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# taz.de -- Ewiges Eis schmilzt dahin: Emden in 75 Jahren unter Wasser
> Die Gletscher verschwinden rasant. Das könnte den Meeresspiegel bis Ende
> des Jahrhunderts um 1,10 Meter anheben, sagt der Weltklimarat IPCC.
Bild: Das Eis des Gletschers am Watzmann ist längst zum größten Teil als Was…
Berlin taz | Lima, die Hauptstadt Perus, liegt in einem der trockensten
Gebiete dieser Welt. Hier fallen jährlich im Schnitt lediglich 13
Millimeter Niederschlag pro Quadratmeter. Zum Vergleich: In der Sahara
beträgt der durchschnittliche Niederschlag 45 Millimeter. Es gibt drei
Flüsschen, die das [1][Trinkwasser aus den Anden] nach Lima transportieren,
den Rio Chillón im Norden, den Río Rímac im Zentrum und den Rio Lurin im
Süden.
Gespeist werden diese Lebensadern für die elf Millionen Menschen im
Großraum Limas von Andengletschern. Aber diese werden wegen der steigenden
Temperaturen spätestens in zehn Jahren verschwunden sein: Weltweit ist das
rasante Schmelzen der Gletscher eindrückliches Zeichen der Klimaerhitzung.
Allerdings sind die Anden nicht einmal der Hotspot des Gletschersterbens.
[2][Eine Studie zeigt:] Die Gebirge mit dem rapidesten Verlust an ewigem
Eis sind die Alpen und die Pyrenäen. Hier sind die Gletscher den Forschern
zufolge seit dem Jahr 2000 bereits um etwa 39 Prozent geschrumpft. Im
weltweiten Durchschnitt ging die Eismasse im gleichen Zeitraum lediglich um
5 Prozent zurück.
„Die Alpen- und Pyrenäengletscher sind vergleichsweise klein“, erklärt
Tobias Bolch vom Institut für Geodäsie der TU Graz, der an der Studie
beteiligt war. Dies sei ein Nachteil: „[3][Gletscher haben generell einen
kühlenden Effekt auf das Mikroklima ihrer Umgebung]. Bei kleinen Gletschern
ist dieser Effekt jedoch nur schwach ausgeprägt.“ Deshalb seien diese viel
anfälliger. Zudem liegen die meisten der Gletscher in den Alpen und
Pyrenäen in geringer Höhenlage. Dort steigt die Temperatur besonders stark.
## Fünfmal der Bodensee
Aktuell gibt es weltweit noch rund 275.000 Gletscher, in denen riesige
Mengen an Süßwasser gespeichert sind. Doch dieser Speicher schrumpft
rasant: Seit dem Jahr 2000 haben allein die Eismassen an Land pro Jahr rund
273 Milliarden Tonnen Eis verloren. Dadurch ist jährlich fünfeinhalbmal so
viel Wasser zusammengekommen, wie im Bodensee ist. Dieser fasst ungefähr 50
Milliarden Tonnen Süßwasser. Der Meeresspiegel stieg allein durch das
Schmelzwasser aus diesem Speicher um 1,8 Zentimeter.
Gletscher wie etwa der grönländische Eisschild oder die auf der Antarktis
sind in dieser Rechnung nicht mit berücksichtigt. Eine im vergangenen Monat
im Wissenschaftsmagazin Science [4][erschienene Studie der Universität
Hamburg] zeigt, dass durch das schmelzende Eis in Grönland mindestens 20
Zentimeter dazukommen. Ohne Klimaschutz, so prognostiziert der Weltklimarat
IPCC, wird es binnen der kommenden 75 Jahre einen Anstieg von bis zu 1,1
Meter geben. Das ostfriesische Emden etwa liegt 1 Meter über dem aktuellen
Meeresspiegel und wäre damit überschwemmt.
Die [5][Vereinten Nationen haben 2025 zum „Internationalen Jahr der
Erhaltung der Gletscher“] ausgerufen, um deren Bedeutung wieder mehr ins
Bewusstsein zu rücken. Für die Trinkwasserversorgung, aber auch für die
Landwirtschaft oder die Industrie – mehr als zwei Milliarden Menschen sind
auf intakte Gletscher angewiesen, die die Flüsse speisen. Am 21. März
wollen die Vereinten Nationen nun erstmals einen Weltgletschertag begehen.
## Zugspitze bald eisfrei
Der [6][rasante Glescherschwund lässt sich auch am höchsten Berg
Deutschlands, der Zugspitze], beobachten: Im 19. Jahrhundert dehnte sich
der Schneeferner noch auf 300 Hektar aus, vor etwa einhundert Jahren
zerfiel der größte deutsche Gletscher in einen nördlichen und südlichen
Teil. 2018 betrug die Eisdicke am nördlichen Schneeferner an seiner
tiefsten Stelle noch etwa 10 Meter, heute sind es keine 6 Meter mehr. Der
südliche Teil ist bereits verschwunden. „Spätestens 2030 wird die Zugspitze
eisfrei sein“, sagt die österreichische Glaziologin Andrea Fischer. Auch
eisfreie Ostalpen seien nicht mehr allzu fern.
Die von Nature veröffentlichte Studie beziffert die Rasanz der Entwicklung:
In der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraums waren die Eisverluste um
36 Prozent höher als im Zeitabschnitt 2000 bis 2011. „In den europäischen
Alpen haben wir die Abflussspitze schon überschritten“, sagt Tobias Bolch.
Die Gletscher Mitteleuropas fallen so als kontinuierliche Wasserlieferanten
weg, mit dramatischen Folgen für eine der wichtigsten
Binnenschifffahrtsstraße Europas, den Rhein.
9 Mar 2025
## LINKS
[1] /Gletscher-in-Patagonien/!5958619
[2] https://www.nature.com/articles/s41586-024-08545-z
[3] /Eisschmelze-in-Arktis-und-Antarktis/!6035366
[4] https://www.science.org/doi/10.1126/science.ads1549
[5] https://www.un-glaciers.org/en
[6] /Klimawandel-und-Tourismus/!6028051
## AUTOREN
Nick Reimer
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