# taz.de -- Linkspartei so gut wie nie in Hamburg: Plötzlich zweistellig und e… | |
> Der Linken gelingt eine beeindruckende Aufholjagd: von 5 Prozent Mitte | |
> Januar auf über 11. Das verdankt sie auch der skurrilen Performance des | |
> BSW. | |
Bild: Sudmann (links), Reichinnek (auch links) und Özdemir (ebenfalls links) | |
Hamburg taz | Mit elf bis zwölf Prozent der Stimmen dürfte die Hamburger | |
Linkspartei bei dieser Wahl ins Ziel gehen. Damit gelang ihr binnen Wochen | |
eine dramatische Aufholjagd. | |
Noch Mitte Januar lag die Linke mit fünf Prozent nahe an der Hürde für den | |
Einzug in die Hamburger Bürgerschaft. An ihrem Wählerpotential von rund | |
zehn Prozent nagte das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Es gab in Hamburg | |
nicht wenige enttäuschte Linken-Anhänger, die sich wegen der Haltung zu | |
Waffenlieferungen für die Ukraine in Richtung BSW orientierten. Zum | |
Ausdruck kam dies bei der Europawahl im Mai, wo die Linke in Hamburg nur | |
5,1 Prozent bekam und das BSW mit 4,9 Prozent fast ebenso viel. | |
Hätte die Linke diesmal den Einzug ins Rathaus verpasst, hätte sie eine | |
Lücke gerissen. Denn wegen ihrer Oppositionsarbeit mit Anfragen und | |
Anträgen zu stadtpolitischen Themen aller Art ist die Partei allseits | |
geschätzt. Spitzenkandidatin Heike Sudmann streitet unermüdlich für eine | |
Stadtbahn, Co-Kandidatin Cansu Özdemir gilt gar als die beliebteste | |
Oppositionspolitikerin der Stadt. | |
Die für den Aufbau eines Hamburger BSW-Landesverbands zuständige | |
Bundestagsabgeordnete Zaklin Nastic wollte ihr Konkurrenz machen. [1][Doch | |
das Vorhaben geriet chaotisch.] Bis Mitte Dezember gab es keinen | |
Landesverband. Erst zehn Tage vor Ende der Anmeldungsfrist für die Wahl lud | |
die Partei zur Gründung eines Landesverbands ein. Zu dieser Zeit hatte das | |
BSW in Hamburg gerade mal 28 Mitglieder, Hunderte Unterstützer blieben | |
außen vor. | |
Die später als „BSW-Rebellen“ bekannt gewordenen Mitglieder Norbert Weber | |
und Dejan Lasic griffen den Unmut auf. Als der Raum für den | |
BSW-Gründungsparteitag kurzfristig gekündigt wurde, verlegten sie die | |
Versammlung an einen anderen Ort, informierten die Parteispitze, gründeten | |
mit sieben BSW-Mitgliedern einen Landesverband und meldeten einen | |
Kandidaten für die Bundestagswahl an. Norbert Weber nannte es eine | |
„Protestreaktion“ auf undemokratische Verhältnisse im BSW. Denn nur die | |
Bundeszentrale durfte neue Mitglieder aufnehmen, nicht die Basis. | |
In der Woche darauf erfolgte die offizielle Gründung des Hamburger | |
BSW-Landesverbands. Das „BSW-Chaos“, eine Reihe von tumultösen Konflikten | |
rund um die nun zwei BSW-Landesverbände, zu denen Hausverbote und | |
Anfechtungen aller Art gehörten, beherrschte fortan die Presse in Hamburg, | |
während von der Linken kaum die Rede war. | |
Doch bald darauf wendete sich das Blatt: Die CDU ließ im Bundestag über das | |
„Zustrombegrenzungsgesetz“ abstimmen, für das auch AfD, FDP und das BSW | |
votierten. Dem setzte die Linke Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek ihre auf | |
Tiktok verbreitete Rede entgegen. Der Rest ist Geschichte. Die Linke | |
kletterte daraufhin auch in Hamburg auf neun Prozent, das BSW sank auf | |
drei. | |
Die Spitzenkandidaten Jan van Aken und Reichinnek hätten „alles richtig | |
gemacht“, attestiert ihnen Norbert Weber, der früher selber in der Linken | |
war. „Die haben einen Flow, die jungen Menschen anzusprechen. Die Linke | |
jetzt ist von den Inhalten her und den Personen nicht mehr die gleiche wie | |
vor zwei, drei Jahren. Die kümmern sich um soziale Themen.“ | |
Vor allem, dass sie sich nicht für Waffenlieferungen einsetze, mache sie | |
für die Menschen, die vom BSW mal begeistert waren, wieder wählbar. Doch | |
auch von enttäuschten Grünen-Wählern profitiert die Partei. [2][Als im | |
September der Bundesvorstand der Grünen Jugend zurücktrat], wechselte auch | |
die Hamburger Grüne und Schulpolitikerin Ivy Müller zur linken Konkurrenz. | |
Bis dato gab es in Hamburg für SPD und Grüne eine komfortable Mehrheit. | |
Nach der Bundestagswahl, bei der die Linke in Hamburg 14,4 Prozent bekam, | |
die SPD knapp 23 und die Grünen 19,3, hatte die Linke plötzlich Rückenwind. | |
SPD-Spitzenkandidat Peter Tschentscher sah seine rot-grüne Mehrheit in | |
Gefahr, [3][schaltete auf Attacke] und warnte davor, die Linke zu wählen. | |
Eine Zusammenarbeit mit ihr komme nicht in Betracht. Schließlich habe die | |
sich in Hamburg „wie in kaum einem anderen Bundesland dafür ausgesprochen, | |
nicht zu regieren“. | |
Das ließen Sudmann und Özdemir nicht auf sich sitzen. Es sei nicht so, dass | |
Hamburgs Linke sich verweigere, sagte Sudmann. Gäbe es eine Mehrheit für | |
eine wirklich soziale Politik, „können wir gern reden“. Stimmen für die | |
Linke wären „noch nie verschenkt“, ergänzte Özdemir. Die Linke habe aus … | |
Opposition stets viel durchgesetzt. | |
Sie wird wahrscheinlich dort bleiben. Denn laut der letzten Vorwahl-Umfrage | |
des „Instituts Wahlkreisprognose“ kann die SPD bequem wählen, ob sie mit | |
den Grünen oder der CDU koaliert: beide Konstellationen hätten zusammen | |
eine satte Mehrheit der 121 Sitze. Auch wenn laut dieser Umfrage | |
rechnerisch hier SPD und Linke mit 61 Sitzen noch eine hauchdünne Mehrheit | |
hätten: Rot-Rot gilt an der Elbe als unwahrscheinlich. | |
2 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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