| # taz.de -- Sohn des letzten Schahs: Kronprinz oder Figur der Vergangenheit | |
| > Reza Pahlavi will den Iran regieren. Bei den Monarchie-Fans in Iran | |
| > dürfte das Nostalgie auslösen. Für viele andere im Land gilt er als | |
| > Spalter. | |
| Bild: Reza Pahlavi versucht sich in Stellung zu bringen sollte es zum Machtwech… | |
| Berlin taz | „Ich habe mit Menschen aller Schichten im Iran gesprochen“, | |
| verkündete Reza Pahlavi kürzlich auf einer Pressekonferenz in Paris, | |
| während die Spannungen zwischen Israel und Iran eskalierten. Im | |
| exiliranischen Sender Iran International forderte er die Bevölkerung auf, | |
| das „geschwächte Regime“ zu stürzen. Einen Bürgerkrieg schloss er aus �… | |
| habe einen Plan für die ersten 100 Tage nach dem Umsturz. | |
| Reza Pahlavi, 64, Sohn des letzten Schahs Mohammad Reza Pahlavi, lebt seit | |
| der Revolution von 1979 im US-amerikanischen Exil. Während ihn seine | |
| Anhängerschaft nach wie vor als „Kronprinz“ feiert, blieb er für viele | |
| Iraner:innen seiner Generation politisch irrelevant. Jahrzehntelang | |
| verkörperte er vor allem das, was Monarchisten in ihm sehen wollten: das | |
| Symbol einer untergegangenen Dynastie und Nostalgie einer vermeintlich | |
| glorreichen Vergangenheit. | |
| Dass niemand aus seiner Familie als Thronfolger infrage kam – weder seine | |
| Schwester Leila noch sein Bruder Alireza, beide durch Suizid gestorben, | |
| zeigt die patriarchalen Strukturen seiner Anhängerschaft. Eine innere | |
| Erneuerung? Undenkbar. | |
| Mit dem Aufstieg exiliranischer Satellitensender wie Manoto und Iran | |
| International begann Pahlavi, sich als politische Führungsfigur zu | |
| inszenieren. Sie schufen eine Bühne, auf der er nicht nur als Monarchist, | |
| sondern zunehmend als „Oppositionsführer“ auftrat – ohne sich je klar zu | |
| positionieren. Fragen nach seiner Haltung zu Republik oder Monarchie umging | |
| er konsequent. Sein Verhältnis zu Frauen, [1][queeren Menschen] oder | |
| ethnischen Minderheiten im Iran bleibt unklar bis ablehnend. Gerade diese | |
| Gruppen – zentral für die heutige Protestbewegung – begegnen ihm mit | |
| Misstrauen oder Ablehnung. Feministinnen, Linke, Aktivist:innen aus | |
| Belutschistan, Kurdistan oder Ahvaz – ihre Stimmen wurden in den Sendern, | |
| die Pahlavi stützen, konsequent marginalisiert. | |
| ## Israels Angriff auf Iran kommentierte er nicht kritisch | |
| Als sich im Herbst 2022 mit dem Slogan [2][Jin, Jiyan, Azadî] („Frau, | |
| Leben, Freiheit“) die progressivste Protestbewegung der letzten Jahrzehnte | |
| im Iran formierte, war Pahlavi wieder präsent – allerdings im Widerspruch | |
| zur Bewegung. Während die Parole kurdischen Ursprungs sich schnell im | |
| ganzen Land verbreitete, präsentierte seine Anhängerschaft ein Gegenmotto: | |
| „Mard, Mihan, Abadi“ („Mann, Heimat, Entwicklung“). Ein symbolischer | |
| Rückfall in nationale Männlichkeitsideale. | |
| Pahlavi selbst trat vor die Kamera, hinter ihm Sticker der Iran-Flagge aus | |
| der Zeit seines Vaters, und erklärte, er werde nicht mit „Separatisten“ | |
| sprechen – gemeint waren Kurd:innen, Belutsch:innen und Araber:innen, | |
| die für Selbstbestimmung kämpfen. Dass gerade sie zu den am stärksten | |
| organisierten Oppositionskräften im Iran zählen, scheint ihn weniger zu | |
| beunruhigen als ihre Existenz. | |
| Die Geschichte holt ihn immer wieder ein: Sein Großvater hat Qazi Mohammad, | |
| den Mitgründer der kurdischen Autonomiebewegung, jahrelang bekämpft und | |
| sein Vater hat ihn hingerichtet. Sein Vater bekämpfte jede Form von | |
| föderaler Selbstverwaltung mit Gewalt. Dass diese Wunden bis heute offen | |
| sind, scheint Pahlavi nicht zu sehen – oder zu ignorieren. | |
| [3][Dass Israel zwei Wochen lang Irans Lufthoheit praktisch außer Kraft | |
| setzte], kommentierte er nicht kritisch. Stattdessen sah er in der | |
| Eskalation eine Chance für einen Machtwechsel und rief von Paris aus zur | |
| Mobilisierung auf, während viele im Iran ums Überleben kämpfen. Zwar betont | |
| Pahlavi regelmäßig seine Treue zur „territorialen Integrität“ Irans – … | |
| Begriff aus dem Völkerrecht. Doch er nutzt ihn als politisches Werkzeug, um | |
| ethnische Minderheiten zu unterdrücken. Es geht ihm nicht um das Prinzip, | |
| sondern um Kontrolle. | |
| So bleibt ein Bild zurück, das zunehmend Risse bekommt. Reza Pahlavi wird | |
| von immer mehr Iraner:innen nicht als Integrationsfigur, sondern als | |
| Spalter wahrgenommen. Sein Schweigen zu kolonialen Kontinuitäten, sein | |
| Ausweichen vor zentralen Fragen der Gleichberechtigung, sein Ignorieren der | |
| Forderungen von Minderheiten – all das macht ihn zu einer Figur der | |
| Vergangenheit in einer Bewegung, die nach Zukunft verlangt. | |
| 24 Jun 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Mina Khani | |
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