# taz.de -- Die Wahrheit: Die Gedanken sind endlich frei | |
> Tagebuch eines Raketengehirns: Wie man es anstellt, auf einer Zugfahrt | |
> seinen malträtierten Geist wieder zu aktivieren, davon handelt das | |
> Folgende. | |
Das Schöne am Zugreisen ist ja, dass man die Gedanken mal so richtig | |
loslassen kann. Auf der mäßig aufregenden Strecke zwischen Berlin und | |
Hamburg bot sich zwischen Solarpaneelen, Windrädern und traurigen | |
Kiefernplantagen endlich geeigneter Leerraum, um dort all den Schrott zu | |
entsorgen, der im Laufe der letzten Wochen meinen armen Geist unter sich | |
begraben hatte. | |
Befreit aus ihrem dunklen Hirngefängnis regneten wie bei einer explodierten | |
Elon-Musk-Rakete meine Gedankentrümmerteile auf die vor dem Fenster | |
vorbeiziehenden Weiden. Aus einem großen Klumpen plumpsten Trump, Putin und | |
Vance draußen in die Landschaft; es sah aus wie in „Being John Malkovich“, | |
wenn John Cusack neben dem New Jersey Turnpike aufschlägt. | |
Auch damals im Kino war ich keineswegs erstaunt, sondern fand es völlig | |
plausibel, dass auf den öden Highway-Abschnitt zwischen Stundenhotels und | |
der Einfahrt zum Lincoln-Tunnel alles Mögliche herabfallen könnte, warum | |
nicht auch Menschen? Natürlich ohne Schaden anzurichten wie Elons | |
Raketenmüll. | |
Während ich noch wehmütig an alte Zeiten dachte, sondierten die Herren | |
bereits das Terrain. Was würde es hier zu holen geben? Trump zog eine | |
Schaufel aus seinem Hosenbund und begann sofort, nach seltenen Erden zu | |
graben, als mit leichter Verspätung noch Friedrich Merz und die Heidi Klum | |
des fränkischen Faschings, der verkleidungssüchtige, noch immer in seinem | |
Elvis-Kostüm steckende Söder Markus neben ihm runterkrachten. Ja, das Leben | |
ist ein nimmer endender Karneval, obwohl wir längst im ununterbrochenen | |
Halloweenschrecken gefangen sind. | |
## Beunruhigender Bullenbart | |
In letzter Zeit hatte der Markus ja noch mal so richtig ausgeteilt, weil es | |
grundsätzlich immer leichter ist, auf jemanden einzutreten, der nicht | |
selbst treten kann oder will. Vielleicht hat er sich auch deshalb nach der | |
glattrasierten Elvis-Episode den supermännlichen Bart wieder wachsen | |
lassen, den wir früher Bullenbart nannten. Nicht weil der so stark und | |
bullig wirkt, sondern weil er vorwiegend bei Polizisten beliebt war. Sieht | |
man bei denen heute weniger, was ich irgendwie beruhigend finde. | |
Draußen vor dem Zugfenster klopfte sich Trump oder „de fiese Möpp“, wie m… | |
in Köln sagen würde, den Dreck aus dem schlecht sitzenden Anzug; seinem | |
Gesichtsausdruck nach war er mit dem Grabungsergebnis unzufrieden. Auch das | |
Elvis-Kostüm hatte gelitten, es war deutlich, dass die beiden Bullys | |
jemanden suchten, an dem sie ihre Mütchen kühlen könnten, aber der | |
Friedrich und der J. D. hatten noch Schonfrist, und außer denen glotzten da | |
nur noch ein paar Kühe. Mit letzteren soll man sich ja bekanntlich nicht | |
anlegen, könnte schiefgehen. | |
Mein Zug nahm Fahrt auf, „The Orange Man“, wie „de fiese Möpp“ in den … | |
heißt, glühte vor Wut und blieb weiter und weiter zurück, bis er in der | |
Ferne verschwand. Mein Kopf fühlte sich für kurze Zeit leicht an. | |
13 Mar 2025 | |
## AUTOREN | |
Pia Frankenberg | |
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