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# taz.de -- Kulturkampf von rechts: Nazis raus aus den Regalen!
> In der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) stehen dutzende Bücher
> des rechtsextremen Verlag Antaios. Sollte die Bibliothek sie entfernen?
Bild: Martin Lichtmesz (Identitäre Bewegung) steht im Regal neben Robin Alexan…
Interessieren Sie sich für „Massenmigration und Sexualdelikte“, den „Gro…
Austausch“ oder die „Arische Wirtschaftsordnung“? [1][In der Zentral- und
Landesbibliothek (ZLB) werden Sie fündig.] Die im rechtsextremen
Antaios-Verlag erschienenen „Werke“ stehen frei verfügbar im Politik- und
Geschichtsregal. In einer Zeit, in der die sogenannte Neue Rechte mit
pseudo-intellektuellen Uni-Buchclubs und eigenen Buchmessen auf dem
Vormarsch ist, stellt sich die Frage: Muss das sein?
Die ZLB hat den Anspruch, das gesamte Meinungsspektrum abzubilden. Auch
wenn rechtsextreme Werke ihren Grundwerten zuwiderlaufen, will sie die
Büchse der Pandora namens Zensur nicht öffnen. Denn wahr ist: Jeder hat
andere Vorstellungen, welche Bücher in der Bibliothek nichts zu suchen
haben. Das zeigt ein – extremes – Beispiel aus den [2][USA, wo der
Kulturkampf] auf dem Boden der Literatur seit Jahren mit harten Bandagen
geführt wird: In einem Distrikt von Texas wurde kurzzeitig die Bibel wegen
ihres „sexuell expliziten“ Inhalts in Schulen verboten.
Andererseits ist Antaios [3][laut Verfassungsschutz] seit 2024 „gesichert
rechtsextrem“ und steht damit nicht mehr auf dem Boden der demokratischen
Grundordnung. Zudem kann man darüber streiten, ob es wirklich ein Verbot
bzw. eine Zensur ist, wenn eine Bibliothek – und sei sie noch so groß –
keine rechtsextremen Bücher anschafft. Schließlich besitzt die ZLB trotz
ihres riesigen Angebots von 3,5 Millionen Medien nicht jedes publizierte
Werk der Welt – und muss das auch nicht. Nur von Büchern, die in Berlin
erscheinen, hat sie je ein „Pflichtexemplar“. Der Antaios-Verlag publiziert
aber im sachsen-anhaltischen Schnellroda. Die ZLB kann also über den Kauf
frei entscheiden.
Bibliotheksdirektor Volker Heller befürchtet, das Vertrauen der Bevölkerung
zu verlieren, wenn Medien wie die des Antaios-Verlags aus dem Bestand
genommen würden. Aber welche Bevölkerung ist damit gemeint? Es kann ja
nicht das Ziel sein, das Vertrauen von rechtsextremen Esoterikern zu
bewahren, wenn dadurch Vertrauen und Sicherheitsgefühl von Personen
geschwächt werden, die im Fokus der Rechten stehen.
## Zu Nazis forschen
Nun ist es aber so, dass nicht nur Nazis Nazibücher ausleihen. Es gibt
durchaus Menschen mit berechtigtem Interesse an rechtsextremen
Publikationen. Schüler, die ein Referat vorbereiten wollen, zum Beispiel.
Oder Wissenschaftler, die das für ihre Forschung brauchen. Für sie gibt es
in Berlin aber schon das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum
Berlin (apabiz). Dort wird vor Herausgabe der Bücher auch die
[4][Lesemotivation überprüft]. In einer Bibliothek ohne eigene Nazibücher
könnte man darauf verweisen.
Ein Mittelweg könnten Hinweise auf rassistische oder antisemitische Inhalte
der Bücher sein. So würde die Bibliothek antidemokratische Inhalte
zumindest nicht unkommentiert lassen. In der Stadtbücherei Münster
probierte man das aus – und bekam prompt einen Shitstorm.
Kritiker*innen nannten die Maßnahme Bevormundung und – unzutreffend –
Zensur. Daran sieht man, auf welchem Minenfeld sich Bibliotheken bewegen,
wenn sie versuchen, gegen den Kulturkampf von rechts vorzugehen.
Die ZLB stellt sich mit ihren Bildungsveranstaltungen zwar ganz klar gegen
rechts. Trotzdem würde es angesichts der umfangreichen Archive wie dem
apabiz nicht schaden, wenn Bibliotheken Bücher rechtsextremer Verlage ins
Magazin stellen und Publikationen künftig nicht mehr erwerben. Denn
rassistische Machwerke, wie sie Antaios im Angebot hat, versuchen, ihre
Leser aus dem demokratischen Meinungsspektrum heraus und hin zu Hass und
Gewalt zu locken.
Und solche – um mit Thomas Mann zu sprechen – „verschwärmte
Bildungsbarbarei“ zu verhindern, ist keine Zensur, sondern Teil des
Bildungsauftrags.
5 Apr 2025
## LINKS
[1] /Kulturkampf-von-rechts/!6076248
[2] /Buecherverbote-in-den-USA/!6015072
[3] /Antaios-Verlag-von-Goetz-Kubitschek/!6017560
[4] /Kulturkampf-von-rechts/!6076248
## AUTOREN
Klarissa Krause
## TAGS
Rechtsextremismus
Bibliotheken in Berlin
Neue Rechte
Zentralbibliothek
Zentralbibliothek
Bibliotheken
Götz Kubitschek
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