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# taz.de -- Speed-Duell am Mount Everest: Start zum 8.848-Meter-Rennen
> Im Frühjahr kommt es am Mount Everest zu einem sehr besonderen Duell:
> Tyler Andrews und Karl Egloff wollen einen Geschwindigkeitsrekord
> brechen.
Bild: Wer schafft es am schnellsten nach oben? Am Gipfel des Mount Everest verl…
Tyler Andrews klettert nicht gern. Der 34-jährige Amerikaner will ja auch
bloß auf den [1][Mount Everest]. Mit Bergsteigen hat er erst angefangen,
als er 31 Jahre alt war. Vorher war er Langstreckenläufer.
Karl Egloff ist zwar Alpinist mit Bergführerdiplom, aber begonnen mit dem
Alpinismus hat der 44-Jährige, der die ecuadorianische und die
schweizerische Staatsbürgerschaft besitzt, als Radsportler. Erst mit 28
Jahren zog es ihn in die Berge.
Andrews und Egloff planen nun unabhängig voneinander, in dieser
Frühjahrssaison den Geschwindigkeitsrekord bei der Besteigung des höchsten
Bergs der Erde zu brechen. In weniger als 20 Stunden wollen sie vom auf
5.364 Meter Höhe liegenden Basecamp aus auf den 8.848 Meter hohen Gipfel
und wieder zurück, und das Ganze ohne künstlichen Sauerstoff.
Beide planen ihre Aktion über die Südroute, von Nepal aus. Die gilt als die
leichtere Strecke, und vor allem werden hier von einheimischen Bergsteigern
vor jeder Saison Routen gespurt und Fixseile verlegt. In den vergangenen
Jahren hat es an diesem Anstieg [2][immer wieder Staus] gegeben, der teils
stundenlange Stillstand sorgte auch für Erfrierungstote.
## Leider ohne Espresso-Maschine
Egloff und Andrews wollen deshalb erst Ende Mai antreten, wenn die meisten
der Everest-Touristen runter vom Berg sind. Doch dann gibt es für die
beiden nur ein sehr kleines Zeitfenster, bis die Regenzeit einsetzt und
eine Besteigung unmöglich ist. Tyler Andrews sieht das Problem locker. „Als
der bisherige Rekord gebrochen wurde, waren zwar definitiv weniger Menschen
am Berg“, sagte er dem Onlinemagazin „[3][Outside]“. „Aber dafür gab es
keine 10.000-Dollar-Espresso-Maschine im Basecamp. Es gibt also Vor- und
Nachteile.“
Weder Andrews noch Egloff sind naive Neulinge. Egloff gilt als „Legende in
der Szene“ ([4][Neue Zürcher Zeitung]). Bis 2011 fuhr er Mountainbike, nahm
auch an einer WM teil, aber seither ist er auf Speedbegehungen von Bergen
spezialisiert. Andrews gehörte zu den besten Marathon- und Ultraläufern der
USA, doch während der Covidpandemie brachen ihm die Einnahmen weg: keine
Rennen, keine Preisgelder. Ein Sponsor bot ihm an, in den Bergen
Weltrekorde zu laufen, und das tat er dann auch.
Es geht um FKT, das Kürzel steht für „Fastest Known Time“, die schnellste
bislang bekannte Zeit, einen Berg zu besteigen. Und das ist der Sport, den
Andrews, Egloff und noch eine Handvoll anderer Athleten mit großem Risiko
betreiben: Speed Climbing.
## Die Sache mit den Sauerstoffflaschen
Allein am Mount Everest, zwar der höchste, aber nicht der spektakulärste
Berg der Erde, sind verschiedene Rekorde gelistet. Im Jahr 2003 lief
beispielsweise Lhakpa Geul Sherpa aus Nepal in 10:56 Stunden hoch und
wieder runter, allerdings mit künstlichem Sauerstoff. 1998 stieg [5][Hans
Kammerlander] aus Südtirol in 16:45 Stunden über die technisch schwierigere
Nordseite auf, aber er fuhr mit Skiern hinab. Andrews und Egloff
orientieren sich an Kazi Sherpa aus Nepal. Der schaffte es 1998 in 20:24
Stunden, aber im Abstieg benutzte er Sauerstoff aus der Flasche, was
zumindest Andrews gleichgültig ist. „Meiner Meinung nach gilt: Wer oben
ist, ist oben. Mir ist egal, wie man absteigt“, sagte er dem Onlinedienst
„[6][explorersweb]“.
Im klassischen Bergsteigen ist das nicht egal. Spätestens seit [7][Reinhold
Messners] Achttausender-Expeditionen in den 1970er- und 1980er-Jahren ist
die Verwendung von Sauerstoff aus Flaschen im Höhenbergsteigen schlecht
beleumdet. Wer sich der Flaschen bedient, die auch zu großer
[8][Verschmutzung am Berg] geführt haben, sind die vielen
Everest-Touristen, die Jahr für Jahr in steigender Zahl ins Basecamp kommen
und sich für fünfstellige Dollarbeträge auf den Gipfel führen lassen.
Ohne künstlichen Sauerstoff waren bislang nur etwa 230 Menschen auf dem
Everest. Mit dieser Unterstützung jedoch waren es Tausende. Für die werden
auch jährlich Fixseile angelegt, an denen sie sich bei Auf- und Abstieg
sichern können. Für einen wie Messner ist so etwas kein Bergsteigen.
Bloß: Speedclimber wie Andrews und Egloff verstehen sich in erster Linie
gar nicht als Bergsteiger. „Im Klettern bin ich technisch limitiert“,
bekannte Tyler Andrews in der NZZ. Im Herzen bleibe er Leichtathlet. Er sei
kein Alpinist, sagte er an anderer Stelle. „Ich betreibe einfach einen
anderen Sport, bei dem ich Methoden und Philosophie aus dem Trailrunning
und sogar der Leichtathletik in die großen Berge bringe.“
Und Karl Egloff, der in seiner Jugend beim FC Zürich gekickt hat, ging eine
Partnerschaft mit seinem Ex-Klub ein. „Der FCZ geht auf den Mount Everest“,
verkündete der Klub jüngst, und Egloff versprach, ganz oben einen
Vereinswimpel zu setzen.
## Ist Bergsteigen Sport? Mit Rekorden?
Das Onlinemagazin „[9][alpin.de]“, das im deutschsprachigen Raum zu den
ersten gehört, die über Egloffs und Andrews' Projekte kompetent
berichteten, handelte sich von der Leserschaft gleich Kritik ein, wieso sie
solche Artikel brächten: Das sei doch Sport und kein Bergsteigen.
Die Redaktion verteidigte sich: „Der Trend zum ‚schneller, höher, weiter‘
wird von uns ja durchaus kritisch gesehen und entsprechend eingeordnet.“ Es
geht um die Frage, ob Bergsteigen Rekordsport werden darf, ob damit nicht
diese Art der Naturbewältigung ihres Sinns beraubt wird.
Tyler Andrews und Karl Egloff sind tatsächlich Rekordjäger. Egloff schaffte
seine erste Bestmarke 2012, als er in seiner Heimat Ecuador den 5.897 Meter
hohen Cotopaxi in 1:37 Stunden bezwang. Später nahm er sich das Projekt der
„Seven Summits“ vor, das Besteigen des je höchsten Gipfels der sieben
Kontinente. Dies wird im klassischen Bergsteigen teilweise schon als
Vorstufe des Rekordalpinismus kritisiert.
## Gute Logistik und merkwürdige Ausrüstung
Egloff schert das nicht, er war schon auf dem Kilimandscharo in Tansania,
dem Elbrus in Russland und dem [10][Denali] in Alaska – der von Donald
Trump bald wieder in Mount McKinley rückbenannt werden soll. 2022 bestieg
Egloff etwa den 8.463 Meter hohen Makalu im Himalaya: in 17:18 Stunden.
Tyler Andrews’ Rekordliste ist nicht minder beeindruckend. Zuletzt konnte
Andrews den 8.163 Meter hohen Manaslu in einer Zeit unter zehn Stunden
bezwingen: in 9:52 Stunden. Danach erklärte er: „Ich denke, ich kann den
Everest in 14 bis 15 Stunden besteigen.“
Solche Rekordmarken sind nur mit enormer Logistik zu meistern. „Dazu bedarf
es eines Dorfes“, sagt Andrews. Zu Beginn der Everest-Route, beim sehr
gefährlichen Khumbu-Eisfall, lässt er sich von seinem guten Freund Chris
Fisher begleiten. Und oberhalb, wo er allein unterwegs sein wird, werden
für ihn Verpflegungsposten eingerichtet.
Zur Logistik gehört auch, dass das von ihm mitzuschleppende Gepäck massiv
reduziert wird. Den Achttausender Manaslu bewältigte Andrews in kurzer
Hose, Multifunktions-T-Shirt und mit Trailrunningschuhen. Wenn ein
plötzlicher Kälteeinbruch kommt, wäre das tödlich. „Am Manaslu war dieses
Schuhwerk möglich, weil wir unglaubliches Glück mit dem Wetter hatten“,
teilte Andrews mit und kündigte an: „Am Everest werde ich es mit schwereren
Stiefeln versuchen.“
8 Apr 2025
## LINKS
[1] /Mount-Everest/!t5010583
[2] /Massentourismus-auf-dem-Mount-Everest/!5409398
[3] https://www.outsideonline.com/outdoor-adventure/everest/tyler-andrews-evere…
[4] https://www.nzz.ch/sport/alpinismus/speed-rekord-am-manaslu-andrews-erreich…
[5] /Extrembergsteiger-ueber-Mount-Everest/!5066553
[6] https://explorersweb.com/tyler-andrews-on-his-upcoming-everest-speed-climb/
[7] /Reinhold-Messner-im-Gespraech/!5114349
[8] /Zugemuellter-Mount-Everest/!5047251
[9] https://www.alpin.de/62281/artikel.html
[10] /Der-groesste-Berg-der-USA/!5228232
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Mount Everest
Bergsteigen
Alpinismus
Mount Everest
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