| # taz.de -- Wieder im Kino: Bewegte Straßen | |
| > Berlin als Filmset, die vielleicht berühmteste Verfolgungsszene der | |
| > Filmgeschichte und Leben im Leerlauf sind diese Woche zurück auf der | |
| > Leinwand. | |
| Bild: Gleich geht's los, mit der Verfolgungsjagd: Steve McQueen als Detective F… | |
| Die Großstadt, das war im deutschen Kino der späten 1920er Jahre | |
| selbstverständlich Berlin. Die große Stadt stellte den – noch längst nicht | |
| überall selbstverständlichen – Sprung in die Moderne dar: mit | |
| Menschenmassen und wogendem Verkehr sowie den vielfältigen Verlockungen von | |
| Konsum und Nachtleben. Einen der filmischen Klassiker jener Tage schuf der | |
| aus Österreich stammende Regisseur und Produzent Joe May mit dem Melodram | |
| „Asphalt“, das er 1929 mit großem technischen Aufwand für die UFA | |
| inszenierte. | |
| „Asphalt“ erzählt von der Begegnung eines biederen Wachtmeisters (Gustav | |
| Fröhlich) mit einer glamourösen Diebin (Betty Amann), deren | |
| Verführungsstrategie er definitiv nicht gewachsen ist. Dabei dominiert die | |
| Studiokulisse, lediglich für die erste Szene nach dem Vorspann begab sich | |
| Kameramann Günther Rittau direkt auf die Berliner Straßen und fing in | |
| dynamischen Fahrten mit verkanteten Perspektiven Bilder von Autos, | |
| Straßenbahnen, Werbetafeln und Passanten ein. | |
| Für die anschließenden Szenen ließ der Filmarchitekt Erich Kettelhut im | |
| UFA-Atelier in Neubabelsberg jedoch ganze Straßenzüge eines fiktiven | |
| Berlins errichten: glamouröse Geschäftsstraßen, bevölkert von einem | |
| dynamischen Gewimmel aus Menschen, Autos und Omnibussen, stets illuminiert | |
| vom Licht der Leuchtreklamen und der Schaufenster. | |
| Die enorme Beweglichkeit der Kamera in diesen Atelierszenen wurde | |
| seinerzeit ermöglicht durch einen neuartigen fahrbaren Aufnahmeturm mit | |
| Fahrstuhl, in dem der Kameramann seinen Platz hatte. „Asphalt“ wird im | |
| Rahmen von [1][„Arsenal on Location“] im Klick Kino gezeigt, zu Gast ist | |
| mit Milena Gregor die Programmkoordinatorin des Kinos Arsenal. Die | |
| musikalische Begleitung übernimmt Eunice Martins am Klavier (16.7., 20 Uhr, | |
| [2][Klick Kino]). | |
| ## Im Kino hinterm Steuer | |
| Die zentrale Sequenz des Polizeithrillers „Bullitt“ (1968) von Peter Yates | |
| ist natürlich die aufregende, rund zehnminütige Autoverfolgungsjagd durch | |
| San Francisco, bei der die Rollen von Verfolgtem und Verfolgern | |
| zwischenzeitlich wechseln: Lieutenant Frank Bullitt (Steve McQueen, der | |
| „King of Cool“) gelingt es irgendwann, sich in seinem Ford Mustang hinter | |
| die auf ihn angesetzten Killer in ihrem Dodge Charger zu setzen. Dabei wird | |
| das rasante Auf und Ab auf den hügeligen Straßen nahezu physisch erfahrbar. | |
| Doch auch sonst besitzt „Bullitt“ Qualitäten als ambitionierte | |
| Charakterstudie eines einsamen und kühl agierenden Polizisten, der es | |
| jedoch stets versteht, mit seinen Blicken ein wortloses Einfühlungsvermögen | |
| etwa mit den Angehörigen von Opfern an den Tag zu legen (10.7., 20.30 Uhr, | |
| [3][Yorck Kino]). | |
| ## Irgendwo im Alltag | |
| Sofia Coppolas großes Talent als Regisseurin ist die Inszenierung einer | |
| dramatischen Ereignislosigkeit, die sich ergibt, weil ihre | |
| Protagonist:innen in sehr spezifischen Lebenssituationen an der | |
| Entfaltung ihrer Persönlichkeit gehindert werden: Das galt für die | |
| Schwestern in „The Virgin Suicides“ mit ihren fanatisch religiösen Eltern, | |
| für die französische Königin in „Marie Antoinette“ mit den absurden | |
| Routinen des Hofprotokolls, oder auch für Priscilla Presley, ihres Zeichens | |
| Anzieh- und Vorzeigepuppe in Graceland, dem Hof des Rock ’n' Roll-Kings | |
| Elvis. | |
| Und es gilt auch für den Filmstar Johnny Marco (Stephen Dorff), der sich in | |
| „Somewhere“ (2010) eingestehen muss, ein Leben des absoluten Leerlaufs zu | |
| führen, aus dem ihn zwischenzeitlich nur eine Begegnung mit seiner | |
| mittlerweile 11-jährigen Tochter (Elle Fanning) reißt, die allemal | |
| erwachsener wirkt als er selbst. Und die einer realen Welt entstammt, in | |
| der man sich auch sein Mittagessen mal selbst brutzeln kann (15.7., 21.30 | |
| Uhr, [4][Il Kino]). | |
| 10 Jul 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://onlocation.arsenal-berlin.de/ | |
| [2] https://www.klickkino.de/ | |
| [3] https://www.yorck.de/kinos/yorck?sort=Popularity&date=2025-07-07&ta… | |
| [4] https://ilkino.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Lars Penning | |
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