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# taz.de -- Kubanische Medien nach USAid-Aus: Warten auf gute Nachrichten
> Die unabhängige kubanische Nachrichtenagentur Palenque Visión steckt in
> einer Existenzkrise. Verantwortlich sei US-Präsident Trump, so Direktor
> Rolando Lobaina.
Bild: Immer weniger Beiträge von Palanque Visión im kubanischen und internati…
Havanna taz | Rolando Lobaina blickt in sein Mobiltelefon und zieht
frustriert die Stirn in Falten. Keine guten Nachrichten aus Europa. Lobaina
ist der Direktor von Palenque Visión, einer unabhängigen Presseagentur, die
Videos und Dokumentationen über die Realität auf Kuba erstellt. „Derzeit
kann ich meinen acht, neun Korrespondenten keine Aufträge erteilen, es
fehlt an Unterstützung“, erklärt der 55-jährige Journalist auf einer
Parkbank im Zentrum Havannas.
Seit 2012 leitet er die Agentur, die zwischenzeitlich mit zwanzig
Korrespondent:innen auf der Insel arbeitete und Video-Reportagen vor
allem für Portale in den USA lieferte. „Erst haben wir für TV Martí, spät…
für Cubanet gearbeitet und vieles von dem geliefert, was in den USA, aber
eben auch in Richtung Kuba ausgestrahlt wurde, um die Menschen zu
informieren“, erklärt der gelernte Informatiker. Lobaina stammt aus dem
Osten der Insel, ist in Baracoa geboren, in Guantánamo aufgewachsen.
In Guantánamo hat er begonnen, sich für ein plurales Kuba zu engagieren und
die Agentur aufzubauen. Seit ein paar Monaten lebt er in Havanna, um
Aufträge für Palenque Visión zu akquirieren, näher an den Botschaften zu
sein und neue Optionen auszuloten. Lobaina hofft auf Aufträge aus
EU-Ländern wie Tschechien, Frankreich oder Deutschland. Doch bisher ohne
großen Erfolg, sodass er bereits persönliche Dinge verkaufen musste, um
seine Kinder zu versorgen.
„[1][Seit Donald Trump im Januar USAID geschlossen hat, fließt kaum noch
Geld] in die unabhängige Medienszene in Kuba. Wir befinden uns in einer
prekären Situation, obwohl gerade jetzt Berichterstattung über die soziale
Misere, die Stromausfälle und die ökonomische Krise wichtig wäre“, meint
der gelernte Informatiker.
## „Agieren auf Sparflamme“
Zwei Reportagen liefert er im Monat für Cubanet, dem lange von der
US-Regierung finanzierten Infokanal, der nun von Spenden lebt. Mehr ist
nicht drin, und das Gros der unabhängigen Journalist:innen, die noch auf
der Insel arbeiten, suchen händeringend nach Aufträgen bei den
einschlägigen Kuba-Portalen wie Cuba Diario, ADNCuba, Cubanet oder Martí
Noticias, berichtet Lobaina.
Aufträge für fundierte Dokumentationen, wie die über Jugendbanden, die
Krise im Bildungssystem [2][oder die Situation der Rentner:innen auf der
Insel], die auf der Homepage von Palenque Visión stehen, kommen derzeit
nicht rein. „Wir agieren auf Sparflamme“, erklärt er.
Das geht vielen freien Kollegen so, bestätigt Iván García. Er arbeitet als
Korrespondent für die Tageszeitung Diario Las Américas aus Miami. „Kaum ein
Kollege oder eine Kollegin verdient derzeit mehr als 150 US-Dollar im
Monat, die Millionen von USAID fehlen hier, aber auch in Honduras,
Nicaragua oder Guatemala. Wir verlieren kritische Medienportale. Sie
schließen oder gehen ins Ausland“, erklärt der 59-Jährige aus Havanna, der
seit Mitte der 1990er Jahre als Freiberufler arbeitet.
Für die Abwanderung ganzer Redaktionen wie die von El Toque, die
mittlerweile aus den USA arbeiten, ist aber auch der Druck der Regierung
auf die freie Presse verantwortlich. Mehrere Gesetze, darunter das „zur
sozialen Kommunikation“, verbieten de facto alle Medien, die nicht mit der
Kommunistischen Partei Kubas (PCC) verbunden sind, so Lobaina.
## Kriminalisierung
„Die Arbeit unabhängiger Journalisten ist spätestens mit diesem Gesetz
illegal, wir werden kriminalisiert und dafür bietet das neue
Strafgesetzbuch viele Handhaben“, erklärt der Familienvater, dessen
jüngster Sohn ihn heute begleitet. Zwei Journalisten von Palenque Visión
wurden in Camagüey im Zentrum Kubas zu vier beziehungsweise drei Jahren
Haft verurteilt, sagt Lobaina, der auch schon selbst im Gefängnis saß.
Er hofft derzeit auf Aufträge von einem tschechischen Portal, für das
Palenque Visión bereits in der Vergangenheit gearbeitet hat. „Wir möchten
über die soziale Misere berichten, können auf die Erfahrung aus rund 5.000
kleinen und größeren Reportagen verweisen, aber wir brauchen die
Unterstützung aus dem Ausland“, sagt er und wirft einen kurzen Blick auf
das Mobiltelefon. Immer noch nichts. Dann verabschiedet er sich und geht
langsam die Calle Galeano, die heruntergekommene Einkaufsmeile im Zentrum
von Havanna, hinunter.
1 Jul 2025
## LINKS
[1] /Ende-von-USAID/!6064957
[2] /Kuba-in-der-Krise/!6091128
## AUTOREN
Knut Henkel
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Nachrichtenagentur
Kuba
USAid
Kuba
Kuba
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