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# taz.de -- Politischer Prozess in Tunesien: 13 bis 66 Jahre Haft für mehrere …
> Laut Staatsanwaltschaft sollen sie den Sturz des autoritären Präsidenten
> Kais Saied geplant haben. Die Anwälte der Verurteilten kritisieren die
> Intransparenz des Verfahrens und halten es für unrechtmäßig.
Bild: Der Justizpalast in Tunis – laut der Anwälte der verurteilten Oppositi…
Tunis epd/afp | In Tunesien sind laut der staatlichen Nachrichtenagentur
TAP mehrere Oppositionelle im sogenannten Staatsstreich-Prozess zu langen
Haftstrafen verurteilt worden. Das Strafmaß belaufe sich auf 13 bis 66
Jahre, berichtete TAP am frühen Samstagmorgen. Details über die Strafen für
einzelne Angeklagte waren zunächst nicht bekannt. Am Freitag war vor einem
Gericht in der tunesischen Hauptstadt Tunis der dritte Prozesstag zu Ende
gegangen.
[1][In dem Verfahren, das von Menschenrechtlern kritisiert wird, waren
ursprünglich 40 Personen angeklagt], darunter Anwälte,
Oppositionspolitiker, Geschäftsleute und Medienschaffende. Die
Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, den Sturz von Präsident Kais Saied
geplant zu haben. Sechs prominente Oppositionelle wurden bereits im Februar
2023 festgenommen. Sie saßen seitdem in Untersuchungshaft.
Das Verfahren war von Intransparenz geprägt. In den drei Sitzungen des
Gerichts seit Anfang März wurde weder die ganze Anklageschrift verlesen,
noch kamen die Angeklagten zu Wort. Am Freitag blieb unklar, ob nach einem
rechtlichen Einwand von drei der Angeklagten diese noch Teil des Verfahrens
waren.
Das Verfahren widerspricht nach Einschätzung der Anwälte der Angeklagten
jeglichem rechtmäßigen Vorgehen. Auf einer spontan einberufenen
Pressekonferenz am Freitag drückten mehrere der Verteidiger ihr Erstaunen
und ihre Empörung über die Vorgehensweise des Gerichts aus. „Offenbar
beziehen sie sich auf uns unbekannte Gesetzestexte“, sagte Anwalt Youssef
Beji und prangerte mehrere Verletzungen der Strafprozessordnung an. Nach
nur 30 Sekunden Verhandlung über den Inhalt habe der Vorsitzende Richter
entschieden, dass das Gericht ein Urteil fällen werde.
Am Freitag wurde unter nahezu komplettem Ausschluss der Öffentlichkeit
verhandelt. Nur ein Angehöriger pro Angeklagten wurde zugelassen. Etlichen
tunesischen und ausländischen Medienschaffenden, Vertretern der
Zivilgesellschaft und Diplomaten wurde von Sicherheitskräften der Zugang
zum Gericht verwehrt. „Es erweckt den Anschein, dass man vor dem
tunesischen Volk verbergen wolle, was im Gericht passiert“, sagte Anwalt
Beji.
Die Familien und Anwälte der Inhaftierten argumentieren, das Verfahren
diene dazu, ein Exempel zu statuieren und kritische Stimmen
einzuschüchtern. Die Anklage fuße ausschließlich auf Falschaussagen
anonymer Zeugen, die Vorwürfe seien haltlos.
Auch der Menschenrechtsaktivist und ehemalige Minister Kamel Jendoubi, der
in Abwesenheit vor Gericht gestellt wurde, kritisierte den Prozess scharf.
„Dies ist kein Urteil der Justiz, sondern ein politischer Erlass, der von
Richtern auf Befehl von mitschuldigen Staatsanwälten und von einem
Justizminister vollstreckt wurde“, die allesamt einem „paranoiden
Autokraten“ dienen, sagte er mit Blick auf den Präsidenten.
Tunesien war das einzige Land, das als Demokratie aus den Aufständen des
Arabischen Frühlings im Jahr 2011 hervorging. Unter Saied erfolgte jedoch
eine Autokratisierung. Der Staatschef trieb eine Verfassungsänderung voran,
die ihm deutlich mehr Macht verlieh. [2][Seitdem geht er zunehmend
autoritär gegen seine Kritiker vor.] Menschenrechtsaktivisten und
Oppositionelle prangern einen Rückschritt der Freiheit in Tunesien an.
19 Apr 2025
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