# taz.de -- Wieder im Kino: Schicksalhafte Konstruktionen | |
> Diese Woche zu sehen: Der Architekturstreifen „The Fountainhead“, | |
> Klassiker mit dem eigenwilligen Willem Dafoe und Walter Salles' „Ainda | |
> estou aqui“. | |
Bild: „The Life Aquatic with Steve Zissou“ (USA 2004, Regie: Wes Anderson) | |
Am Anfang von King Vidors Spielfilm „The Fountainhead“ (1949) scheint es | |
lediglich um einen Kampf zwischen gutem und schlechten Geschmack zu gehen: | |
Auf der einen Seite stehen die modernen – an Frank Lloyd Wright angelehnten | |
– Entwürfe des Architekten Howard Roark (Gary Cooper), auf der anderen | |
Seite gibt es die Zuckerbäckerbauten seiner Zeitgenossen, die dem | |
Massengeschmack huldigen. | |
Als der radikale Individualist Roark jedoch Karriere macht und immer mehr | |
Aufträge erhält, entwickelt sich der Film zusehends zu einer ziemlich | |
absurden Abhandlung über Kapitalismus, Nonkonformismus und künstlerische | |
Freiheit. | |
Das verdankt sich vor allem der Drehbuchautorin Ayn Rand, die sich nach | |
ihrer Flucht vor der Russischen Revolution eine Pseudophilosophie | |
zurechtgebastelt hatte, die radikale Individualität als Triebfeder des | |
Fortschritts voraussetzt und den Turbokapitalismus entsprechend nicht nur | |
als „gut“, sondern auch als tiefgreifend moralisch begreift. | |
In den USA sind ihre Ideen bis heute populär, und wohin sie führen, wenn | |
die entsprechenden Leute tatsächlich exekutive Macht erlangen, kann man am | |
Beispiel von Donald Trump und Elon Musk gerade ziemlich gut erkennen. | |
„The Fountainhead“ läuft als Teil des Programms „Architektur und Film 1�… | |
der [1][Akademie der Künste] gemeinsam mit „Sullivans Banken“ von Regisseur | |
Heinz Emigholz, einem knapp 40-minütigen Dokumentaressay, der sich im | |
typischen Emigholz-Stil (eine Montage von starren Kameraeinstellungen und | |
einem aus Originaltönen komponierten Soundtrack ohne Kommentar) jenen | |
Bankgebäuden widmet, die der amerikanische Architekt Louis H. Sullivan (in | |
seinem Büro arbeitete auch der junge Frank Lloyd Wright) in den ersten | |
Jahren des 20. Jahrhunderts schuf. | |
Es waren moderne Kathedralen des Kapitalismus. Warum sie aber auch ein | |
Ausdruck von Demokratie waren, wird Heinz Emigholz in seiner Einführung | |
erläutern (12.4., 19 Uhr, [2][Akademie der Künste], Hanseatenweg 10, im | |
Rahmen von Arsenal on Location). | |
Von Jesus bis Nosferatu: Seit mehr als vier Jahrzehnten ist Willem Dafoe | |
ein Garant für intensive und eigenwillige Schauspielkunst, ein Mann, der | |
vor keinem Experiment zurückschreckt, zugleich aber auch eine kommerzielle | |
Zugkraft besitzt, die ihn bis heute erfolgreich sein lässt. Im [3][Babylon | |
Mitte] sind viele von Dafoes wichtigsten Filmen jetzt bis zum 16. April in | |
einer [4][Retrospektive] zu sehen. | |
Dass Dafoe stets auch als komödiantischer Teamplayer brilliert, zeigen die | |
Werke, an denen er mit Regisseur Wes Anderson arbeitete: In „The Grand | |
Budapest Hotel“ (2014) ist er inmitten eines umfangreichen Starensembles | |
als Auftragskiller J. G. Jopling zu sehen, der in der verzwickten Handlung | |
diverse Leute ins Jenseits befördert, während er in „The Life Aquatic with | |
Steve Zissou“ (2004) ein Teil der Wahlfamilie ist, die der Tiefseeforscher | |
Zissou (Bill Murray) auf der Suche nach dem Jaguarhai um sich versammelt | |
hat. | |
Und wie es in Familien nun einmal zugeht, läuft nicht alles immer glatt ab: | |
Klaus (Dafoe) wird ziemlich eifersüchtig, als ihm jemand die Rolle als | |
Zissous wichtigstem Mitarbeiter streitig macht … ([5][The Grand Budapest | |
Hotel], 13.4., 18 Uhr, [6][The Life Aquatic with Steve Zissou], 10.4., | |
17.15 Uhr, 14.4., 19.30 Uhr, Babylon Mitte). | |
„Sinelection“, so heißt eine Reihe mit aktuellen, aber selten gezeigten | |
Filmen im [7][Sinema Transtopia], in der auch der erst kürzlich mit einem | |
Oscar als Bester Internationaler Film prämierte „Ainda estou aqui“ läuft, | |
in dem Regisseur Walter Salles ein reales Schicksal aus der Zeit der | |
brasilianischen Militärdiktatur nachzeichnet (10.4., 20 Uhr, [8][Sinema | |
Transtopia]). | |
10 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.adk.de/de/programm/index.htm?we_objectID=67634 | |
[2] https://onlocation.arsenal-berlin.de/architektur-und-film | |
[3] https://babylonberlin.eu/ | |
[4] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/willem-dafoe | |
[5] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/willem-dafoe/8463-willem-dafoe-… | |
[6] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/willem-dafoe/8446-willem-dafoe-… | |
[7] https://sinematranstopia.com/de/program/film-series/sinelection | |
[8] https://sinematranstopia.com/de/sinelection/ainda-estou-aqui-1 | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
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