Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wieder im Kino: Tod und Erotik
> Das Babylon Mitte zeigt zu Ostern „Ben Hur“, eine kleine Reihe mit Filmen
> von Ettore Scola und Vittorio de Sica. Etwas düsterer: „The Lighthouse“.
Bild: „The Lighthouse“ (2019), Regie: Robert Eggers
Am kommenden Wochenende ist Ostern, und als beliebtes Filmprogramm für die
Feiertage müssen von jeher die klassischen amerikanischen Historienfilme
mit vagem christlichen Bezug herhalten: „Quo vadis?“, „Das Gewand“ und …
Hur“ bieten ordentlich Action, größenwahnsinnige römische Kaiser und ein
gewisses Maß an zeitgemäßer Christenverfolgung.
Wer der Tradition gerne folgen möchte (also nicht der Verfütterung von
Christen an die Löwen, sondern dem Ansehen von römischen
Historienschinken), wäre in diesem Jahr sehr gut mit der Stummfilmvariante
von „Ben Hur“ (1925) bedient, einem für damalige Verhältnisse extrem
aufwändigen und teuren Film, der die zweifellos bekannte Geschichte der
einstigen Freunde und späteren tödlichen Rivalen Judah Ben Hur (Ramón
Novarro) und Messala (Francis X. Bushman) im römisch besetzten Jerusalem
erzählt, die auch in der Stummfilmvariante in einem spektakulären
Wagenrennen kulminiert.
Zu sehen ist „Ben Hur“ im Rahmen der Reihe Stummfilm um Mitternacht, der
Eintritt ist frei, und Anna Vavilkina sorgt für musikalische Begleitung an
der Kinoorgel (19.4., 23.59 Uhr, [1][Babylon Mitte]).
Eine kleine Doppelreihe mit Werken der italienischen Regisseure Ettore
Scola und Vittorio de Sica wird mit „Una giornata particolare“ (1977)
eröffnet, einem von Scolas besten Filmen. Erzählt wird von der Begegnung
der naiven Hausfrau Antonietta (Sophia Loren) mit dem Nachbarn Gabriele
(Marcello Mastroianni) im Rom der 1930er Jahre.
Während Mussolini zu Ehren eines Besuchs von Adolf Hitler eine pompöse
Parade veranstalten lässt, erfährt Antonietta, dass der ehemalige
Radiojournalist Gabriele seinen Job aufgrund seiner Homosexualität verloren
hat. Der Film lebt vom Kontrast des ruhig gestalteten Dramas im nahe zu
ausgestobenen Häuserblock mit den verlogenen Feierlichkeiten, die man als
Hintergrund im Radio miterlebt. Zur Eröffnung der Filmreihe ist Scolas
Tochter Silvia Scola für ein Hintergrundgespräch anwesend (17.4., 19.30
Uhr, [2][Babylon Mitte]).
Wenn man als junger Erwachsener die Berufswahl zu treffen hat, steht man
vor der wahrlich folgenschweren Entscheidung, die Interessen und eigene
Charaktereigenschaften halbwegs in Einklang bringen zu müssen. Möchte man
beispielsweise Vertreter an der Haustür werden, wäre eine gute
Kommunikationsfähigkeit sicher von Vorteil.
Mir persönlich sagte ja eher der Beruf des Leuchtturmwärters zu:
Gelegentlich die Optik putzen und ansonsten aufs Meer schauen, das hätte
mir schon gefallen. Aber leider hatte man die meisten Leuchttürme schon
automatisiert, und da wurde ich dann stattdessen Filmkritiker. Vermutlich
war die Sache mit den Leuchttürmen sowieso nur eine romantische
Vorstellung.
So gar nicht romantisch geht es nämlich in Robert Eggers' reichlich
verstörendem Film „The Lighthouse“ (2019) zu, den der Regisseur in düster…
Schwarzweiß und dem alten, hier äußerst klaustrophobisch wirkenden
1,19:1-Normalformat gedreht hat: Zwei Leuchtturmwärter (Willem Dafoe und
Robert Pattinson) treten Ende des 19. Jahrhunderts ihre vierwöchige Schicht
auf einer abgelegenen Insel an und geraten zusehends aneinander.
Denn der Film erzählt von einer von widrigen Elementen beherrschten
Mini-Welt ohne Privatsphäre: Ständig beobachten und belauern sich die
beiden Männer, bei denen man schon bald nicht mehr sicher sein kann, ob sie
nicht möglicherweise längst dem Wahnsinn verfallen sind. Erschreckende
Visionen von Tod und Erotik (eine Meerjungfrau!) ziehen vorüber, dabei wird
geflucht, gesoffen und getanzt (21.4., 22.15 Uhr, [3][Babylon Mitte]).
16 Apr 2025
## LINKS
[1] https://babylonberlin.eu/film/8487-stummfilm-um-mitternacht-ben-hur-a-tale-…
[2] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/scola-de-sica/8478-scola-de-sic…
[3] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/willem-dafoe/8493-willem-dafoe-…
## AUTOREN
Lars Penning
## TAGS
taz Plan
Kolumne Frisch gesichtet
Filmgeschichte
taz Plan
taz Plan
taz Plan
taz Plan
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wieder im Kino: Lutz, Flip und Pistolen
„Ice Aged“ erzählt von Hingabe und Siegen im Alter, ein Kassenknüller der
Trickfimtechnik wird 100 Jahre alt. Nicht mehr der Zeitgeist: James Bond.
Kinotipp der Woche: Larger Than Life
Die Filmemacherin Daryl Hannah hat ihren Mann Neil Young auf Tour
begleitet. Herausgekommen ist ein faszinierendes Porträt von großer
Intimität.
Wieder im Kino: Schicksalhafte Konstruktionen
Diese Woche zu sehen: Der Architekturstreifen „The Fountainhead“, Klassiker
mit dem eigenwilligen Willem Dafoe und Walter Salles' „Ainda estou aqui“.
Kinotipp der Woche: Unbeirrt im Film
Best of Forum: Mit vier Filmen aus Ost- und Südosteuropa gastiert das
Arsenal mit einer Nachlese aus dem Berlinale Forum-Programm im Kino
Krokodil.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.