# taz.de -- Die Zukunft der Freien Radios: Bald abgeschaltet | |
> Die nichtkommerziellen Freien Radios in Berlin und Brandenburg sind ab | |
> 2026 nicht mehr über Ultrakurzwelle zu hören. Der Bundesverband übt | |
> Kritik. | |
Bild: Bald könnte die „On Air“-Leuchte vielerorts nicht mehr leuchten | |
An der Antenne wackeln, am Regler drehen, Rauschen, Musik, Rauschen – bis | |
der richtige Sender drin ist. So läuft das bei [1][der guten alten | |
Ultrakurzwelle] (UKW). Wer über diesen Weg in der Hauptstadt und Umgebung | |
nichtkommerzielle, sogenannte freie Sender reinbekommen will, wird sie ab | |
2026 nicht mehr finden. Denn die Freien Radios Berlin-Brandenburg, darunter | |
Studio Ansage aus Berlin sowie Frrapó aus Potsdam, senden ab 1. Januar | |
kommenden Jahres nicht mehr über UKW. Das Gleiche gilt für das Berliner | |
Bürgerradio Alex. | |
Das hat die Medienanstalt Berlin-Brandenburg Anfang Mai endgültig | |
entschieden. Zuvor hatte sie die Frequenzen (88,4 in Berlin und 90,7 in | |
Potsdam) neu ausgeschrieben. Gewonnen haben private Musiksender, das | |
kommerzielle Jazz FM und [2][das Internetradio Byte FM]. Weiterhin hören | |
können wird man die Freien Radios wie schon jetzt über das digitale DAB+ | |
und online im Livestream. | |
Trotzdem nennt die Radioaktivistin Niki Matita vom Dachverband der Freien | |
Radios Berlin-Brandenburg, in dem 15 Radios organisiert sind, [3][das | |
UKW-Ende eine Katastrophe]. „Es ist unser wichtigster Ausspielweg. Wir | |
haben Angst, durch die Abschaltung unsere Hörendenschaft zu verlieren, die | |
wir über lange Zeit aufgebaut haben.“ Matita glaubt nicht, dass | |
Hörer:innen einfach auf DAB+ oder den Livestream umsteigen. | |
Die Sorge ist nicht unberechtigt. Zwar wächst die Zahl von DAB+-Geräten | |
bundesweit stetig. Doch viele Menschen hören weiterhin Radio über ein | |
UKW-Gerät, das ohnehin in der Küche oder auf der Baustelle steht. Wenn | |
Sender nicht mehr auf UKW senden, kann das besonders für kleine | |
nichtkommerzielle Radios bedeuten, dass sie Hörer:innen verlieren. Das | |
hat eine Studie im Auftrag der bayerischen Medienanstalt 2023 belegt. | |
## Digital ist nicht besser | |
Überraschend kommt das UKW-Ende für die Freien Radios in Berlin und | |
Brandenburg allerdings nicht. Die Landesmedienanstalt hatte schon 2023 | |
erklärt, alle „nichtkommerziellen Lokalradios“, zu denen die Freien | |
gehören, ganz auf DAB+ umsiedeln zu wollen. Perspektivisch sollen alle | |
Radiosender in der Region auf das digitale Signal umziehen. | |
In anderen Bundesländern läuft das ähnlich. Schleswig-Holstein will | |
perspektivisch UKW abschalten und bis 2031 komplett auf DAB+ umgestiegen | |
sein. DAB+ hat Vorteile: eine höhere Reichweite, kein Rauschen, geringere | |
Betriebskosten. Um das digitale Signal zu empfangen, braucht man aber ein | |
spezielles, DAB-fähiges Radiogerät. | |
Für Marianne Ballé Moudoumbou vom Freien Radio Potsdam ist die Abschaltung | |
auf UKW ein schwerer Schlag gegen die Vielfalt der regionalen | |
Radiolandschaft. Sie ist Teil der Redaktion der panafrikanischen Sendung | |
„Mboa’su“ (Douala für „Unser Zuhause“), die in über 30 Sprachen | |
ausgestrahlt wird. „Das ist eine Vielfalt von Perspektiven, die es sonst | |
nirgendwo gibt“, sagt Moudoumbou. „Unsere Hörer:innen haben alle | |
UKW-Geräte.“ Die Sendung lebe davon, dass Hörer:innen zufällig ihre | |
Sprache im Radio hören und hängen bleiben. | |
Kristian Kunow von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg begründet das | |
UKW-Aus für die Freien Radios auf taz-Anfrage vor allem mit den Kosten. Man | |
habe sich für DAB entschieden, weil es zukunftsfähiger sei. Zudem hätten | |
die Freien Radios die Möglichkeit gehabt, sich auf ihre neu | |
ausgeschriebenen UKW-Frequenzen zu bewerben und den Ausspielweg selbst zu | |
finanzieren. | |
## Kritik vom Bundesverband der Freien Radios | |
Im Gegensatz zu kommerziellen Sendern finanziert allen Freien Radios die | |
jeweilige Landesmedienanstalt die Übertragungskosten. Überhaupt | |
funktionieren Freie Radios anders als andere Privatsender. Sie sind aus der | |
Piratenradiobewegung der 1970er hervorgegangen, teilen politische Werte, | |
die in einer Charta festgeschrieben sind. Alle Sendungen entstehen | |
ehrenamtlich. | |
Daher kritisiert der Bundesverband Freier Radios die Entscheidung der | |
Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg und fordert, den Berliner und | |
Brandenburger Radios weiter UKW und DAB+ zu bezahlen. Freie Radios stünden | |
par excellence für den Auftrag der Medienanstalten, Medienkompetenz zu | |
fördern und den demokratischen Zugang zum Rundfunk zu ermöglichen, heißt | |
es. | |
22 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Amira Klute | |
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