| # taz.de -- 1. Mai Demo: Revolutionäre ohne Polizei | |
| > Die größte linksradikale Demo des Landes zieht wieder die Massen an – die | |
| > Polizei hält sich raus. Ein Bericht über Party, Rap und Daniela Klette. | |
| Bild: Der Südstern in Kreuzberg: Start – und Endpunkt der Demo | |
| Berlin taz | Die Revolutionäre 1. Mai-Demo ist am Abend in Berlin-Neukölln | |
| nahezu ohne Zwischenfälle beendet worden. Die Polizei sprach von 22.000, | |
| die Organisator:innen von mehr als 30.000 Teilnehmer:innen – es | |
| wäre die größte Beteiligung in der Geschichte der Demo, die seit 1988 zum | |
| Tag der Arbeit durch Berlin zieht. Und es war wohl die friedlichste. Die | |
| Polizei spricht von etwa 10.000 Teilnehmenden. | |
| Schon ab 16.30 Uhr herrscht Partystimmung vor der Bühne am Südstern, auf | |
| der mehrere Deutschrap-Crews auftreten, darunter PTK und Sechser von | |
| Teuterecordz. Im Publikum, im Schnitt 20 Jahre alt, tanzen gut trainierte | |
| junge Männer, einige mit Insignien kommunistischer Jugendgruppen, im | |
| Moshpit. | |
| Ruhig wird es auf dem Platz, als eine Rede von „unserer Freundin und | |
| Genossin Daniela Klette“ angekündigt wird, die „aus unerfindlichen Gründen | |
| nicht hier sein kann“. Ein Vermummter trägt die Grußbotschaft der | |
| Inhaftierten vor, in der Klette sagt: „Wirkliche Befreiung ist nur durch | |
| die Überwindung von Kapitalismus und Patriarchat zu erreichen.“ | |
| Applaus brandet auf, als sie einen Stopp deutscher Waffenlieferungen nach | |
| Israel fordert. In Deutschland finde „Sozialanbau zur Finanzierung der | |
| Militarisierung“ statt, so Klette. Doch es gebe „Mauern, die das Denken | |
| gefangen halten“. Schließlich sendet sie Grüße an linke Inhaftierte und | |
| sagt in Richtung ihrer untergetauchten Genossen der RAF: „Liebe und Kraft | |
| für Volker und Burkhard.“ | |
| ## Polizei nicht zu sehen | |
| Ab 18 Uhr steht die Demo zum Abmarsch bereit. Vorneweg der | |
| antimilitaristische Block vom Bund der Kommunist:innen, dicht an dicht | |
| stehend, alle mit roter Fahne über der Schulter. Die meist sehr jungen | |
| Genoss:innen vertreiben sich die Zeit mit dem Singen von | |
| Arbeiterliedern. „Seht ihr die Fahnen wehen“ und die „Internationale“ h… | |
| es über den Südstern. Vor dem Block posieren aufgestylte Party-Girls für | |
| ihre Insta-Storys. | |
| Von einem Wohnhaus steigen Raketen in die Höhe, das wird mit Applaus | |
| belohnt. „Hoch die internationale Solidarität“ hallt es aus dem roten | |
| Block. Kurdische Jugendliche rufen „PKK! PKK!“ und halten Banner mit dem | |
| Porträt von Öcalan hoch. Roter Rauch weht aus dem Block. Erst 18.45 Uhr | |
| setzt sich der Zug langsam in Bewegung. | |
| Wie zuvor angekündigt, hält sich die Polizei, die mit etwa 3.000 | |
| Einsatzkräften vor Ort ist, von Beginn an zurück, begleitete die Demo nur | |
| von vorne und von hinten, verzichtet auf ein seitliches Spalier. Vermummung | |
| und Pyrotechnik wurde vorab als Eingriffsgrund ausgeschlossen. | |
| Im Ergebnis gibt es einen Demozug, der sich eine Dreiviertelstunde zieht, | |
| ohne dass irgendwo Polizei zu sehen ist. Die Deeskalationsstrategie der | |
| Polizei hat ausgerechnet unter einem schwarz-roten Senat ihren Höhepunkt | |
| erreicht. Andererseits: Von der Militanz früherer Jahre ist auch nichts | |
| mehr übrig. | |
| ## Vielfalt der Themen | |
| Einzig ein pro-palästinensischer Block läuft später mit polizeilicher | |
| Begleitung, die nach einem Wurf von vereinzelten Gegenständen nahe an die | |
| Demonstrant:innen heranrückt. Erst ganz am Ende geht die Polizei dann | |
| doch noch in den Block, es kommt zu Handgreiflichkeiten und vereinzelten | |
| Festnahmen. Per Auflagen waren zuvor bestimmte Parolen und Symbole im | |
| Zusammenhang mit dem Krieg in Nahost verboten worden. | |
| Doch anders als im vergangenen Jahr ist Palästina kein dominierendes Thema. | |
| Der Zug unterteilt sich in sechs wahrnehmbare inhaltliche Blöcke, zwischen | |
| denen sich tausende eher zufällig bewegen. Neben einem feministischen Block | |
| gibt es auch einen der südamerikanischen Community des Bloque | |
| Latinoamericano und einen gegen den geplanten Bau eines Zaunes um den | |
| Görlitzer Park. | |
| Erstmals seit Jahren beteiligt sich auch wieder ein Antifa-Block, mit etwa | |
| 300 Teilnehmer:innen, überwiegend vermummt und in schwarz. Im Vordergrund | |
| steht hier die Solidarität mit all jenen Antifaschist:innen, die etwa wegen | |
| mutmaßlicher Gewaltdelikte am Rande des faschistischen Tags der Ehre 2023 | |
| in Budapest derzeit in Gefängnissen sitzen. Über die ganze Demo wird nicht | |
| nur hier immer wieder Pyrotechnik gezündet. | |
| Gegen 21 Uhr erreichen dann auch die letzten Teilnehmer:innen wieder | |
| den Ausgangspunkt am Südstern. Ein überwiegend positives Fazit können dann | |
| alle ziehen: Die Demonstrierenden und die Polizei. | |
| 1 May 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
| Timm Kühn | |
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