# taz.de -- Die Wahrheit: Und Bob sah, dass es gut war … | |
> Er war einer der ganz Großen der populären Fernsehkunst, der Pinsel und | |
> Spachtel schwingende Maler Bob Ross mit der durchdringend sanften Stimme. | |
In diesem Jahr jährt sich der Todestag von Bob Ross zum 30. Mal. Ich bin | |
immer wieder erstaunt darüber, dass es Leute gibt, die diesen vielleicht | |
größten Künstler des 20. Jahrhunderts gar nicht kennen. Aber okay, nicht | |
jeder, der beim Herumzappen auf die alten Sendungen mit Ross stößt, fühlt | |
sich dem journalistischen Credo verpflichtet, auf das wir Wahrheit-Autoren | |
zu Beginn unserer Tätigkeit singend eingeschworen werden: „Wer, wie, was? | |
Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm!“ Die Meisten schauen | |
Bob kurz ratlos zu, fragen sich nichts und zappen dann weiter. | |
Fürs Protokoll: Ich bin kein Fan der dekorativen Landschaftsmalerei. Ich | |
bin auch kein Fan der nicht-dekorativen Landschaftsmalerei. Mich | |
interessiert Malerei überhaupt nicht. Was nicht heißt, dass ich diese | |
Kunstform abwerten möchte. Sie spricht mich einfach nicht an. So wie mich | |
kulinarisch Grünkohl nicht anspricht. Oder die geruchsintensive isländische | |
Vorweihnachtsspeise „kæst skata“ – verfaulter Rochen. Aber wer’s mag �… | |
Funfact am Rande: Isländer stoßen zum „kæst skata“ mit Milch an, vermutl… | |
weil diese die Fäulnis-Gase neutralisiert. Ansonsten würden jährlich am 23. | |
Dezember unzählige Isländer explodieren. | |
Zurück zu Bob: Seine künstlerische Hinterlassenschaft besteht nicht etwa | |
aus Gemälden. Das Ross’sche Erbe, sein wahres Œuvre, ist die zwischen 1983 | |
und 1994 entstandene Fernsehserie „The Joy of Painting“. | |
In jeder Episode dieses TV-Kunstkurses malte er ein neues gegenständliches | |
Bild, obwohl seine Technik eher abstrakt war. Zwar beherrschte er auch alle | |
klassischen Pinseltechniken, vor allem aber war Bob ein Meister der | |
Spachtelei. Wählt er etwa ein schilfbewachsenes Teichufer als Motiv, so | |
schmiert er zunächst mit einem Spachtel eine amorphe Fläche aufs Bild und | |
kratzt dann flink mit einer Ecke des mit Restfarbe verunreinigten Werkzeugs | |
die einzelnen Halme auf die Leinwand. Aus der Nähe alles Struktur und | |
Muster, aus der Entfernung fast Fotorealismus. | |
Noch wichtiger als die Maltechnik war für Bobs Schaffen aber die Stimme. | |
Während er malt, beschreibt er sein Vorgehen so sanft hauchend, dass dieser | |
Sound bei manchen Menschen ein wohliges Hautkribbeln, eine „Autonome | |
sensorische Meridianreaktion“ (ASMR) erzeugt. Ross gilt deswegen in der | |
Hautkribbel-Community bis heute als „King of ASMR“. | |
Die visuelle Krönung des Gesamtkunstwerkes „The Joy of Painting“ mit 403 | |
Folgen in 31 Staffeln ist Bobs dunkelblonder Fake-Afro, den er sich | |
jahrzehntelang per Dauerwelle auf den Kopf modellieren ließ. Wie eine | |
Gloriole umrahmt er Bobs Gesicht und verpasst ihm so die Aura eines | |
mittelalterlichen Heiligen. | |
Tatsächlich reenactet Bob Ross in jeder Folge den göttlichen Schöpfungsakt: | |
Am Anfang ist nichts, dann nach sechs Tagen respektive dreißig Minuten ist | |
da eine Welt. Und Bob atmet tief ein, sagt mit seiner ASMR-Stimme: Es ist | |
sehr gut. | |
26 Mar 2025 | |
## AUTOREN | |
Hartmut El Kurdi | |
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