Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wieder im Kino: Das Anderssein inszenieren
> Mal spektakulär realistisch, mal betont künstlich: die Animationsfilme
> „Tim und Struppi“ im Moviemento und „Der fantastische Mr. Fox“ im Ode…
Bild: „Der fantastische Mr. Fox“ (2009)
Seit seiner Erfindung ist das Kino bestrebt, stets so „realistisch“ wie
möglich zu wirken. Statt Stummfilm wollte man den Ton, statt Schwarzweiß
die Farbe, und auch 3D wurde uns immer gepriesen als ein Replikat unserer
natürlichen Seherfahrung. Zwischenzeitlich hatte der Realitätswahn dann
auch die dafür eigentlich unwahrscheinlichste Gattung des Kinos erfasst:
den Animationsfilm.
Die Hintergründe wirkten fotorealistisch, und menschliche Figuren sollten
aussehen und sich bewegen wie reale Menschen. Dazu verwendet man in der
Regel das Motion-Capture- beziehungsweise das
Performance-Capture-Verfahren, mit dem menschliche Gestik und Mimik auf
Animationsfiguren im Computer übertragen werden kann.
In Steven Spielbergs „Die Abenteuer von Tim und Struppi – Das Geheimnis der
‚Einhorn‘“ nach den berühmten Hergé-Comics sind die einzigen
Stilisierungen, die man sich leistet, gerade einmal Tims charakteristischer
Haarschwups und ein paar Knollennasen.
Im Übrigen hat die Verfügbarkeit der „Anything goes“-Tricktechnik den alt…
Bonbonverkäufer Spielberg dazu verführt, in der Geschichte um den
Journalisten Tim, seinen Hund Struppi und den versoffenen Kapitän Haddock,
die auf der Suche nach einem Schatz und der Auflösung eines
Familiengeheimnisses in wilden Abenteuern rund um die Welt jagen, eine
spektakuläre und originelle Actionszene mit der nächsten zu toppen (4.5.,
16 Uhr, [1][Moviemento]).
Völlig anders sieht es in dem auf einem Buch von Roald Dahl beruhenden
Animationsfilm „Der fantastische Mr. Fox“ (2009) von Wes Anderson aus, denn
der Autor und Regisseur von Geschichten mit schwer egozentrischen Figuren
zelebriert dieses Anderssein auf allen inszenatorischen Ebenen.
Die liebevollen Sets wirken wie größenwahnsinnige Laubsägearbeiten, die
Dialoge sind betont künstlich, und die Stop-Motion-Puppenanimation sieht
total sprunghaft aus. Und zwar nicht, weil man das nicht besser hinbekommen
hätte, sondern weil der Regisseur es eben so haben wollte.
Wie fast alle Anderson-Filme handelt auch „Der fantastische Mr. Fox“ von
einem schmerzhaften Prozess langsamer Annäherung: Selbst Mr. Fox, dessen
Egoismus eine ganze Tiergemeinschaft in Gefahr gebracht hat, muss am Ende
anerkennen, dass jede:r nach ihren/seinen Fähigkeiten etwas zur Lösung von
Problemen beitragen kann. Zu sehen im Odeon-Kino in Schöneberg, wo dieser
Tage eine [2][Anderson-Retrospektive] mit Filmen in der Originalfassung
läuft (4.5., 17.15 Uhr, [3][Odeon]).
Die von 1920 bis 1933 währende Prohibitionszeit in den USA, in der
Ausschank und Konsum von Alkohol staatlich verboten wurde, gehört zu den
großen gescheiterten Gesellschaftsexperimenten: Während man also annahm,
dass die Menschen ohne Alkohol nunmehr gesünder und verantwortungsbewusster
leben würden, passierte genau das Gegenteil: Die Leute soffen, als gäbe es
kein Morgen, allerorts schossen die Flüsterkneipen aus dem Boden und das
organisierte Verbrechen erlebte mit Schmuggel und Vertrieb des verbotenen
Stoffes eine Blütezeit.
Es dauerte dann auch gar nicht lange, bis das Kino den neuen „Helden“
Gangster für sich entdeckte. Einen der besten Filme des Genres drehte
Howard Hawks mit „Scarface“ (1932), der nicht ohne Humor und mit
inszenatorischer Brillanz die Geschichte von Aufstieg und Fall des Tony
Camonte (Paul Muni) erzählt, der sich im mafiösen Milieu von Chicago an die
Spitze einer kriminellen Organisation mordet. Angeblich fand auch Al Capone
den Film gut, während die Zensur die durchaus nicht unsympathische
Charakterisierung des Helden monierte – ein schlechtes Beispiel für die
Jugend (4.5., 20.30 Uhr, [4][Filmkunst 66]).
1 May 2025
## LINKS
[1] https://moviemento.de/film/die-abenteuer-von-tim-struppi/
[2] https://www.yorck.de/specials/yes-anderson
[3] https://www.yorck.de/filme/der-fantastische-mr-fox?sort=Popularity&date…
[4] https://www.filmkunst66.de/programm
## AUTOREN
Lars Penning
## TAGS
taz Plan
Kolumne Frisch gesichtet
Filmgeschichte
Filmgeschichte
taz Plan
taz Plan
taz Plan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wieder im Kino: Die Wunder der Natur
Im Union Filmtheater wagt David Attenborough einen Blick in die Zukunft der
Meere. Im Klick Kino würdigt Heinz Emigholz den Baustoff Beton.
Kinotipp der Woche: Andere Helden
Mit seinen Sozialdramen prägte Vittorio de Sica den italienischen
Neorealismus. Eine Hommage würdigt sein Werk als Regisseur – und
Schauspieler.
Wieder im Kino: Lutz, Flip und Pistolen
„Ice Aged“ erzählt von Hingabe und Siegen im Alter, ein Kassenknüller der
Trickfimtechnik wird 100 Jahre alt. Nicht mehr der Zeitgeist: James Bond.
Kinotipp der Woche: Hochzeit und Todesfall
Filmkultur am Schwarzen Meer: Die Bulgarische Filmwoche zeigt neue
Filmhighlights, deren Geschichten bis in die Zeit der Unabhängigkeit
reichen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.