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# taz.de -- Die Wahrheit: Herren des Ostens
> Herrentagsauflug nach Mecklenburg. Was für eine schöne westfälische
> Tradition mit Höcke-Schwänen und braunen Vögelchen!
Ist es eigentlich politisch korrekt, wenn vier Urwestfalen einen
gemeinsamen Herrentagsausflug nach Ostdeutschland unternehmen? Das sind ja
so Fragen, wie man sie nach hinreichendem Alkoholkonsum auf einem
Herrentagsausflug erschöpfend erörtern kann.
„Herrentag“ gab es in unserer Kindheit im Westen ja gar nicht. Der ist für
uns so ostdeutsch wie Nudossi, Jugendweihe oder Björn Höcke. Bei uns gab es
höchstens einen Vatertag, den meine Mutter aber als neumodischen Quatsch
ablehnte.
Anders als der Muttertag, eine gute deutsche Tradition, den gab es
schließlich schon immer, sagte meine Mutter. Die 1930 geboren wurde, exakt
sieben Jahre, nachdem der Muttertag erstmals in Deutschland eingeführt
wurde, und zwar vom Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber. Die die Idee
aus den USA übernommen hatten, wo der Muttertag 1907 erfunden wurde. Und
heute wird die urdeutsche Muttertagstradition besonders von denen
hochgehalten, die sonst bei jeder Gelegenheit über das von der
Amerikanisierung unserer schönen deutschen Kultur zeugende, nur aus
kommerziellen Gründen von finsteren Geschäftemachern erfundene Halloween
schimpfen. Das ist ja fast so, als würde ein aus dem westfälischen Lünen
stammender Nazi wie Höcke als ostdeutsch durchgehen!
## Ist das noch politisch korrekt?
Und jetzt also machen wir vier Nordrhein-Westfalen einen Herrentagsausflug.
Ist das noch politisch korrekt? Oder schon Cultural Appropriation? Sind die
Ostdeutschen deshalb so übellaunig, weil wir Westler ihnen jetzt auch noch
den Herrentag wegnehmen? Aber halten gerade die besonders Übellaunigen der
Ostdeutschen nicht jede Debatte über politische Korrektheit und Cultural
Appropriation für woken Unsinn, der sie nur noch übellauniger macht? Wie
gesagt, das sind so Fragen, wie man sie nach hinreichendem Alkoholkonsum
auf einem Herrentagsausflug erschöpfend erörtern kann.
Wir starten in Rechlin an der Müritz. Es ist wichtig, „die Müritz“ zu sag…
und nicht „der Müritz-See“, sonst werden die Ostdeutschen noch übellaunig…
und wählen noch mehr AfD.
Drei von uns leben seit Jahrzehnten in Berlin, also im Osten, der vierte in
Baden-Württemberg. Unsere Touren sind für ihn immer wie eine Safari. Er
will Nazis sehen. Am Ufer hören wir einen Schilfrohrsänger. Ein
penetrantes, selbstredend braunes Vögelchen, das den ganzen Tag laut vor
sich hin wutbürgert. Wenn man genau hinhört, kann man es auch verstehen:
„Nichts darf man mehr sagen!“, brüllt es, und: „Die verdammten Systemmed…
wollen uns doch alle nur verarschen! Mein Name ist übrigens Julia Ruhs.“ Am
Steg gleitet neugierig ein Schwan vorbei. Ein Höcke-Schwan! Der Westfale
aus Schwaben ist zufrieden.
Wir machen uns zum Frühstück ein Bier auf. Herrentagsauflug nach
Mecklenburg. Was für eine schöne westfälische Tradition. Nächstes Jahr sind
wir wieder dabei.
13 Jun 2025
## AUTOREN
Heiko Werning
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Schwerpunkt Ostdeutschland
Vatertag
Mecklenburgische Seenplatte
NRW
Schwerpunkt AfD
Friedrich Merz
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Friedrich Merz
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