# taz.de -- Umstrittene Finanz-Deals: Kritik an Sparkassen und Politik | |
> Cum-Cum-Deals kosteten den Staat gut 28 Milliarden Euro. Auch Sparkassen | |
> bereicherten sich, meint Ex-Oberstaatsanwältin Brorhilker. | |
Bild: Ex-Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker kritisiert auch die Sparkassen | |
Frankfurt/Main dpa | Im Steuerskandal um Cum-Cum-Aktiengeschäfte greift die | |
[1][frühere Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker] Sparkassen und Politik an. | |
Staatliche Behörden hinkten bei der Aufklärung der Deals hinterher, die den | |
Fiskus geschätzt mindestens 28 Milliarden Euro gekostet haben, kritisierte | |
sie in einem neuen Report von Finanzwende Recherche, einer gemeinnützigen | |
Tochtergesellschaft der Bürgerbewegung Finanzwende. | |
„Unsere Recherchen zeigen, dass es bis heute keinen Überblick über das | |
Ausmaß der Cum-Cum-Schäden und die involvierten Akteure gibt“, schreibt | |
Brorhilker, die einst führende Ermittlerin im [2][Cum-Ex-Skandal] war und | |
heute Leiterin Finanzkriminalität bei Finanzwende Recherche ist. Bei der | |
Aufklärung der Cum-Cum-Deals, die artverwandt mit Cum-Ex-Geschäften sind, | |
existiere nur ein „Flickenteppich von Informationen“. | |
Cum-Cum-Geschäfte gelten als großer Bruder der Cum-Ex-Deals, mit denen | |
Banken den Fiskus geschätzt um einen zweistelligen Milliardenbetrag | |
prellten. Während es bei Cum-Ex um die Erstattung gar nicht gezahlter | |
Steuern ging, generierten Banken bei Cum-Cum-Deals Steuervorteile für | |
ausländische Inhaber deutscher Aktien. | |
Ziel war, das deutsche Steuerrecht zu umgehen: Aktien wurden kurz vor dem | |
Dividendenstichtag zeitweise an inländische Banken oder Fonds übertragen, | |
die sich – anders als ausländische Anleger – die fällige | |
Kapitalertragsteuer erstatten lassen konnten. Das Geld teilten die | |
Beteiligten auf. | |
## Bericht: Auch Sparkassen involviert | |
Besonders fragwürdig sei die Rolle der Sparkassen, kritisiert Brorhilker. | |
Der Bericht zeige, dass auch Sparkassen an Cum-Cum-Geschäften zulasten | |
öffentlicher Kassen beteiligt gewesen seien – „trotz ihrer gesetzlichen | |
Verpflichtung zur Gemeinwohlorientierung“. | |
Finanzwende Recherche hat dem Report zufolge sämtliche regionalen | |
Sparkassenverbände angeschrieben. Zwei davon – der Ostdeutsche | |
Sparkassenverband und der Sparkassenverband Baden-Württemberg – räumten | |
demnach Cum-Cum-Gestaltungen von Sparkassen ein, sehen aber eine unklare | |
Rechtslage. | |
Die genaue Zahl der bei Cum-Cum-Deals involvierten Sparkassen bleibe | |
unklar, betonte Finanzwende Recherche. „Bisherige Medienberichte lassen | |
allerdings auf eine weite Verbreitung dieser Geschäfte auch bei Sparkassen | |
sowie auf ungewöhnlich hohe Steuerschäden schließen.“ | |
## Sparkassen sehen unklare Rechtslage | |
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) wehrt sich gegen die | |
Vorwürfe. „Nach unserer Kenntnis haben einige wenige Sparkassen, die mit | |
dieser Thematik vor Jahren befasst waren, dies in enger Zusammenarbeit mit | |
den jeweiligen Finanzbehörden abgearbeitet“, teilte ein Sprecher mit. Die | |
Sparkassen unterstützten alle effektiven Maßnahmen zur Sicherstellung des | |
staatlichen Steueranspruchs. „Rechtsfragen müssen aber durch Gerichte | |
beurteilt werden.“ Eine „einheitliche höchstrichterliche Rechtsprechung“… | |
Cum-Cum gebe es bisher nicht. | |
Finanzwende Recherche sieht das anders: Ein Urteil des Bundesfinanzhofs von | |
2015 sei eindeutig. Er habe entschieden, dass Cum-Cum Geschäfte in ihrer | |
typischen Ausprägung illegal seien, zudem gebe es weitere Urteile von | |
Finanzgerichten. So entschied Anfang 2020 das Finanzgericht Hessen, dass es | |
sich bei Cum-Cum um eine missbräuchliche Steuergestaltung handelt. | |
## Milliarden-Rückforderungen | |
Cum-Cum-Deals galten als weit verbreitet unter Banken – nicht nur bei | |
Sparkassen -, sind aber kaum aufgearbeitet. Nach einer Umfrage der | |
Finanzaufsicht Bafin haben 54 Banken eingeräumt, an Cum-Cum-Deals beteiligt | |
gewesen zu sein. Die Bafin schätzt die Belastungen durch Rückforderungen | |
aus den Geschäften auf gut 4,6 Milliarden Euro. | |
Während im Cum-Ex-Skandal einige Täter zu hohen Haftstrafen verurteilt | |
wurden, steht bei Cum-Cum der erste Strafprozess noch aus. Erst am Dienstag | |
wurde bekannt, dass erstmals eine Anklage gegen fünf Banker wegen | |
Cum-Cum-Deals vom Oberlandesgericht Frankfurt zugelassen wurde. | |
27 Mar 2025 | |
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