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# taz.de -- Gemeinsame Zeit: Eine Freundin, eine gute Freundin
> Der stressige Alltag führt bei unserer Kolumnistin dazu, dass sie Treffen
> öfter mal absagt. Dabei sind Freundschaften wichtiger, als wir meinen.
Bild: Die Zeit, die man mit Freund*innen verbringt, ist mitunter die schönste,…
Wir, M und ich, können es selbst kaum glauben. Ist es wirklich schon ein
ganzes Jahr her, dass wir uns zuletzt gesehen haben? Wir überlegen, als wir
am Oranienplatz in ein pornöses Mandelcroissant beißen und wissen es nicht.
Dabei sind wir nicht irgendwelche losen Bekannten, wir sind enge
Freund*innen. Doch [1][mit den Freundschaften ist das in den mittleren
Jahren so eine Sache.] Wir gehen zur Arbeit, in den Discounter und zum
Sport. Wir kümmern uns um Familie und Haushalt, aber die Menschen, mit
denen wir befreundet sind, kommen regelmäßig zu kurz.
Laut einer Umfrage führt die veränderte [2][Lebensrealität zwischen 30 und
40 dazu, dass wir im Schnitt zwei unserer Freund*innen verlieren.] So
weit ist es bei mir zum Glück noch nicht, aber ich merke, dass so manche
Freundschaft nur noch an einem seidenen Faden hängt.
Das macht mich traurig. Denn die Zeit, die man mit Freund*innen
verbringt, ist mitunter die schönste, die man haben kann. Zusammen
frühstücken, Klamotten tauschen, spazieren gehen, über eigene
Unsicherheiten sprechen, sich gegenseitig beratschlagen, gut zureden,
unterstützen.
Als ich mich von meinem damaligen Freund getrennt habe, war M. es, die mich
übergangsweise in ihre WG einziehen ließ. Und als sie mal einen Nebenjob
brauchte, vermittelte ich ihr den Kontakt zu dem Theater, in dem ich damals
jobbte.
## Freundschaften machen glücklich
Der Wissenschaft zufolge können enge soziale Bindungen sogar das Leben
verlängern. [3][Weibliche Weißschulter-Kapuzineraffen] etwa haben eine
höhere Lebenserwartung, wenn sie mit anderen Weibchen interagieren.
Aber auch wir Menschen brauchen Freundschaften dringender, als wir es uns
manchmal bewusst machen. Denn Freundschaften senken das
Sterblichkeitsrisiko ähnlich stark wie Alkohol- oder Zigarettenverzicht und
sind diesbezüglich sogar noch wichtiger als das Gewicht oder Bewegung.
Treffen wir uns mit Freund*innen, schüttet unser Körper Glückshormone aus.
Wir fühlen uns geborgen, weniger gestresst und zufriedener, was sich
wiederum positiv auf unsere Gesundheit auswirkt. Frauenfreundschaften
basieren laut Expert*innen eher auf Intimität und gegenseitigem Support,
während Männer mehr über gemeinsame Unternehmungen bonden.
Die große Nähe zwischen Frauen macht ihre Freundschaften aber manchmal auch
zerbrechlicher. Wirkte es bis vor Kurzem noch so, als sei man
seelenverwandt, fühlt man sich mitunter emotional entfremdet.
Ähnlich irritierend: Die Freundin meldet sich länger nicht oder sagt öfter
ab. Sorry T., A., K. und F.! Ich gelobe Besserung. Richtig katastrophal
sind aber Freundinnen, die lästern, Geheimnisse verraten, zu sehr klammern
oder einem ständig Schuldgefühle machen.
## Scheiß auf die Muckibude
Mit M. und mir ist es hingegen die allermeiste Zeit erste Sahne. Wir haben
uns damals vermutlich auch deshalb zusammengetan, weil wir vom Narzissmus
an unserer Kunstuni irritiert waren, aber die Liebe für dieselben Dinge
teilten: Literatur, Schreiben – und bloß weg von dem, wie wir aufgewachsen
sind.
Ich glaube, dass wir das auch deshalb so gut hinbekommen haben, weil wir
immer aufeinander zählen konnten. Von daher: Scheiß auf die Muckibude und
Wäschewaschen. Heute sehen wir uns wieder.
15 Mar 2025
## LINKS
[1] /Freundschaft-unter-Frauen/!6072072
[2] https://www.vogue.de/artikel/freundschaft-im-alter-wandel
[3] https://www.nationalgeographic.de/tiere/2022/08/primatenstudie-freundinnen-…
## AUTOREN
Anna Fastabend
## TAGS
Kolumne Midlife Monologe
Freundschaft
Einsamkeit
Feminismus
Resilienz
Kolumne Midlife Monologe
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