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# taz.de -- Hörerradio in Athen: Rettung fürs rote Radio
> Der griechische Parteisender Sto Kokkino hat finanzielle Probleme. Die
> sozialistische Syriza hat sich nun eine Lösung überlegt: Aktien.
Bild: Sto Kokkino („Im Roten“) bleibt auf Sendung
Athen taz | Jannis Boulekos, Vollbart, olivgrünes Polohemd, will seine
Medien retten. Jetzt bittet er seinen Besucher im sechsten Stock eines
unscheinbaren Gebäudes in der Athener Innenstadt um etwas Geduld. Er muss
noch rasch eine E-Mail schreiben. Boulekos hat derzeit viel zu tun. Der
37-Jährige, Mitglied im Zentralkomitee und Politbüro von [1][Europas
einstiger Vorzeigepartei Syriza], ist seit Februar Direktor der
Parteimedien. Und die haben Hilfe nötig. Der Rettungsplan: Aktien.
Syriza besitzt das Parteiblatt Avgi sowie den 2006 ins Leben gerufenen
Radiosender Sto Kokkino („Im Roten“). Über die Athener Left Media AG ist
Syriza der Alleineigentümer von Sto Kokkino.
Sto Kokkino geriet wie das Parteiblatt Avgi Mitte vorigen Jahres in massive
finanzielle Schwierigkeiten. Die tägliche Druckausgabe von Avgi wurde
eingestellt. Ein plötzlicher Tod. Damals hielt noch der
Ex-Parteivorsitzende Stefanos Kasselakis das Zepter bei Syriza in der Hand.
[2][Der schillernde, in den USA aufgewachsene „Millionär aus Miami“ ist
inzwischen gestürzt] und hat eine eigene Partei gegründet.
Im Februar habe er bei Sto Kokkino erhebliche Steuerschulden, offene
Sozialbeiträge und Rückstände bei den Gehaltszahlungen vorgefunden, so
Boulekos. Betriebsausgaben von jährlich etwa einer Million Euro hätten
Werbeeinnahmen „gegen null“ gegenübergestanden. Nun würden die
Steuerschulden sowie die offenen Sozialbeiträge abgebaut und die
Werbeabteilung auf Vordermann gebracht. Gegenwärtig habe Sto Kokkino 50
Mitarbeiter, darunter 35 Journalisten.
Die Ex-Regierungspartei Syriza kann ihren Parteimedien aber nicht selbst
unter die Arme greifen. Das liegt an der gesunkenen staatlichen
Parteienfinanzierung.
Mitte Mai beschloss das Syriza-ZK deswegen, das Aktienkapital der Left
Media AG durch eine öffentliche Zeichnung um 3,5 Millionen Euro zu erhöhen,
350.000 Aktien zu je 10 Euro. Die Kapitalerhöhung sei nötig, damit Sto
Kokkino in Hellas weiter „die Stimme aller fortschrittlich Denkenden,
Demokraten und Linken“ sei, so Boulekos zur taz.
Im gleichen Stil bewirbt die Syriza den Aktienkauf auch in der Bevölkerung.
„Du erwirbst einen Anteil an einem Radiosender, der seinen Hörern gehört“,
verspricht die Kampagne. „Du kaufst kein Produkt. Du unterstützt einen
Wert.“
## Gegen den Gleichklang der regierungsnahen Medien
Wer eine Aktie will, braucht keine Parteimitgliedschaft, sondern nur die
Bereitschaft, seine Daten herzugeben: Vor- und Nachname, Steuernummer,
Anschrift. „Wir stehen für völlige Transparenz“, sagt Boulekos der taz.
Ohne Umschweife fügt er hinzu: „Wir haben kein Schwarzgeld, und wir wollen
keins“. Dies sei in Griechenlands Politikbetrieb nicht überall üblich.
Mit der Kapitalerhöhung soll der Syriza-Anteil an Sto Kokkino um 22
Prozentpunkte auf 77 Prozent verringert werden. Werde die laufende
Kapitalerhöhung nicht komplett durch neue Aktionäre gedeckt, werde Syriza
aber die verbliebenen Aktien kaufen, stellt Boulekos gegenüber der taz
klar.
Man wolle ein medialer Gegenpol zur [3][seit Juli 2019 alleine regierenden
konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) unter Premier Kyriakos
Mitsotakis und zum Gleichklang der regierungsnahen Medien] sein. Mitsotakis
vergrößere mit seiner neoliberalen Politik die soziale Ungleichheit in
Griechenland und erzeuge nur „Toxizität, Skandale und ein Klientelsystem“.
Die Existenz von Sto Kokkino zu gewährleisten, nennt Boulekos einen „Kampf
um die Würde und Demokratie“.
Damit stößt er auf offene Ohren: Täglich erreicht Sto Kokkino alleine im
Großraum Athen 110.000 Hörer. Unter den elf Infosendern in Attika bedeutet
dies Platz drei. Die Hörer lauschen täglich im Schnitt 127 Minuten Sto
Kokkino, 79 Minuten länger als der Konkurrenz.
13 Jul 2025
## LINKS
[1] /Syriza/!t5011009
[2] /Misstrauensantrag-in-Griechenland/!6032945
[3] /Pressefreiheit-in-Griechenland/!6084469
## AUTOREN
Ferry Batzoglou
## TAGS
Griechenland
Syriza
Nea Dimokratia
Schwerpunkt Pressefreiheit
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Griechenland
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