# taz.de -- Frauenfußball und Kultur: Wir kicken nicht wie ihr | |
> Frauenfußball ist nicht einfach Fußball von Frauen. Er ist ein anderer | |
> Fußball. Einer, der sich seine Räume erkämpfen musste. | |
Bild: Ein schwedisches Frauenteam 1951 beim Training | |
Der [1][Frauenfußball] hat eine eigene Kultur hervorgebracht hat: | |
solidarischer, offener, emotionaler. Und genau deshalb darf er nicht zum | |
Abklatsch des Männerfußballs werden. Wer nur über Gehälter, TV-Rechte und | |
Professionalisierung spricht, übersieht das Wesentliche: den kulturellen | |
Wert dieses Sports – für Spielerinnen, für Fans, für die Gesellschaft. | |
Fußball war zunächst Männersache. Schnell wurde er zum Massensport und | |
irgendwann zum milliardenschweren Spektakel. Der Frauenfußball musste sich | |
seinen Raum [2][gegen massiven Widerstand] erkämpfen – von Anfang an. In | |
(West)-Deutschland hatte der [3][DFB 1955] den Frauenfußball verboten – bis | |
1970: „Dieser Kampfsport ist der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd.“ | |
Statt mit TV-Geldern und Großsponsoren wuchs der Frauenfußball mit einer | |
starken, solidarischen Community. Er entstand nicht als Massenprodukt, | |
sondern als Gegenkultur. Das prägt ihn bis heute. | |
Der Frauenfußball empowert. Mädchen, die kicken, hören oft früh, das sei | |
nichts für sie. Sie werden als Lesben oder „Mannweiber“ beschimpft – | |
einfach nur, weil sie Fußball spielen. Und trotzdem machen sie weiter. | |
Warum? | |
Weil sie beim Fußball eine Schwelle überschreiten. Sie betreten einen Raum, | |
in dem diese Zuschreibungen keinen Sinn mehr ergeben. In dem sie erleben: | |
Die Beleidigungen kommen von draußen – aber nicht von hier. Auf dem Platz, | |
in der Kabine, im Team erleben sie ein anderes Miteinander. Der | |
Frauenfußball wird so zu einem Raum, in dem schon Kinder lernen: Diese | |
vermeintlichen Abwertungen sagen nichts über mich – aber viel über die, die | |
sie benutzen. | |
Der [4][Frauenfußball] schafft, was der Männerfußball bis heute nicht | |
schafft: Er bietet vielen ein Zuhause, die sich im Mainstream-Fußball nicht | |
sicher fühlen. Während im Männerfußball oft die Angst mitspielt – vor | |
Homofeindlichkeit, vor toxischer Männlichkeit, vor Gewalt – wird der | |
Frauenfußball mit anderen Werten verbunden: Respekt, Solidarität, | |
Gemeinschaft. | |
## Es geht nicht um mehr Geld, häufigere Siege und das Niedermachen der | |
Anderen | |
Und ja, der Männerfußball schaut sich inzwischen manches ab. Die | |
Regenbogenbinde etwa, die in manchen Amateurmannschaften selbstverständlich | |
getragen wird – obwohl sie noch immer Diskussionen auslöst. Was im | |
Frauenfußball gelebter Alltag ist, bleibt bei den Männern oft nur eine | |
Geste. | |
Der Umgang in den Kabinen ist bei den Frauen oft schon in der Jugend offen | |
und mit wenig Scham besetzt. Hier wird nicht nur über Taktik gesprochen, | |
sondern über alles: über Verletzungen, über Liebeskummer, über das Leben. | |
[5][Mütter bringen ihre Babys mit zur Teambesprechung]. Spielerinnen | |
kämpfen sich nach Schwangerschaften zurück an die Spitze. Das alles ist | |
Teil der Kultur. | |
Und während Männer über „professionellere Bedingungen“ im Frauenfußball | |
sprechen, merken sie oft nicht, dass sie mit „professionell“ eigentlich | |
meinen: so wie bei uns. Mehr Druck, mehr Geld, mehr Kommerz. Aber genau das | |
ist der Punkt: Wenn der Frauenfußball wird wie der Männerfußball, verlieren | |
wir, was uns ausmacht. | |
Denn worum geht es eigentlich im Fußball? Um Emotionen, klar. Aber nicht um | |
die Art von Emotionen, bei der sich Tausende Männer Bier über die Schultern | |
kippen, Pyros zünden und dem gegnerischen Team „auf die Fresse“ geben | |
wollen. Das ist kein emotionaler Ausdruck – das ist eine Kultur der | |
Verrohung. | |
Unsere Emotionen sehen anders aus. Wir diskutieren mit Vereinsvorständen, | |
damit wir überhaupt Bälle gestellt bekommen. Wir kämpfen seit Jahren um | |
Räume, Trainingszeiten, Anerkennung. Und in all dem haben wir eine | |
Fußballkultur aufgebaut, die verletzlicher, vielfältiger – und vielleicht | |
gerade deshalb so viel stärker ist. | |
Ich will nicht werden wie Männer. Und Männer, die uns erklären wollen, wie | |
wir Fußball zu spielen haben, denen sage ich: Ihr macht unseren Sport | |
kaputt. | |
Dieser Text ist im Rahmen eines Workshops der [6][taz Panter Stiftung] für | |
Nachwuchsjournalistinnen im Sport entstanden. | |
13 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Wiebke Howestädt | |
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