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# taz.de -- Urteil wegen Verleumdung: Frau Faeser und die Fotomontagen
> Der AfD-nahe Journalist Daniel Bendels verbreitete ein gefaktes Meme mit
> der Innenministerin und wurde zu sieben Monaten Bewährungsstrafe
> verurteilt.
Bild: Wurde mit einer Foto-Montage verleumdet: Nancy Faeser (SPD)
BERLIN taz Das Amtsgericht Bamberg hat Daniel Bendels, Chefredakteur der
sehr AfD-nahen Online-Plattform Deutschland-Kurier, zu einer
Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Bendels habe
Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mit einer Foto-Montage [1][verleumdet].
Kurz vor dem Holocaust-Gedenktag im Januar 2024 veröffentlichte das
Innenministerium ein Foto mit Ministerin Nancy Faeser. Sie hält dabei ein
Schild in die Kamera, auf dem „We remember“ steht. Einen Monat später
veröffentlichte Bendels das Foto auf der X-Seite des Deutschland-Kuriers.
Allerdings steht auf dem Schild nun etwas ganz anderes: „Ich hasse die
Meinungsfreiheit“. Das Meme wurde damals über 13.000 Mal aufgerufen.
Anfang Mai 2024 wurde Ministerin Faeser von der Kriminalpolizei über die
Foto-Montage informiert. Ende des Monats stellte Faeser einen Strafantrag.
Zudem bejahte die Staatsanwaltschaft Bamberg, in deren Bezirk Bendels
wohnt, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung, sodass es auf den
Strafantrag nicht angekommen wäre.
Im November 2024 erließ eine Richterin des Amtsgerichts Bamberg einen
Strafbefehl wegen Verleumdung einer Person des politischen Lebens nach
Paragraf 188 Strafgesetzbuch. Bendels habe „bewusst unwahr“ versucht, den
Eindruck zu erwecken, es gebe ein derartiges Foto. Damit habe er die
Ministerin diffamiert. Die Amtsrichterin verhängte allerdings nur eine
Geldstrafe in Höhe von 10.500 Euro (das waren 210 Tagessätze à 50 Euro).
Bendels hätte aber bereits damit als vorbestraft gegolten.
## Richter hält Meme für Verleumdung
Auf den EinspruchBendels verhandelte ein anderer Richter an diesem Montag
über den Vorwurf. Auch er hielt das Meme für eine strafbare
Politiker-Verleumdung. Den Einwand Bendels, dass es sich um Satire handele,
ließ der Richter nicht gelten. Weder sei der Deutschland-Kurier ein
Satire-Magazin, noch sei die Fotomontage ohne weiteres zu erkennen.
Die Strafe fiel aber schärfer aus als im Strafbefehl: Statt einer
Geldstrafe verhängte der Richter eine siebenmonatige Freiheitsstrafe,
allerdings ausgesetzt zur Bewährung. Als Bewährungsauflage muss Daniel
Bendels 1.500 Euro an die Kreisverkehrswacht Bamberg zahlen. Die
schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor.
Ein Kommentar in der Springer-Zeitung Die Welt hielt es für [2][„ein
Erkennungszeichen von Diktaturen“,] wenn „Journalisten für satirische
Regierungskritik womöglich hinter Gitter müssen.“ AfD-Rechtspolitiker
Stephan Brander meinte: „Das Gericht sollte sich für dieses Urteil schämen,
das nur dazu dienen soll, kritische Journalisten mundtot zu machen und
pointierte Meinungsäußerungen zu kriminalisieren.“ Bendels selbst kündigte
an: „Wir werden dieses Urteil nicht hinnehmen und uns mit allen
juristischen Mitteln dagegen zur Wehr setzen.“
## Aufhebung in der nächsten Instanz möglich
Bendels hält Paragraf 188 für verfassungswidrig und hatte deshalb eine
Vorlage des Falls beim Bundesverfassungsgericht beantragt. Dieser
Einschätzung folgte das Amtsgericht allerdings nicht und verzichtete auf
eine Vorlage in Karlsruhe.
Es ist trotzdem gut möglich, dass die auf Paragraf 188 gestützte
Verurteilung in der nächsten Instanz aufgehoben wird. Denn das Bayerische
Oberste Landesgericht hat erst im März eine enge Auslegung der Norm
angemahnt. Der Paragraf soll nur anwendbar sein, wenn ein „vernünftiger,
durchschnittlicher Bürger“ aufgrund der Falschdarstellung an der Integrität
der politischen Person zweifeln wird. Dass Faeser ein Schild mit dem Satz
„Ich hasse die Meinungsfreiheit“ in die Kamera hält, wird wohl kein
vernünftiger Mensch glauben.
Doch auch ohne [3][den strafverschärfenden Paragrafen 188] entfällt nicht
unbedingt die Strafbarkeit der Fotomontage. Denn die Verleumdung ist gemäß
Paragraf 187 immer strafbar, auch wenn keine Politiker betroffen sind. Es
droht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
Die Strafbarkeit entfällt nur, wenn die Meinungs- oder Kunstfreiheit
überwiegt. Dies könnte hier jedoch gut möglich sein, weil die
kommunikativen Grundrechte ja nicht zuletzt der „Machtkritik“ dienen, so
das Bundesverfassungsgericht. Ob die Kritik berechtigt oder gar geistreich
ist, spielt juristisch keine Rolle.
Anmerkung der Redaktion: In einer vorigen Version dieses Textes war der
Name des Journalisten Daniel Bendels falsch geschrieben. Das ist
korrigiert.
9 Apr 2025
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/nancy-faeser-afd-naher-journalis…
[2] https://www.welt.de/debatte/plus255891078/Haftstrafe-fuer-Faeser-Meme-Ein-U…
[3] /Rentner-beleidigt-Habeck/!6046988
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Meinungsfreiheit
Desinformation
Kolumne Geraschel
Zentrum für Politische Schönheit
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