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# taz.de -- „Soumoud-Karawane“: Solidaritätskonvoi mit Gaza unerwünscht
> Der in Tunis gestartete Konvoi von 1700 Freiwilligen steckt in
> Zentrallibyen fest. Die ägyptischen Behörden lassen eine Weiterreise
> nicht zu. Unklar ist, wie es nun weitergeht.
Bild: Am 9. Juni herrschte bei ihnen noch die Hoffnung, es bis zur Grenze zwisc…
Tunis taz | Nach euphorischem Beginn steckt der in Tunis gestartete
Solidaritätskonvoi in Zentrallibyen fest. Soldaten der Libyschen
Nationalarmee (LNA) lassen die 1700 Freiwilligen nicht weiter an die
ägyptische Grenze reisen. Die Behörden in Kairo hatten am Donnerstag
verkündet, dass [1][die aus Algerien, Tunesien, Mauretanien und Marokko
kommenden Teilnehmer der „Soumoud-Karawane“] in ihren Heimatländern Visa
und Sondergenehmigungen beantragen müssen, um zu ihrem Ziel, die
ägyptischen Seite des Grenzübergangs in den Gaza-Streifen zu gelangen.
Die mit Ägypten verbündete ostlibysche Regierung hatte daher die 150 Busse
und Privatwagen der „Karawane der Hartnäckigkeit“ östlich der Stadt Sirte,
in der geografischen Mitte Libyens, gestoppt. In der Nacht auf Samstag
ließen sich die aus allen Gesellschaftsschichten kommenden Freiwilligen in
ihren mitgebrachten Zelten auf einer Landstraße nieder. Die Organisatoren
haben offenbar noch nicht entschieden, ob sie, wie zuvor mit der LNA
abgesprochen, über Nebenstraßen an die ägyptische Grenze gelangen und dort
mit dem ägyptischen Grenzbeamten über die Modalitäten der Weiterfahrt
verhandeln.
„Die Sympathiewelle der letzten Tage lässt eine Umkehr nach Tunis absurd
erscheinen“, sagt Wissam Sghair aus Tunis. Der politische Aktivist war wie
viele andere Teilnehmer des Soumoud-Konvois seit 2010 auf vielen
Straßenprotesten aktiv, die zu dem Sturz des Langzeitherrschers Ben Ali
führten und zu der mächtigsten Bürgerbewegung der arabischen Welt wurden.
„Das mag der Grund sein, warum die Autoritäten in Ostlibyen und Ägypten den
Solidaritätskonvoi fürchten“, sagt ein anderer Teilnehmer der taz am
Telefon. Seinen Namen möchte er aufgrund der Angst vor Problemen im Falle
einer Weiterfahrt nicht nennen. Nur Stunden zuvor war er wie die meisten
Mitreisenden noch sicher, am kommenden Wochenende in El Arish oder Ma`Bar
Rafah an der Grenze zu Gaza für das Ende der Blockade des Gazastreifens und
das Ende des Krieges demonstrieren zu können.
## In Westlibyen wurde der Konvoi noch gefeiert
In dem [2][unter der Kontrolle der Regierung in Tripolis stehenden
Westlibyen] hatten lokale Bürgerinitiativen regelrechte Straßenfeste
organisiert. Als der Fahrzeugkonvoi in Zauwia, Tripolis, Zliten und Misrata
für Zwischenstopps hielten, lag Proviant bereit, an langen Tischen wurden
weitere Solidaritätsaktionen mit den Palästinensern erörtert, vor allem
lernte man sich kennen. Denn wegen der bürgerkriegsartigen Verhältnisse in
Libyen und der aktuellen politischen Spannungen zwischen Vertretern des
politischen Islam und seinen Gegnern ist der Austausch zwischen den
Maghreb-Staaten auf ein Minimum gesunken. „Die libysche Gastfreundschaft
hat mich sehr beeindruckt“, so Wael Naouar, einer der Sprecher und
Mitbegründer der Soumoud-Initiative.
„Vielleicht ist ja egal, wie weit wir kommen“, sagt der Ingenieur Mohammed
aus Algier, „schon jetzt ist aus der Aktion eine regionale Bewegung
geworden. Das Grauen in Gaza hat dazu geführt, dass die lähmende Isolation
der letzten Jahre zwischen unseren Ländern hinterfragt wird.“
Doch vorerst wird vor allem die politische Haltung der Regierenden
deutlich. Die Soumoud-Karawane ist Teil des „Globalen Marsches für Gaza“.
4000 Mitstreiter:innen aus 32 Ländern hatten sich angekündigt und waren
am Donnerstag per Flugzeug auf dem Weg nach Kairo. Die letzten 50 Kilometer
wollten sie zusammen mit den Teilnehmern der Soumoud-Karawane zu Fuß an die
Gaza-Grenze gehen, um medienwirksam auf die Lage in Gaza aufmerksam zu
machen.
Doch die ägyptischen Behörden setzten 88 aus Algerien, Frankreich und der
Türkei ankommende Aktivisten gleich in den nächsten Flieger in die Heimat,
mindestens 100 Menschen befinden sich in Abschiebehaft. Beamte hatten die
ankommenden Flugzeuge regelrecht umzingelt und nach möglichen
Teilnehmer:innen der Gaza-Solidaritäts-Aktion durchsucht. Wer es
dennoch bis in die Innenstadt von Kairo geschafft hatte, wurde spätestens
in Ismailia, der Grenze zur Sinai-Halbinsel, gestoppt. Dort bewarfen
offenbar aufgehetzte Bewohner die aus diversen Ländern stammenden
Aktivisten mit Wasserflaschen und Steinen. Beamte konfiszierten Reisepässe
und verhafteten dutzende Teilnehmer:innen.
Auch [3][Paul Murphy, ein irischer Parlamentsabgeordneter, wurde in einem
Polizeifahrzeug abtransportiert]. Er hatte wie viele andere mit dem Verbot
der Weiterreise, ähnlich wie in Libyen, aber nicht mit offener Gewalt gegen
Gaza-Sympathisanten gerechnet. „Die ägyptischen Behörden sind offenbar fest
entschlossen, den Marsch auf Gaza zu unterbinden“, sagt er. Viele von
denen, die in Kairo und im libyschen Sirte festhängen, erklärten,
wiederkommen zu wollen. Am Samstagabend findet nun nicht bei Rafah, sondern
in Tunis ein großer Soumoud-Solidaritätsprotest statt. Gaza ist derweil
völlig von der Außenwelt isoliert. Seit Freitag sind aus unbekannten Grund
alle Internetverbindungen unterbrochen.
14 Jun 2025
## LINKS
[1] /Marsch-fuer-Palaestina-in-Tunesien/!6093399
[2] /Wege-aus-der-Krise-in-Libyen/!5994912
[3] https://www.independent.ie/irish-news/politics/irish-citizens-held-in-egypt…
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
Gaza
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Gaza
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