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# taz.de -- Dortmunds Gegner OSC Lille: Musterverein in Chaosliga
> Der OSC Lille möchte gegen Dortmund sein Märchen in der Königsklasse
> weiterschreiben. In seiner Liga ist der Klub ein sympathischer Underdog.
Bild: Bald wieder auf den Bildschrimen: Spieler von Lille stehen und Dortmund i…
Es ist leicht, in Lille OSC den sympathischen Außenseiter zu sehen. Der
Gegner von Borussia Dortmund hat [1][nach dem 1:1 des Hinspiels] gute
Chancen, heute vor eigenem Publikum sein Märchen als Überraschungsteam der
Champions League fortzuschreiben.
Es basiert auf einer soliden Defensive um den charismatischen Torwart Lucas
Chevalier oder den Ex-Dortmunder Routinier Thomas Meunier, aber auch auf so
herzerwärmenden Geschichten wie der des Ex-Schalkers Nabil Bentaleb, der im
Sommer einen Herzinfarkt erlitt und vorigen Monat bei seinem Comeback vier
Minuten nach seiner Einwechslung gleich ein entscheidendes Tor erzielte.
Dortmund hat noch Glück, dass mit dem Kosovaren Edon Zhegrova der
spektakulärste Offensivspieler verletzt fehlt. Dafür ist immer öfter ein
Mbappé im Einsatz, der 18-jährige Ethan, jüngerer Bruder von Superstar
Kylian. Und für die entscheidenden Treffer gibt es Jonathan David aus
Kanada, der nach dem Sommer nicht mehr in Lille spielen dürfte. Nichts
Neues für „Les Dogues“ – die Doggen –, die regelmäßig ihre besten Ta…
verlieren. Allein in den letzten fünf Jahren erzielten sie rund 315
Millionen Euro Überschuss auf dem Transfermarkt; in Europa handelten nur
Benfica Lissabon und Ajax Amsterdam erfolgreicher.
So etwas wie ein Musterklub also, diese Underdoggen, die 2021 sogar dem
reichen [2][Paris Saint-Germain] sensationell eine Meisterschaft entrissen.
Noch bemerkenswerter ist, dass sie seither gegen den Ligatrend 270
Millionen Euro Schulden abbauten.
Ein addiertes Minus von rund 1,2 Milliarden Euro werden die französischen
Profiklubs allein diese Saison erwirtschaften, prognostiziert die
Finanzaufsicht der Liga. Verbandspräsident Philippe Diallo warnte auf einem
Krisengipfel vorige Woche vor „großen Schwierigkeiten“. Zuvor hatte im
Februar schon eine vergleichsweise kurze Zahlungsaufschiebung des
TV-Rechteinhabers Dazn dafür gesorgt, dass die Liga über einen Notfonds die
Liquidität der Vereine absichern musste.
## Denkwürdiger Wutanfall
Im Zentrum der Malaise stehen rückläufige TV-Einnahmen. Mit häufigen
Anbieterwechseln wurde ein Fußballpublikum vergrätzt, das in Frankreich
sowieso nicht so bedingungslos TV-Abos abschließt wie anderswo und sich
außerdem zu rund einem Drittel über relativ leicht verfügbare Piratenkanäle
bedient. Mit Ach und Krach konnte im Sommer mit Dazn und dem katarischen
Sender BeIn Sports des PSG-Präsidenten Nasser al-Khelaifi noch ein Paket
geschnürt werden, das knapp 500 Millionen Euro pro Saison einbringt.
Bundesliga, Serie A und La Liga erzielen auf ihrem nationalen Markt rund
das Doppelte, die Premier League das Vierfache.
Weder die Erlöse [3][aus den TV-Rechten] noch jene der Verkäufe aus
Frankreichs riesigem Talentpool decken noch die Ausgaben. Auch die
Klubübernahmen durch ausländische Investoren haben nicht für die erhofften
Effekte gesorgt. Der einstige Serienmeister Olympique Lyonnais wird
angesichts von rund 500 Millionen Euro Schulden zum Saisonende laut eines
provisorischen Urteils in die Ligue 2 strafversetzt. Der amerikanische
Eigentümer John Textor wittert dahinter eine Kampagne des PSG, dessen Chef
Khelaifi er bei einer Ligasitzung als „Tyrannen“ bezeichnete. Der Katari
konterte gelassen: „Hör auf, du verstehst nichts, Cowboy.“
Verschwörungstheorien dominieren auch auf dem Platz. Olympique Marseille
muss wegen Schiedsrichterbeleidigungen drei Monate auf Sportdirektor Mehdi
Benatia und für 15 Matches auf Präsident Pablo Longoria verzichten – er
hatte in einem denkwürdigen Wutanfall den französischen Fußball als
„korrupt“ und „Scheiße“ bezeichnet. Da wollte sich Lyon nicht lange bi…
lassen. Der Anfang Februar verpflichtete OL-Trainer Paulo Fonseca kassierte
gar eine Sperre bis Ende November: er hatte einem Schiedsrichter einen
Kopfstoß angedroht.
Nur in der Europa League darf Fonseca arbeiten. Als ihm seine Spieler beim
3:1 in Bukarest jüngst ein Tor widmeten, liefen dem Portugiesen die Tränen.
Gefühle, Streit, Turbulenzen: eigentlich keine schlechte Unterhaltung, der
französische Fußball. Doch zum Lachen taugt er bloß in Lille.
12 Mar 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Florian Haupt
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Champions League
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