# taz.de -- Rechtes Gedankengut bei der Polizei: Demokratiegefährder in den ei… | |
> Eine Studie zeigt, wie verbreitet rassistische Vorurteile in den Reihen | |
> der Hamburger Polizei sind. Polizeigewerkschaften fühlen sich | |
> verunglimpft. | |
Bild: Mit Vorurteilen im Einsatz: 45 Prozent der befragten Polizist*innen äuß… | |
Hamburg taz | Wie denken Polizist:innen in Hamburg über Demokratie, | |
Minderheiten und ihre Arbeit? Die ersten Ergebnisse des | |
[1][Forschungsprojekts „Demokratiebezogene Einstellungen und Werthaltungen | |
innerhalb der Polizei Hamburg]“ (DeWePol), die im November veröffentlicht | |
wurden, zeigen, wie verbreitet rassistisches und rechtes Gedankengut unter | |
Polizist:innen in der Hansestadt sind. [2][Zuerst hatte Die Zeit | |
berichtet]. | |
Die [3][Studie basiert auf einer Befragung] von 2.018 Polizist:innen – | |
Beamt:innen, Auszubildende und Angestellte –, die Teilnahme war freiwillig: | |
23,8 Prozent der Befragten ordnen sich politisch als rechts oder | |
rechtsaußen ein, 45 Prozent äußern sich abwertend gegenüber Asylbewerbern, | |
26 Prozent hegen Ressentiments gegen Sinti*zze, Rom*nja und | |
Langzeitarbeitslose. | |
Durchgeführt wurde die Studie vom Hamburger Institut für interdisziplinäre | |
Kriminalitäts- und Sicherheitsforschung (HIKS) an der dortigen | |
Polizeiakademie in Zusammenarbeit mit der Polizeiakademie Niedersachsen und | |
dem Institut für Kriminalwissenschaften der Uni Münster. | |
Das Projekt soll empirisch belastbare Erkenntnisse über werte- und | |
demokratiebezogene Einstellungen sowie deren Schutz- und Risikofaktoren bei | |
Auszubildenden, Studierenden, Beamt:innen und Tarifbeschäftigten der | |
Polizei Hamburg gewinnen. Der Bericht vom November stellt Analysen der | |
ersten Befragungen vor, die im Mai und Juni 2024 durchgeführt wurden. | |
## Weniger sympathisch und bedrohlicher | |
Den Befragten wurden unter anderem Fotos von Gesichtern präsentiert, die | |
als „typisch arabisch“ oder „typisch weiß“ wahrgenommen werden. Auffä… | |
oft wurden muslimisch oder arabisch wahrgenommene Menschen mit negativen | |
Stereotypen belegt, wurden als weniger sympathisch, bedrohlicher und | |
weniger vertrauensvoll eingestuft. Immer wieder tauchen in den Antworten | |
Begriffe wie „bedrohlich“, „undemokratisch“ oder „fremdartig“ auf. | |
Im Gegensatz dazu wurden „typisch weiße Menschen“ als „tolerant“, | |
„zivilisiert“ oder „geschlechtergerecht“ beschrieben. „Das sind keine | |
riesigen Unterschiede, aber sie sind messbar“, teilt das Forschungsteam | |
mit. | |
Diese kleinen Unterschiede deuten auf ein größeres Problem hin: latente | |
Vorurteile, die nicht immer offen artikuliert werden. Besonders | |
Schutzpolizist:innen, die im Außendienst häufiger mit Minderheiten in | |
Kontakt kommen, zeigen hier stärkere Tendenzen. | |
## Anfällig für populistische Ideen | |
Darüber hinaus zeigt sich ein Drittel (33,7 Prozent) anfällig für | |
populistische Ideen. Und 15 Prozent stimmen der Aussage zu, dass | |
„Politikerinnen und Politiker nur Marionetten der dahinterstehenden Mächte“ | |
seien. Noch deutlicher wird es bei der Aussage: „Die demokratischen | |
Parteien zerreden alles und lösen keine Probleme“, die bei 35 Prozent | |
Zustimmung findet. Diese hohe Resonanz spiegelt eine verbreitete Skepsis | |
gegenüber der Politik wider, die besonders bei Schutzpolizist:innen | |
und Verwaltungsangestellten auffällt. | |
Verschwörungsglaube ist in der Hamburger Polizei weniger verbreitet. Nur | |
2,5 Prozent stimmen der Behauptung zu, dass „Studien zum Klimawandel meist | |
gefälscht“ seien. Auch andere Verschwörungsthesen, etwa über geheime | |
Eliten, finden wenig Echo. Insgesamt äußern 6,8 Prozent einen mehr oder | |
minder starken Verschwörungsglauben. | |
## 43 Prozent lehnen autoritäre Aussagen ab | |
Ein gemischtes Bild zeigt die Studie in Bezug auf Autoritarismus – also die | |
Neigung zu Hierarchie, Gehorsam und strenger Ordnung. Fast die Hälfte der | |
Befragten (44 Prozent) kann sich hier weder zu klarer Ablehnung noch zu | |
starker Zustimmung entschließen. 43 Prozent lehnen autoritäre Aussagen ab, | |
während 13 Prozent zustimmen, wobei Schutzpolizist:innen leicht höhere | |
Werte aufweisen als Verwaltungsangestellte oder Kriminalpolizist:innen. | |
Viele der Befragten fühlen sich gesellschaftlich nicht anerkannt. | |
Die wissenschaftliche Leitung des Projekts, vertreten durch Eva Groß, | |
Professorin für Kriminologie und Soziologie an der Akademie der Polizei | |
Hamburg, betont die potenziellen Konsequenzen problematischer | |
Einstellungen. Die Polizei sei als Institution mit weitreichenden | |
Befugnissen – einschließlich dem Eingriff in Grundrechte – besonders | |
anfällig für die Auswirkungen demokratiefeindlichen Gedankenguts. | |
Groß vermutet zudem, dass Beamt:innen mit rechtsradikaler Gesinnung | |
nicht teilgenommen haben. Dass diese Einstellungen Folgen haben, zeigen zum | |
Beispiel die laufenden disziplinarischen Ermittlungen gegen 15 ehemalige | |
und aktive Beamte in Hamburg, [4][die verdächtigt werden, rassistische und | |
Nazis verherrlichende Inhalte über Whatsapp ausgetauscht zu haben]. | |
## Ähnliches Bild in der Gesamtgesellschaft | |
Andere aktuelle Studien zeichnen in Bezug auf die Gesamtgesellschaft und | |
die Polizei ein ähnliches Bild: Die [5][Leipziger Autoritarismus-Studie | |
2024] zeigt einen Anstieg rechtsextremer Einstellungen. Besonders im Westen | |
nehmen ausländerfeindliche Haltungen zu, eine Angleichung an | |
Ostdeutschland. Ebenfalls im vergangenen Jahr hatte die [6][Megavo-Studie | |
der Deutschen Hochschule der Polizei] den Polizeialltag und Einstellungen | |
bundesweit untersucht, wobei 30 Prozent der Befragten Asylsuchende abwerten | |
– ein Wert, der über dem gesellschaftlichen Durchschnitt liegt. | |
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) Hamburg hat die Ergebnisse der | |
Studie wegen der geringen Teilnahmequote von etwa 13 Prozent angezweifelt. | |
Hamburgs DPolG-Vorsitzender Thomas Jungfer stellt wegen der niedrigen | |
Rücklaufquote die Repräsentativität infrage. Die Studie könne keine | |
verlässlichen Aussagen über die gesamte Hamburger Polizei treffen. | |
Schon vor der Untersuchung hatten Polizeigewerkschaften wie die | |
Gewerkschaft der Polizei (GdP), der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) | |
und die DPolG die Methodik und den Fragebogen der Studie kritisiert und | |
[7][2021 den ursprünglichen Fragebogen abgelehnt]. Sie bemängelten, dass | |
die Anonymität der Teilnehmenden nicht ausreichend gewährleistet sei und | |
Fragen zu politischer Orientierung das Recht auf informationelle | |
Selbstbestimmung verletzen könnten. In der Folge wurde die Studie zunächst | |
gestoppt und erst 2024 nach Anpassungen durchgeführt. | |
## Debatte im politischen Raum | |
Auch aus politischer Sicht gab es Diskussionen. Die Grünen und die | |
Linksfraktion in Hamburg unterstützten die Studie. Sie sei notwendig, um | |
Probleme wie Rassismus oder demokratiefeindliche Einstellungen in der | |
Polizei aufzudecken. Die Grüne Jugend wertete die Ablehnung der Studie 2022 | |
durch Personalrat und Gewerkschaften als Ausdruck eines mangelnden | |
Problembewusstseins in der Polizei. | |
Tatsächlich weist die GdP die Studie auch nach der Veröffentlichung | |
pauschal zurück. Sie beklagt, die Diskussion untergrabe das Vertrauen in | |
die Polizei und stellt die eigene Zunft als Opfer pauschaler Verunglimpfung | |
dar. Auch äußert sie Zweifel an der wissenschaftlichen Objektivität, weil | |
die Studienautor:innen keine Einsatzerfahrung haben. | |
Die Linksfraktion fordert den Senat nun auf, Konsequenzen zu ziehen. Sie | |
regt die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle und regelmäßige | |
Berichte über die demokratische Verfasstheit der Polizei an. Innensenator | |
Andy Grote (SPD) dürfe nicht länger vor den Polizeigewerkschaften | |
einknicken, so ihr innenpolitischer Sprecher Deniz Celik. Er müsse auch | |
„die strukturellen Dimensionen von Diskriminierung und gruppenbezogener | |
Menschenfeindlichkeit innerhalb der Institution Polizei“ sehen und | |
anpacken. | |
30 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Studie-zur-Demokratie-in-der-Polizei/!5820333 | |
[2] https://www.zeit.de/2025/13/hamburger-polizei-umfrage-rassismus-verschwoeru… | |
[3] https://akademie-der-polizei.hamburg.de/resource/blob/1029176/3acbf3a748308… | |
[4] /Beamte-verherrlichen-Nazis-in-Chats/!6070259 | |
[5] /Leipziger-Autoritarismus-Studie-2024/!6045748 | |
[6] https://www.polizeistudie.de/ | |
[7] /Forschung-zu-Polizeigewalt/!5936005 | |
## AUTOREN | |
Robert Matthies | |
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