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# taz.de -- Anti-AKW-Aktivist: Axel Mayer befürwortete Atomkraft, dann stoppte…
> Als Lehrling war er einer der Besetzer der Baustelle im badischen Wyhl.
> Heute ist Axel Mayer 69 Jahre alt und zieht Bilanz, was sich verändert
> hat.
Bild: Kämpft immer weiter gegen Atomkraft: Axel Mayer feiert die Abschaltung d…
Der 18. Februar 1975 war kalt und die Männer und Frauen verzweifelt. Sie
stellten sich, teils mit ihren Kindern, vor Baumaschinen, sodass diese
stoppen mussten. Einer von ihnen war Axel Mayer, damals noch Teenager. Sein
Ziel: den Bau eines AKW im badischen Wyhl zu verhindern. Der Plan ging auf.
Dabei hatte Axel Mayer ursprünglich gar nichts gegen die Atomkraft. „Der
Walt-Disney-Film ‚Unser Freund das Atom‘ hat mich geprägt.“ Dieser
erzählt die Geschichte des Atoms wie in „1001 Nacht“: So wie Aladin den
Dämon aus der Lampe befreit und sich zum Untertan macht, so haben die
Wissenschaftler die Kraft des Atoms aus dem Uran befreit. „Ich war wie
viele damals [1][Atomkraftbefürworter].“
Allerdings engagierte sich Mayer gegen Umweltzerstörung. Der Lehrling des
Vermessungswesens war auch auf der anderen Rheinseite dabei, im
elsässischen Marckolsheim, wo eine deutsche Firma ein Bleichemiewerk bauen
wollte. Um den toxischen Bleistaub zu verhindern, hatten Anwohner im Herbst
zuvor den Bauplatz besetzt. Mehr als neun Tonnen Blei hätte die geplante
Fabrik in Marckolsheim jährlich ausgestoßen – und das in einer
Weinbauregion. „Bei der Besetzung habe ich zum ersten Mal gehört, dass das
[2][Atom eben doch kein Freund] ist“, erinnert sich Mayer.
Als dann vor seiner Haustür [3][das Atomkraftwerk gebaut] werden sollte,
besetzte er mit Gleichgesinnten den Bauplatz. „Als Lehrling konnte ich
nicht die ganze Zeit da bleiben, ich musste ja arbeiten“, erinnert sich der
heute 69-Jährige. Aber es waren immer so viele Leute da, dass die Polizei
keine Chance hatte zu räumen. Zwar erklärte Baden-Württembergs
Ministerpräsident Hans Filbinger, ohne das AKW würden im „Ländle die
Lichter ausgehen“. Sein Nachfolger Lothar Späth legte die Baupläne später
auf Eis – und dann endgültig zu den Akten.
Mayer nennt das breite Bündnis von Linken bis Konservativen als einen Grund
für den Erfolg. In Wyhl habe es das gegeben, „was man heute ‚window of
opportunity‘ nennt“. Spätere Besetzungen wie in Brokdorf scheiterten, weil
die Polizei aus Einsätzen wie in Wyhl gelernt hat. „Bei uns stand der Wald
beispielsweise noch: Die Polizei hatte weder mit ihren Hubschrauben noch
mit Wasserwerfern eine Einsatzmöglichkeit.“
Mayer hat damals das [4][Radio Dreyeckland] gegründet, [5][das älteste
nicht-kommerzielle Radio Deutschlands.] Und er hat aus seinem Protest einen
Beruf gemacht: 30 Jahre war er Geschäftsführer des BUND in Freiburg.
„Es gab vor 50 Jahren noch Formen der Umweltvergiftung, die heute
unvorstellbar sind – zumindest in Europa.“ Flüsse seien stinkende Kloaken
gewesen, Kinder in der Umgebung von Industrieanlagen litten an Pseudokrupp,
und die Schweiz versenkte ihren Atommüll im Meer. Aber die
Bauplatzbesetzung in Wyhl sei eben auch der Beginn der westdeutschen
Umweltbewegung gewesen.
18 Feb 2025
## LINKS
[1] /Kritik-aus-Berlin-und-Wien/!5825480
[2] /Atomkraft-in-NRW/!6066804
[3] /50-Jahre-Anti-AKW-Bewegung/!6030058
[4] https://rdl.de/
[5] /Razzia-bei-Freiburger-Alternativradio/!5906653
## AUTOREN
Nick Reimer
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