann zu einem
mehrstündigen Umweg.
Der Deutsche Alpenverein (DAV) hat sie begleitet und zeigt in der [1][Doku
„Das ist Alpencross“] die Auswirkungen der Erderhitzung auf den Trendsport.
Starkregen, aber auch Hitze und Dürre durchkreuzen so manchen Urlaubsplan –
und bedeuten selbst für erfahrene Sportler*innen höhere Risiken.
Anpassungs-Strategien sind auch bei den Anbieter*innen von
Mountainbike-Tourismus angesagt.
Gutes Wassermanagement sei schon immer Thema beim Wegebau gewesen, erklärt
Jörn Hessen vom Mountainbike Forum Deutschland. Inzwischen habe es aber
eine völlig neue Bedeutung, weil sich ganz normale Trails [2][bei
Starkregenfällen in reißende Bäche] verwandeln könnten.
Nun würden Streckenverlauf und Design vor allem danach ausgelegt, wie
plötzliche große Wassermassen abgeleitet werden können. Drainagen und
Ablaufmulden sollen dabei helfen. Zudem sei früher wenig Wert auf ein
exaktes Durchschnittsgefälle gelegt worden, sagt Hessen. Doch mittlerweile
wisse man, dass zu steile Passagen „mit Ansage wegerodieren“. Sinnvoll sei
es auch, bestimmte Trail-Abschnitte mit Steinen anzulegen und nur die
Zwischenräume mit Erde zu füllen, da das leichter zu reparieren sei.
## Findige Finanzierungsideen
Auch Hessens eigener Weihnachtsurlaub 2024 nach Norditalien in die
Mountainbike-Region Finale Ligure fiel fast ins Wasser, da im Oktober
heftige Unwetter gewütet und die Trails beschädigt hatten. Nur Crowdfunding
half, sie schnell wieder instand zu setzen. Daneben nimmt die Region die
Urlaubenden mit in die Verantwortung: Zahlen sie etwa im Restaurant mit
einer speziellen Karte oder App, geht ein Prozent des Umsatzes in die
Trailpflege. Das Modell würde gut funktionieren, so Hessen.
Aber nicht nur zu viel, auch zu wenig Regen ist ein Problem. Die Erde
trocknet aus. „Steilkurven verhärten, werden wie Ton gebrannt und brechen
dann einfach weg. Der Trail zerbröselt“, beschreibt Hessen. Betroffen seien
insbesondere modellierte Passagen, die der Sonne ausgesetzt sind.
„Schadensbegrenzung“ könne durch händisches Bewässern betrieben werden. …
enormer Aufwand, aber im kommerziellen Bereich immer zwingender.
Beim Whistler Mountain Bike Park in Kanada, dem größten der Welt, ist zu
sehen, wie es gehen kann. Schon vor etwa 10 Jahren begann man dort,
automatisierte Bewässerungssysteme zu installieren.
## Ewig wütet der Borkenkäfer
Besonders fatal ist laut Hessen die Kombination aus langer Trockenphase und
heftigen Regenfällen: Bei Trockenheit brechen Kurven weg, der Abrieb lagert
sich dann samt Steinchen und feinem Geröll in einer Senke ab. Fällt darauf
Starkregen, „wird unheimlich viel Bodenmaterial von A nach B
transportiert“. Die Trails wären dann oft wochenlang gesperrt. Besonders
ehrenamtliche Vereine kämen an ihre Grenzen. Eine italienische
Trailbaufirma experimentiere deshalb mit verschiedenen Pflanzen, deren
Wurzelwerk vor Erosion schützen soll.
Neben Extremwettern machen auch [3][steigender Borkenkäferbefall und
weitere klimabedingte Waldschäden] den Mountainbikern zu schaffen. Denn sie
führen zu mehr Totholz im Wald, das ein Sicherheitsrisiko ist. Da ein
[4][gewisser Totholzanteil den Wald aber langfristig klimaresilienter]
mache, sei das Mountainbike Forum Deutschland für gesetzliche
Rahmenbedingungen, die den Umbau der Wälder fördern. „Der Wald ist
notwendig für unseren Sport. Der Schutz des Waldes ist der Schutz unseres
Sports“, hat Hessen gelernt. Mountainbiken ohne Wald sei zwar technisch
möglich, aber für viele Mountainbiker*innen unattraktiv.
„Bisher schaffen es unsere Streckenpfleger, die Schäden zu beheben“,
erklärt Stephan Marx vom Mountainbikepark Pfälzerwald. Das dortige
Streckennetz ist über 900 Kilometer lang. „Zum Teil müssen wir mit
temporären Umlegungen reagieren und die Strecke nach und nach wieder
instand setzen.“ Auch hier gab es in den vergangenen Jahren starke
Erosionsschäden, Trockenphasen hätten Äste absterben lassen, die dann bei
stärkerem Wind zu Boden fallen“, so Marx.
## Ein ganzer „Rattenschwanz“
Nicolas Gareis vom DAV, kennt „[5][ganz vielfältige Auswirkungen“ der
Klimakrise auf alle Bergsportarten]. Der DAV kümmert sich insbesondere in
den Alpen um die Wege, größtenteils ehrenamtlich. Die Pflege habe in den
letzten Jahren eine „andere Dimension“ angenommen, sagt Gareis,
arbeitsmäßig und finanziell. Wenn ein Teil eines Wegs durch eine Mure
zerstört oder eine Brücke weggerissen wird, weil der Gebirgsbach zum
reißenden Strom geworden ist, sei schweres Gerät notwendig. Nach
Hangrutschen müssen Wege verlagert werden. Mountainbiker*innen müssten
dann entweder ihr Bike durch ein Geröllfeld tragen oder einen Umweg in Kauf
nehmen. Ein Nebeneffekt sei, dass eingeschränkte Befahrbarkeit oder
gesperrte Wege zu mehr Nutzungskonflikten zwischen Biker*innen und
wandernden Menschen führten.
Weil in den Alpen auch noch Gefahren wie [6][vermehrter Steinschlag durch
tauenden Permafrost] hinzukommen, sieht sich der DAV mit der
„schmerzvollen“ Frage konfrontiert, ob das komplette Wander- und
Bikingwegenetz aufrechtzuerhalten ist. Die Klimakrise ziehe einen ganzen
„Rattenschwanz“ nach sich, so Gareis.
Trotz aller Ärgernisse biete der Klimawandel aber auch Chancen für den
Mountainbike-Tourismus, sagt der DAV-Experte: Die Saisonzeiten verlängerten
sich. Bis spät in den Herbst und bereits früh im Frühjahr könne
Mountainbike gefahren werden. Gerade in [7][Mittelgebirgen entdecken
vormals reine Wintersportdestinationen den Rad-Sport] deshalb als neuen
Wert. Hänge, die im Winter als Skipiste genutzt werden, werden nun für
Biker*innen im Sommer freigegeben.
Zwar liege der Arbeitsschwerpunkt des DAV im alpinen Raum, aber wegen der
Klimakrise verlagere man einen Teil der Arbeit in die Mittelgebirge, wo
viele Sektionen heimisch sind, sagt Gareis. Diese Regionen müssten
„zukunftsfest“ gemacht werden. Denn „Mountainbiken wohnortnah auszuüben,
ist auch gut fürs Klima, weil man das Auto stehen lassen kann.“ Mehrere
Destinationen in Deutschland, etwa im Sauerland oder im Fichtelgebirge
setzen bereits auf diese Strategie.
Auch die „Wexl Trails“ in Niederösterreich sehen wirtschaftliche Chancen in
der längeren Saison. Dort soll sogar ein zweiter Bike-Lift entstehen, um
einen hybriden Betrieb von Skifahren und Mountainbiken zu ermöglichen. Für
ein [8][„neues Biker-Mindset“, sagt Marketingleiterin Ines Buchgeher, müsse
auch die Werbung angepasst werden. Nicht nur „Sommer, Sonnenschein pur“,
sondern auch Fotos vom Mountainbiken in grauer, nebelbedeckter Landschaft].
„Hauptsache bewegen, Hauptsache draußen“, so ihr Motto, um den
„Winterblues“ bei Mountainbiker*innen obsolet zu machen.
Flexibilität sei in Zukunft hinsichtlich der Wege, der Saisonzeiten und der
Tourengestaltung gefragt, sagt DAV-Mann Gareis. „Mountainbiker haben ein
großes Interesse, in intakter Natur unterwegs zu sein. Keiner hat Freude,
durch eine Mondlandschaft zu fahren.“ Diesem Wunsch nachzukommen, wird
herausfordernder. Das Mountainbiken wird weiter nach neuen Wegen suchen
müssen – wie die Biker*innen selbst.
3 Aug 2025
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=E4YRZFCiZG8
[2] /Rekord-Hochwasser-in-Mitteleuropa/!6037322
[3] /Neuer-Waldzustandsbericht/!6090268
[4] /Sprecher-der-Forste-ueber-Sturmschaeden/!6098105
[5] /Klimawandel-und-Tourismus/!6028051
[6] /Klimawandel-und-Tourismus/!6028051
[7] /Brocken-mit-neuem-Besitzer/!6094325
[8] /Bergsteigerdorf-Johnsbach-im-Gesaeuse/!5812905
## AUTOREN
Mareike Andert
## TAGS
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