# taz.de -- Euro-Einführung in Bulgarien: In Sofia soll alles bleiben, wie Mos… | |
> Vor der Euro-Einführung kursieren in Bulgarien Falschmeldungen, die davor | |
> Angst machen sollen. Dahinter könnte Russland stecken. | |
Bild: Demonstranten rufen regierungsfeindliche Parolen während eines nationali… | |
Bulgarien steht vor einem Meilenstein: Mit Jahresbeginn 2026 soll der Euro | |
die nationale Währung Lew ablösen. Während die technischen Voraussetzungen | |
für den Beitritt zur Eurozone weitgehend erfüllt sind, gewinnt der | |
Widerstand durch gezielte Desinformation an Dynamik. | |
Die rechtsextreme Partei Wasraschdane („Wiedergeburt“), die bei der letzten | |
Parlamentswahl auf knapp 16 Prozent kam, führt den Widerstand an. Im März | |
reichte sie gemeinsam mit zwei weiteren Rechtsparteien einen Antrag auf ein | |
Referendum zur Beibehaltung des Lew ein – nachdem ein früherer Versuch | |
2022/2023 mit 590.000 Unterschriften an rechtlichen Hürden gescheitert war. | |
Auch innerhalb der Regierungskoalition gibt es Gegenstimmen. Die | |
Moskau-freundlichen Sozialisten (BSP) sind skeptisch, während sich die | |
Rechtspopulisten von „Es gibt ein solches Volk“ klar gegen den Euro | |
stellen. Die größte Regierungspartei, Bürger für die europäische | |
Entwicklung Bulgariens (GERB) unter Langzeitpremier Bojko Borissow, hält am | |
Euro fest. Mit der Budgetvorstellung im März wird Bulgarien voraussichtlich | |
die Maastricht-Kriterien einhalten – eine Hürde, an der die Euro-Einführung | |
zuvor zweimal gescheitert war. | |
Die Gegner greifen zu drastischen Methoden. Im Februar attackierten | |
Wasraschdane-Anhänger das Gebäude der Europäischen Kommission in Sofia. | |
Parteichef Kostadin Kostadinov behauptete trotz geringer Teilnehmerzahl, | |
Tausende Menschen hätten teilgenommen. Ende April hat die Partei einen | |
Partnerschaftsvertrag mit Putins „Einiges Russland“ unterzeichnet. | |
## Kroatien als Negativbeispiel | |
„Die Desinformationskampagnen zum Euro folgen klaren Mustern“, erklärt | |
Ralitsa Ficheva vom Onlinemedium factcheck.bg. „Besonders verbreitet ist | |
die falsche Behauptung, dass die EU-Beitrittsbedingungen Brüssel erlauben | |
würden, auf persönliche Ersparnisse und Rentengelder zuzugreifen.“ Ein | |
zentrales Element ist auch die Darstellung Kroatiens als Negativbeispiel, | |
wo der Euro 2023 eingeführt wurde. Ein von Wasraschdane veröffentlichtes | |
Video, in dem Kroat*innen Unzufriedenheit mit der Verteuerung äußern, | |
wurde Hunderttausende Male angesehen – obwohl Experten betonen, dass | |
Kroatiens Inflation vor allem auf interne Faktoren zurückzuführen ist. | |
Verbreitet wird auch die Falschmeldung, dass Bulgarien seine | |
Währungssouveränität verlieren würde – obwohl der Lew bereits seit 1997 an | |
den Euro gebunden ist – und dass das Land seine Stimme in der EU verlieren | |
würde. Auch die Behauptung, Bulgarien würde dem griechischen Szenario | |
folgen, weil die Inflationsdaten „gefälscht“ seien, verbreitet sich laut | |
Ficheva schnell. Diese Narrative verfangen: Besonders ältere und | |
einkommensschwache Personen zeigen sich laut Umfragen zunehmend | |
euroskeptisch. | |
Bulgarien gilt als besonders anfällig für Desinformation, bedingt durch die | |
starke gesellschaftliche Polarisierung zwischen EU- und Russlandanhängern, | |
äußerst niedriges Vertrauen in die Medien und die instabile politische | |
Situation mit sieben Parlamentswahlen seit 2021. | |
Die Quellen der Desinformation liegen laut Expert*innen vor allem in | |
Russland. Hunderte Websites verbreiten demnach gezielt prorussische | |
Narrative, bulgarische Medien wiesen zudem Geldflüsse in Millionenhöhe | |
nach. Wozu das Ganze? Der Euro-Eintritt bedeutet eine engere EU-Integration | |
Bulgariens – und das läuft Moskaus Interessen zutiefst zuwider. | |
15 May 2025 | |
## AUTOREN | |
Florian Bayer | |
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