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# taz.de -- Reform der Klub-WM: Ein anderer Fußball ist möglich
> Die Klub-WM hätte das Potenzial, den Fußball gerechter zu machen –
> stattdessen festigt sie den Teufelskreis, der ihn immer uninteressanter
> macht.
Bild: Auckland City FC auf dem Spielfeld bei der Klub-WM 2025
Die Fußballwelt hat einen neuen Wettbewerb. Denn nichts Geringeres ist die
Reform des einstigen Weltpokals [1][zur Klub-WM]. Statt 6 treten nun 32
Teams über vier Wochen hinweg gegeneinander an. Dafür nur alle vier Jahre
statt nach jeder Saison. Von der Fanbasis aus betrachtet, ist die Klub-WM
ein Turnier, nach dem niemand gefragt hat. Der Fußballkalender ist ohnehin
schon prall gefüllt, Spieler und Fans [2][kommen mit der
Belastungssteuerung kaum hinterher]. Die Folge sind Verletzungen und das
Gefühl, zwischen den Saisons kaum Zeit zu finden, wieder Vorfreude
aufzubauen.
Das neue Turnierformat scheint aus der Gedankenwelt der Funktionärsriege zu
kommen, die den Fankurven so fremd geworden ist. Aus den Kosmen, die Dinge
wie eine Super League für eine gute, weil marktträchtigere Idee halten.
Dieser Blick vernachlässigt allerdings Breite und Tiefe der Klub-WM. Denn
das Format erschließt tatsächlich neue Märkte, statt die bestehenden auf
Effizienz zu trimmen. Auch aus den europäischen Topligen dürfen nur je zwei
Teams antreten. Dafür sind auch Amateure aus dem neuseeländischen Auckland
dabei, deren Spieler teils erst mal Urlaub nehmen mussten, um zum Turnier
zu reisen. Die Erhöhung der Teilnehmerzahl auf 32 Mannschaften bringt Ecken
der Welt auf die große Fußballbühne, die auf ihr bislang eine eher
marginale Rolle gespielt haben. Zwar bekommt Europa mit zwölf Startplätzen
das größte Stück vom Kuchen, aber es wird deutlich mehr Fußball aus Asien,
Ozeanien und Afrika zu sehen sein.
Neben dieser Breite bringt die Klub-WM auch eine neue Tiefe in die
Fußballwelt. Indem die Fifa das Konzept Weltpokal auf ein ernst zu
nehmendes Format hebt, vermittelt sich für mehr Menschen das Gefühl,
wirklich am Weltfußball teilzuhaben. Nordamerika und Asien waren
Kontinente, in denen Fußball lange Zeit nur aus Showtouren europäischer
Teams bestand. Weil nun viel mehr Vereine aus diesen Teilen der Welt bei
der WM mitspielen, dürfte das genuine Interesse der Fans an dem Sport
wachsen. Das Geschäft hinter dem Fußball wird hier nicht künstlich
aufgeblasen, es kommt wirklich frisches Geld hinein. Und hier fangen die
Probleme an.
## Verteilung nach Matthäus-Effekt
Seit vielen Jahren werden Gelder im Fußball im Sinne des Matthäus-Effekts
ausgeschüttet. Damit ist nicht der Fußballer, sondern der Apostel gemeint:
Wer hat, dem wird gegeben. Die Schere zwischen reichen und armen Vereinen
wird mit jeder Prämienreform künstlich weiter aufgespreizt. Dem Geld folgt
sportlicher Erfolg, der wiederum für höhere Prämien qualifiziert.
In dieser Weise ist es für die kleineren Klubs einer Liga kaum möglich,
nachhaltig in die oberen Sphären aufzusteigen. Es ist kein Zufall, dass
sich Vereine wie der FC Heidenheim oder Union Berlin ins internationale
Geschäft ackern, um von dort direkt in den Abstiegskampf zu rutschen. Die
finanziellen Ressourcen solcher Klubs können die Strapazen einer
Dreifachbelastung aus Liga, Pokal und Europapokal schlicht nicht tragen. So
geraten solide arbeitende Vereine gerade aufgrund ihres zeitweiligen
Erfolgs in Not.
Die Klub-WM schickt sich nun an, diesem Prinzip weiter Rechnung zu tragen.
Unter den Vereinen, die teilnehmen dürfen, ergibt sich ein finanzielles
Ungleichgewicht. Denn schon das Startgeld für Real Madrid dürfte das
Zehnfache dessen sein, was die Kicker aus Auckland fürs Antreten bekommen.
Eine Milliarde Dollar wird der Weltverband über den neuen Wettbewerb
ausschütten. Wer weiterkommt, verdient mehr. Für den Weltmeister sind am
Ende fast 90 Millionen US-Dollar drin. Während Auckland mit 3 bis 5
Millionen Dollar aus dem Turnier gehen wird, sind für Real Madrid im
Erfolgsfall mehr als 120 Millionen möglich. Die Klub-WM folgt damit
derselben Ausschüttungslogik, die die europäischen Ligen zu
Winner-take-all-Märkten degradieren. Die Saisons, in denen der FC Bayern
nicht deutscher Meister war, kann man sich über Jahrzehnte hinweg merken.
## Umverteilung notwendig
Der neue Turniermodus wäre eine Chance gewesen, aus dem Teufelskreis
auszubrechen. Natürlich müssen die finanziellen Potenziale des Wettbewerbs
auch erst gehoben werden. Fest steht aber, dass die Töpfe für einige Klubs
wesentlich größer werden. In ihren jeweiligen Ligen könnte also etwas
umverteilt werden, ohne vom Status quo der Zeit vor der WM etwas
wegzunehmen.
Die Klub-WM könnte ein Mehrwert für den Fußball sein, wenn die
Mehreinnahmen gleichmäßiger auf die teilnehmenden Teams verteilt würden.
Wenn auch die Landesligen davon profitieren würden, dass Vertreter in
Nordamerika oder Ostasien für den Sport werben. Bei aller Konkurrenz
zwischen den Verbänden sollte das auch im Interesse von Uefa und DFL sein:
Wenn aufgrund der Klub-WM nämlich mehr Menschen auf der ganzen Welt ihr
Interesse an europäischem Fußball entdecken sollten, dann wollen sie
vermutlich spannenden Sport sehen, bei dem nicht zwei Teams den Betrieb
dominieren.
Nun mag man einwenden, dass es unfair sei, wenn Vereine vom neuen Turnier
profitieren, ohne überhaupt mitzuspielen. Um in Zeiten einer
Hyperkapitalisierung des Sports noch halbwegs gerechte und im Sinne der
Fans spannende Ligen zu gewährleisten, könnte es aber unabdingbar werden,
die Teilnehmer der Klub-WM in eine Art Vertreterpflicht zu nehmen. Sie
spielten dann nicht allein für die eigene Kasse, sondern für eine
allgemeine Verbesserung ihrer jeweiligen Liga.
Die Klub-WM hätte das Potenzial, eine Bereicherung für den Fußball zu sein
– ihn sogar ein wenig gerechter zu machen. Leider hatten ihre Macher das
nicht im Sinn. In ihrer derzeitigen Form festigt sie stattdessen den
sportlichen Teufelskreis, der reiche Vereine noch reicher und erfolgreicher
werden lässt und ärmere Vereine von Profit und Erfolg abschneidet. Bis zur
nächsten Klub-WM gäbe es die Chance, daran etwas zu ändern.
7 Jul 2025
## LINKS
[1] /Klub-WM-der-Fussballer/!6092792
[2] /Fussball-in-der-Fussballpause/!6092621
## AUTOREN
Henning Schneider
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Sport
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