| # taz.de -- Die Wahrheit: Unser uriges Gen | |
| > Lebenslänglich Bayer: Vom getanzten Schuhplattler bis zum wallenden | |
| > Dirndlrock. So und nicht anders sind die Südländer im blauweißen | |
| > Freistaat. | |
| Ja, so sind wir Bayern. Wir leben ganz oben auf der Zugspitze, höher als | |
| alle anderen im Land, und wenn jemand kommt, der von woanders herkommt, | |
| dann tanzen wir einen Schuhplattler oder drehen uns mit wallenden | |
| Dirndlröcken um uns selber – je nach dem ob wir ein Mannsbild sind oder ein | |
| Weiberleut. Was sollen wir auch anderes tun? Wir haben das Bayern-Gen, | |
| aufgefädelt auf einer Doppelhelix, die so schön geflochten ist wie der Zopf | |
| von einem blitzsauberen Madl aus Bayern. | |
| Gern stehen wir auch Spalier, wenn jemand aus dem Sauerland kommt. Wir sind | |
| alle Gebirgsschützen und schießen mit unseren Flinten Salut, wenn der | |
| Landesvater zu uns kommt. Unsere Lederhosen sitzen gut, und der Adlerflaum | |
| oder der Gamsbart am Hut sieht so mächtig aus, wie wir selbst uns fühlen, | |
| wenn wir nur genug Fleisch zu uns genommen haben. Das tun wir am Tag wie in | |
| der Nacht. | |
| Und wenn das fette Wammerl halbverdaut den Schlund, durch den wir es | |
| hinabgewürgt haben, wieder hochklettert, dann spülen wir mit einer | |
| kräftigen Mass Bier alles wieder dahin, wo es hingehört. In unseren Magen | |
| zu all den Weiß-, Woll- oder Milzwürsten, zu den mit Leberkas, Gelbwurst | |
| oder Bratenaufschnitt belegten Semmeln, zu den Leberknödeln, den sauren | |
| Lüngerln oder Nieren. Dann setzen wir auf dem hölzernen Abort mit dem | |
| Herzerl in der Tür einen breiigen Bierschiss ab, dessen durchdringender | |
| Geruch zur bayerischen Lebensart gehört wie der Termin der großen Ferien im | |
| Spätsommer. Auf den wollen wir nicht verzichten, schließlich müssen wir zur | |
| Ernte raus auf die Felder, um all das Heu und Getreide einzufahren, auf | |
| dass es an die Viecher verfüttert werde, die wir dann später essen werden. | |
| Zwischen dem Schweinsbraten am Mittag und dem Presssack zur Brotzeit am | |
| Abend jodeln wir ein wenig, spielen Zither oder Hackbrett. Oft juchzen wir | |
| dann, weil es gar so schön klingt und uns die ganzen Landler und Zwiefachen | |
| nicht mehr aus den Ohren gehen wollen. Manchmal wollen wir es ein bisschen | |
| lauter haben. Dann stoßen wir in unsere Tuba, die Posaune, Trompete und das | |
| Jagdhorn. Was kann es Schöneres geben als eine Blasmusik oben auf dem hohen | |
| Berg. | |
| Wenn uns der Sinn nach Sport steht, verabreden wir uns zum Fingerhakeln. | |
| Sollte einem dabei der Mittelfinger abhanden kommen, dann macht uns das | |
| rein gar nichts aus. Ein bisschen Schwund ist immer und außerdem: Das | |
| Fleisch wächst schon wieder nach, wenn man nur genug Fleisch zu sich nimmt | |
| – und übers Fleischessen redet. Das hilft ganz bestimmt und ist meistens | |
| eine Riesengaudi. | |
| Einer von uns hat immer einen frischen Veganerwitz auf Lager. Weil es vom | |
| Schenkelklopfer zum Schuhplattler nur ein ganz kurzer Weg ist, tanzen wir | |
| bald wieder freudig im Kreis, klatschen unsere Handflächen kräftig auf das | |
| Lederhosenleder und freuen uns, wenn uns Besucher aus Landesteilen jenseits | |
| des Weißwurstäquators bestaunen. Genau so sind wir – oder auch nicht. | |
| 18 Jul 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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