Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Lärmbühne Gehweg
> Wenn auf dem Trottoir alles andere als Ruhe herrscht, dann wird
> regelmäßig ein höchst dramatisches Schauspiel gegeben. Beteiligte? Nicht
> ganz klar …
In unserer Straße, einer schnuckeligen Sackgasse ohne jeden Autoverkehr,
wird seit vielen Jahren ein niemals endendes, höchst dramatisches
Schauspiel mit dem sperrigen Titel „Gehweg aufreißen und dann wieder
zuschütten“ aufgeführt. Die Darsteller tragen alle ähnliche Uniformen, die
Zuschauer sind immer die gleichen und der Eintritt ist frei.
Die täglichen Aufführungen beginnen um exakt sieben Uhr, wenn der
gewöhnliche Erdenbürger noch im wohlverdienten Tiefschlaf liegt. Ein
Presslufthammer eröffnet mit ohrenbetäubendem Lärm das muntere Treiben
direkt unter dem Schlafzimmerfenster. Schaut man hinaus, sieht man Tag für
Tag jene Szene, die manche für ein Klischee halten werden, die aber
wirklich genau so verläuft: Ein Mann im blauen Anton öffnet mit
martialischem Gerät aus unerfindlichen Gründen den Gehweg, vier andere
stehen schweigend und rauchend um ihn herum.
Geredet wird in dieser Szene nicht, man würde ja ohnehin nichts verstehen.
Möchte man als Anwohner wissen, was die Akteure da unten eigentlich
treiben, hat man nicht die geringste Chance: Von oben rufen geht nicht, es
ist zu laut, nach unten rennen und fragen geht auch nicht, weil die
Bauarbeiterdarsteller dann plötzlich wie von Geisterhand verschwunden und
unauffindbar sind. Erst wenn man eine Minute später wieder oben aus dem
Fenster schaut, geht das lustige Gehwegaufreißspiel lautstark weiter.
Nach etwa einer Stunde kehrt urplötzlich eine fast schon unangenehme Ruhe
ein – man hat ständig Angst, dass die Stille nur vorgetäuscht ist und sich
alsbald wieder in einen schrecklichen Lärm verwandeln wird. Doch die Männer
sind tatsächlich verschwunden.
## Aufwachen vor Angst schon um sechs Uhr
Rund vier Wochen lang geht das so. Nach ein paar Tagen wacht man als
Anwohner vor lauter Angst schon um sechs Uhr auf und zählt die Minuten, bis
es unweigerlich wieder sieben wird. Dann nimmt das Martyrium erneut seinen
Lauf. Und absolut verlässlich schütten die Männer tagein, tagaus den Graben
wieder zu und gehen unbescholten ihrer Wege.
Schließlich kehrt Ruhe ein. Zumindest für zwei bis drei Wochen, denn nun
wird das immer gleiche Stück erneut aufgeführt. Stets ab Montag.
Verlässlich um sieben Uhr. Das geht nun schon seit Jahren so. Gehweg auf,
Gehweg zu, einfach so.
Einzig an den Wochenenden sind die Bauarbeiter – oder sind es doch
Schauspieler? – nicht anzutreffen. Doch wer glaubt, wenigstens dann
herrsche Ruhe, der irrt. Zumindest an den Samstagen nämlich wird seit
Jahren ein anderes und nicht weniger furchteinflößendes Stück aufgeführt.
Es heißt „Die tanzenden Schlagbohrer“. Die Akteure nennen sich Hilti,
Metabo, Black & Decker oder Bosch und treten am liebsten in der Wohnung
über, unter oder neben einem auf. Gern allerdings auch schon mal um sechs
Uhr morgens. Aber das ist eine andere laute Geschichte.
6 May 2025
## AUTOREN
Wolfgang Weber
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Straßenbau
Bauen
Schauspieler
Straßen
Straßenlärm
Gehwege
Pep Guardiola
Prominente
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Weg mit Pep!
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit: Heute darf sich die
Leserschaft an einem Poem über den notwendigen Abgang des Bayern-Trainers
erfreuen.
Die Wahrheit: Animalisches Image
Prominente und ihre Haustiere sind seit Menschengedenken ein dankbares
Thema für die „Yellow Press“ und damit natürlich auch für uns.
die wahrheit: Länder am Arsch
Nach Indien und Pakistan,werd ich nie in Urlaub fahrn. China, Japan,
Indonesien? Bin ich niemals nicht gewesien!
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.