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# taz.de -- Hunger im Gazastreifen: Dystopische Zustände
> Die Lage in Gaza spitzt sich weiter zu. Laut UN starben mehr als 1.000
> Menschen auf dem Weg zu Verteilzentren. Hilfsorganisationen schlagen
> Alarm.
Bild: Palästinenserinnen an einer Ausgabestelle in Gazastadt am 24. Juli 2025
Jerusalem taz | Eine dunkeläugige Frau steht mitten in einem halbdunklen
Zelt. Sie hat ein langes, fliederfarbenes Kleid mit Kopftuch an und hält
ein Kind in den Armen. Schweißperlen zieren ihre Stirn, ihr Blick wirkt
fast abwesend. Das Kind trägt eine schwarze Mülltüte als Windel. Auf seinem
Rücken kann man die Rückenwirbel und die Rippen abzählen, die fahle Haut
spannt sich entlang der Wirbelsäule.
Das ausdrucksstarke Bild, das an eine dystopische Madonna mit Kind
erinnert, hat ein Fotograf aus Gaza geschossen, Ahmed Jihad Ibrahim
al-Arini. Der US-Sender CNN hat es veröffentlicht. Zusammen mit einem
Artikel über die jüngste Warnung von mehr als [1][100
Menschenrechtsorganisationen] vor den katastrophalen Auswirkungen der
aktuellen Lebensmittelknappheit im Gazastreifen.
„Während sich Massenhunger in Gaza ausbreitet, siechen unsere Kollegen und
diejenigen, die wir betreuen, dahin“, schreibt die internationale NGO Ärzte
ohne Grenzen auf ihrer Webseite. „Während die Blockade der israelischen
Regierung die Menschen in Gaza, Palästina, aushungert, stellen sich Helfer
in denselben Warteschlangen bei Essensausgabestellen an und riskieren,
angeschossen zu werden, nur um ihre Familien zu ernähren. Mit komplett
aufgebrauchten Vorräten erleben humanitäre Organisationen, wie ihre eigenen
Kollegen und Partner vor ihren Augen dahinschwinden.“
Nach einer fast dreimonatigen Blockade jeglicher Hilfslieferung in den
Gazastreifen durch Israel hatte vor zwei Monaten die von den USA und Israel
unterstützte [2][Gaza Humanitarian Foundation (GHF)] die
Lebensmittelverteilung in Gaza übernommen. Seit ihrer Öffnung sind nach
Angaben der UNO mehr als 1.000 Menschen auf dem Weg zu ihren vier
Verteilstellen und auf Hilfsrouten erschossen worden, oft anscheinend vom
israelischen Militär. Menschenrechtsorganisationen werfen der israelischen
Regierung vor, Hunger als Waffe in Gaza zu nutzen – ein Kriegsverbrechen.
## Drei US-Dollar für eine Windel
Der Sprecher der israelischen Regierung David Mencer sagte am Mittwoch in
einem Interview mit Skynews, es gebe derzeit keine durch Israel verursachte
Hungernot in Gaza. Es gebe eine menschengemachte Knappheit, doch die Hamas
sei dafür verantwortlich. Sie blockiere die Verteilung und plündere
Hilfslastkraftwagen. Er warf den Vereinten Nationen ebenfalls vor, ihre
Lkws nicht abzuholen, und nannte sie „inkompetent“.
Laut dem Welternährungsprogramm der UN steht ein Viertel der Bevölkerung in
Gaza vor „hungersnotähnlichen Zuständen“. Fast 100.000 Frauen und Kinder
litten unter akuter Mangelernährung. Ein Sack Linsen und Mehl koste
teilweise 200 US-Dollar, Windel für Kinder etwa drei US-Dollar pro Stück,
so die UNRWA-Medienreferentin Juliette Touma. Augenzeugen aus Gaza sprachen
kürzlich gegenüber der taz ebenfalls von 16 Dollar für ein Kilo Mehl, das
wären 400 Dollar für einen großen 25-Kilo-Sack.
Jüngst hat eine [3][Massenvertreibung der Palästinenser*innen] im
Gazastreifen ebenfalls für Kontroversen gesorgt. Das israelische Militär
erließ am Sonntag zum ersten Mal eine Evakuationsaufforderung für die Stadt
Deir al-Balah in Zentralgaza. Davon betroffen waren bis zu 80.000 Menschen.
Auch in Israel sind Aktivist*innen über Israels Vorgehen in Gaza
zunehmend empört. Zum zehnten Mal hat das Oberste Zivilgericht in Israel am
Dienstag die Frist für eine Antwort der Regierung auf eine Petition der
israelischen Menschenrechtsorganisation Gisha verschoben. Diese fordert,
dass die Regierung die Versorgung der Palästinenser*innen mit einer
konsistenten Lieferung von Hilfsgütern sichert.
24 Jul 2025
## LINKS
[1] /Im-Gazastreifen-verhungern-Menschen-Hilfsorganisationen-werden-von-Israel-…
[2] /GHF-Essensabgabestellen-in-Gaza/!6098356
[3] /Evakuierungsbefehl-in-Gaza/!6098796
## AUTOREN
Serena Bilanceri
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Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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Israel
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