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# taz.de -- Sexismus auf Berlins Straßen: Das wird man ja wohl noch sagen dür…
> Die Logos des Mietwagenanbieters Miles werden nahezu flächendeckend
> sexistisch abgewandelt. Das Unternehmen sieht darin kein Problem. Gehts
> noch?
Bild: Überhaupt nicht witzig: Ein Mietwagen der Firma Miles in Berlin
Was wiegt schwerer: Sexismus oder Sachbeschädigung? Für die Berliner
Carsharing-Firma Miles scheint die Antwort klar zu sein – es ist Letzteres.
Das Phänomen ist nicht neu. Seit Jahren wird bei „MILES“-Autos der untere
Strich des „E“ entfernt und zack: schon steht da „MILFS“, [1][kurz für
„Mother I’d like to fuck“], hier im Plural. In Berlin ist das Phänomen
inzwischen allgegenwärtig, einen MILFS-freien Transport zu finden, nahezu
unmöglich. „Miles? Dachte, die Firma heißt Milfs“, scherzt ein Nutzer im
Internetforum Reddit.
Zum Schreien komisch finden den sexistischen Running Gag anscheinend auch
die Berliner*innen: „95 Prozent der Leute finden es unterhaltsam“, sagte
eine Unternehmenssprecherin der Berliner Zeitung. „Da schmunzeln wir gerne
mit.“ Denn: „Das Schöne ist ja, dass es keine von uns initiierte Aktion
ist, sondern eine Bewegung, die aus der Community heraus entstanden ist.“
Nur ist das kein hippes „Community“-Projekt von spätpubertären
Berliner*innen, sondern Ausdruck eines tief verwurzelten Sexismus. Es
ist [2][eine der vielen alltäglichen geschlechtsspezifischen
Mikroaggressionen], die der Konzern mit seiner gleichgültigen Haltung
legitimiert und normalisiert.
## Akronym aus der Pornoindustrie
Das Akronym „MILF“ [3][stammt schließlich aus der Pornoindustrie] und dient
dazu, Flinta* über 30, die im patriarchalen System aus dem öffentlichen
Blick verschwinden, weiterhin eine Daseinsberechtigung zu verleihen.
Vorausgesetzt, sie entsprechen einer spezifischen männlichen Fantasie und
haben eine hohe „fuckability“.
Sie sollen sexy sein, aber auch fürsorgliche Mutter, erfolgreich, aber auch
begehrenswert – und zwar nicht für sich selbst, sondern als Objekt
männlicher Begierde. Aufgedrückt bekommen Flinta* dieses Gütesiegel von
cis-hetero Männern wie ein Vanillepudding von Stiftung Warentest: lecker,
schmeckt.
Dass der Begriff „nicht ganz unproblematisch“ ist, räumt auch die
Sprecherin ein: „Auch wenn die meisten drüber lachen, bleibt er
sexistisch.“ Das Hauptproblem sieht der Mietwagenanbieter jedoch nicht im
Sexismus, sondern – na klar – im Vandalismus. Diesen beklagte Miles schon
im vergangenen Jahr lautstark.
Damals wurden die abgewandelten Logos noch korrigiert. Inzwischen sei das
nicht mehr abbildbar, findet die Sprecherin. Nun werde das Logo erst in die
Ursprungsform gebracht, wenn ein Auto ohnehin in die Werkstatt muss.
## Voll entspannt bei Misogynie
Das sexistische Witzchen kann das Unternehmen auch deshalb inzwischen so
entspannt sehen, weil es massenhaft Aufmerksamkeit erzeugt. Es werden Fotos
auf Social Media geteilt, in Podcasts darüber gescherzt,
Influencer*innen und Marken wollen kooperieren.
Eine Agentur habe ihnen vorgeschlagen, mit Fotos von den MILFS-Autos auf
Pornhub zu werben, so die Sprecherin. „Damit ist der Druck derzeit für uns
nicht so groß, etwas daran zu ändern.“ Die MILFS kommerzialisieren würden
sie jedoch nicht, das sei aus Sicht des Konzerns „unauthentisch“. „Ich
persönlich finde das auch viel sympathischer, es einfach laufen zu lassen.“
Ach, wie sympathisch, Misogynie einfach ihren Lauf nehmen zu lassen.
28 Mar 2025
## LINKS
[1] /Mythen-zu-Sex-im-Alter/!5709476
[2] /Catcalling-auf-Berlins-Strassen/!6034464
[3] /Erotikmesse-Venus-in-Berlin/!6044955
## AUTOREN
Lilly Schröder
## TAGS
Carsharing
Sexismus
Pornografie
Berlin
sexuelle Belästigung
sexuelle Belästigung
Männer
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