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# taz.de -- Neuer Fantypus bei der EM: Feminismus mit kühlem Vibe
> Bei der EM gibt es eine neue Fangeneration, die mit dem Männerfußball nie
> groß in Berührung gekommen ist. Machen sie den Fußball besser?
Bild: Schweizer Fans beim Fanwalk vor dem Spiel gegen Spanien
Immer wieder treffe ich bei dieser EM einen neuen Typus von Fußballfan.
Eine sitzt mir gegenüber in der Wohnküche meiner Unterkunft in Saint-Louis
(das ist gewissermaßen die französische Seite von Basel, nur viel billiger
und viel schöner, sorry Schweiz). Meine Mitbewohnerin ist Belgierin, hat
gerade fertig studiert, und weil ihr Team früh rausflog, supportet sie:
„Das Team von der Person, neben der ich sitze.“ Der Vibe sei dann am
schönsten.
Die Frauen meiner Generation kamen über den Männerfußball zum
Frauenfußball. Man landete spät dort und unsere Sozialisation waren
Mackertum und Ultrà-Ästhetik. Meine Mitbewohnerin, BWL-Abschluss, wohl zehn
Jahre jünger als ich, könnte von alledem nicht weniger berührt sein. Sie
kam zum Fußball mit ihren Freundinnen, und mit Fußball meint sie
Frauenfußball. Sie ist auch Arsenal-Fan, wegen einer Dokuserie. Wenn sie
vom anderen Fußball spricht, dann sagt sie Männerfußball, etwa in dem Ton,
in dem Männer früher Frauenfußball gesagt haben. Er spielt keine Rolle, man
könne ja nicht alles schauen.
Ich sehe viele bürgerlich auftretende Studentinnen wie sie in den Stadien.
Ich bewundere ihre Selbstverständlichkeit in diesem Raum. Wir führen
Gespräche darüber, wie viel praktischer genderneutrale Toiletten hier wären
oder über unangenehme Heimwege allein im Dunkeln. Es wirkt wie ein anderer
Fußball. Kurz vor dem Turnier habe ich bei überwiegend männlichen Ultras
vorgetragen. Es waren Gruppen, die man zu den Progressiven zählt.
## Allesfahrer und Vielflieger
Die Debatten im Anschluss haben mich wieder mal ernüchtert. Den Fußball
auch systemisch offener für alle machen? Na, eigentlich wollten sie das ja
gar nicht, erörterten mir einige später. Im Gegenteil: kultige
Auswärtsfahrten wieder mit weniger Leuten! Denn Ultras seien halt schon
bessere Fans als andere. Ein Allesfahrer und Groundhopper zählte mir
nebenbei mit ein bisschen Klima-Grinsen auf, [1][wie oft er im Jahr
fliege.] Das Ausmaß machte mich fassungslos. Am liebsten hätte ich ihn mit
Greta Thunberg angeschrien: „How dare you?“ Nein, Ultras werden den Fußball
nicht verändern.
Und die neuen Fans? Kulturell haben sie das längst. Aber jenseits von
Feminismus hat das auch einen kühlen Vibe. Meine Mitbewohnerin etwa findet
super, dass Trainer:innen bei den Frauen endlich früher gefeuert würden.
Wer zu lange auf einem Posten klebe, könne keine Exzellenz erreichen. Die
sei das Wichtigste für die Frauen. Sie möchte später ins
Personalmanagement.
Im Zug auf einer Rückfahrt sitze ich gegenüber von einem schwedischen Fan,
auch sie studiert was mit Wirtschaft. Die ganze Fahrt lang redet sie über
ihre Fanbiografie im Fußball, also nicht Männerfußball. Das Wachstum findet
sie toll, sie würde selbst gern ins Sportbusiness. [2][Neben dem
schwedischen Nationalteam] geht sie [3][zu Barca] und zu den Spurs. Sie
erzählt lang und breit von all ihren Flügen zu Spielen, die sie vermutlich
nicht vom Studijob finanziert. Wieder kann ich es nicht fassen. Werden
Frauen den Fußball besser machen? In mancher Hinsicht ja. In anderer: Ich
befürchte nein. *nur etwas Kleines
22 Jul 2025
## LINKS
[1] /Profi-Fussballspielerin-ueber-Sportwashing/!6095406
[2] /Schwedisches-Fussballmodell/!6096221
[3] /Weltfussballerin-Aitana-Bonmati/!6096223
## AUTOREN
Alina Schwermer
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