| # taz.de -- Komödie „#SchwarzeSchafe“: Als Kafka ein Zeh amputiert wurde | |
| > Die Low-Budget-Komödie „#SchwarzeSchafe“ von Oliver Rihs knüpft als | |
| > Remake an alte Erfolge an. Im Rahmen des Möglichen schafft der neue Film | |
| > viel. | |
| Bild: Jella Haase mit Knarre, Szene aus „#SchwarzeSchafe“ | |
| Summer in the city, Hitze, Trockenheit, schimmernder Dunst über Berlin. Die | |
| Kamera blickt von oben aufs Geschehen, auf der Tonspur gibt die dunkle | |
| Erzählstimme von Katharina Thalbach ihren Senf dazu. Dann geht es ab und | |
| hinab. | |
| In ein Café in Neukölln, hier wird auf dem Klo einem Mann namens Kafka | |
| (Marc Hosemann) ein Zeh amputiert. Anflug auf ein Hochhaus, sieht fast so | |
| aus wie das in [1][Tom Tykwers „Das Licht“] – der Berlinfilm und das | |
| Begehren nach Überblicksperspektiven. Diesmal aber nicht Erlösung und | |
| Mystik, sondern recht unverdünnt Quatsch: auf dem Balkon bekokste | |
| Digitalbienen und ein Mann (Frederick Lau) mit Drogenproblem. | |
| Der junge Clanchef Omar Darwish (Yasin El Harrouk) kennt kein Pardon und | |
| rast mit einem gelben Hummer durch die Stadt, kommt dann aber mithilfe | |
| seiner kleinen Tochter auf den Trip und beginnt über den ökologischen | |
| Fußabdruck zu räsonieren. | |
| ## Wer sind die BiPoCs? | |
| Slapstik der besseren Art: Besuch der Gangster in einem Unverpackt-Laden, | |
| aus Fortbildungsgründen. Die identitätspolitisch hysterisierte Angestellte | |
| aus den USA ruft die Polizei, die arabische Gang stellt, Hände überm Kopf, | |
| die berechtigte Frage: Moment, die BIPoCs, sind das nicht wir? | |
| Anderer Schauplatz: Ökomesse am alten Flughafen, hier möchte ein netter | |
| Loser (Milan Peschel) mit Sandwiches groß rauskommen, für die er eine | |
| invasive Krabbenart günstig verwurstet. Dann wäre da noch Delphine von | |
| Plettenburg (Jella Haase), die Genderpuppen mit abnehmbarem Geschlechtsteil | |
| produziert. | |
| Gelegenheit macht aus ihr eine Diebin: Sie brennt mit der Kreditkarte des | |
| Clanchefs und der Frau des Krabbenmanns (Jule Böwe) durch. Ein paar Szenen | |
| weiter werden zwei Escortmänner in einem Nobelhotel von Delphine sexuell | |
| instruiert. Am nächsten Morgen erwacht die eine Frau am Busen der andern. | |
| ## Der Schnitt hat ADHS | |
| Recht gewaltsam sind diese und weitere Figuren, diese und weitere Episoden | |
| miteinander verknüpft. Drunter und drüber knäueln sich dabei die Klischees. | |
| Zwischendrin Passagen mit Impressionen aus den Straßen des heißen Berlin, | |
| von Friedrichshain bis in den Grunewald, nur zur Ruhe kommt der Film dabei | |
| nicht. Weil die Kamera ständig wackelt und fuchtelt, der Schnitt ADHS hat | |
| und Regisseur Oliver Rihs so grundsätzlich wie irrtümlich glaubt, dass | |
| Tempo im Zweifel Timing ersetzt. | |
| Er glaubt das nicht zum ersten Mal. [2][2006 hat er den deutlich roheren | |
| episodischen Möchtegernkultfilm „Schwarze Schafe“] gedreht, Jule Böwe und | |
| Milan Peschel waren damals auch schon dabei. Der neue Film, im Titel nun um | |
| einen Hashtag erweitert, ist eine Art Fortsetzung, die sich filmisch | |
| vergleichsweise fein gemacht hat. In beiden Fällen jedoch, darauf ist man | |
| stolz, kam man ganz ohne Fördergeld aus. | |
| Am Drehbuch hat eine halbe, geschlechtergemischte Fußballmannschaft | |
| herumoperiert. Kein Wunder, dass der Ton inkonsistent ist und die Sache | |
| letztlich richtungslos bleibt. So hetzen Figuren wie Publikum durch einen | |
| windschiefen Plot, der sich selbst und seiner Botschaft nicht glaubt. | |
| ## Progressive Agenda | |
| Und auch den Figuren nicht, die der raue Wind der Beliebigkeit von hier | |
| nach da weht. Die Agenda ist eher progressiv als reaktionär, manches kommt | |
| fast wie [3][eine prolligere Variante von Marc-Uwe Klings] | |
| kapitalismuskritischer „Känguru“-Komik daher. Die Schauspieler*innen | |
| tun sowieso, was sie können. | |
| Im engen Rahmen des hier Möglichen ist das oft viel, insbesondere Yasin El | |
| Harrouk ist toll. Nicht nur ist sein komisches Timing perfekt, ansatzweise | |
| gelingt es ihm gar, seine an den Haaren herbeikonstruierte Figur von einem | |
| schlechten Witz in einen echten Menschen zu retten. | |
| 21 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ekkehard Knörer | |
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| Film "Schwarze Schafe" ist echt zu bescheuert. |