Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Borussia Dortmund in der Königsklasse: Schwarz-gelbe Schwankungen
> Borussia Dortmund muss sich gegen den OSC Lille mit einem Remis begnügen.
> Neben der bekannten Unsicherheit ist die mögliche fehlende Fitness ein
> Thema.
Bild: Hier macht der Dortmunder Karim Adeyemi keine gute Figur
Dortmund taz | Das Gefühl der Ambivalenz sitzt mittlerweile beinahe so tief
wie das der [1][„Echten Liebe“], die die Anhänger von Borussia Dortmund
laut eigener Geschichtsschreibung empfinden. Wie so oft in den vergangenen
Wochen, Monaten und Jahren war das Publikum auch am Dienstag hin- und
hergerissen. Manche pfiffen, als das 1:1 gegen den OSC Lille beendet war,
andere applaudierten.
Zuneigung und Ablehnung hielten sich die Waage: so wie dieses Spiel
zerrissen war in zwei unterschiedliche Hälften, so wie der BVB ein Wesen
mit zwei Gesichtern ist, die beide an diesem Abend zu sehen waren. „Wir
bleiben auf unserem Weg, wir haben nicht verloren“, sagte Sebastian Kehl,
der mit diesen Worten eigentlich Zuversicht verbreiten wollte. Allerdings
wäre ein neuer Weg vielleicht gar nicht so schlecht. Denn ein echter
Fortschritt will einfach nicht gelingen.
Dabei hatte die erste Halbzeit gewirkt wie eine Fortsetzung der
Aufschwungphase, die dem Team in der Bundesliga kürzlich zwei Siege in
Folge beschert hatte: ein am Ende entfesseltes 6:0 gegen Union Berlin und
das von Effizienz und Stabilität geprägte 2:0 beim FC St. Pauli. Nun
spielten die Dortmunder auch gegen Lille eine Hälfte auf gehobenem
Champions-League-Niveau. Karim Adeyemi schoss ein brillantes Tor (22.) und,
noch wichtiger, alle halfen aufmerksam und voller Energie dabei mit, das
eigene Tor zu verteidigen.
Gutgläubige Menschen konnten der Annahme verfallen, dass der [2][seit
Anfang Februar in Dortmund] arbeitende Trainer Niko Kovač eine Art
Durchbruch bewirkt haben könnte. „Wir waren griffig, waren in den
Zweikämpfen stark, hatten eine gute Ballzirkulation“, sagte Kovač, der
konsequent darauf verzichtete, seine Mannschaft wegen des Leistungsabfalls
zu kritisieren.
„Wir sind nicht mehr in die Zweikämpfe gekommen, wir hatten nicht mehr die
Räume wie in der ersten Hälfte“, sagte der Trainer nüchtern. Auch während
des Spiels coachte er wohlwollend, nachdem das Team nach der Pause nur noch
mit deutlich reduziertem Energieeinsatz spielte. „Die Intensität hat
gefehlt“, sagte Pascal Groß. Kovač blieb demonstrativ ruhig.
## Spaziergang von Adeyemi
Am deutlichsten wurde das Problem, als der Ausgleich nach einem
fehlerhaften Balleroberungsversuch von Marcel Sabitzer fiel. Ja, der
Österreicher hatte sich ungeschickt verhalten, aber in der ersten Halbzeit
hätte das Kollektiv den Fauxpas ausgebügelt.
Konkret wäre Adeyemis Unterstützung hilfreich gewesen, weil in seinem
Rücken Julian Ryerson plötzlich zwei Gegenspieler hatte und sich zu spät
auf den Torschützen Hákon Haraldsson konzentrierte. Inmitten der sich
anbahnenden Gefahrenlage war Adeyemi aber nach vorne spaziert, als habe er
mit dem Verteidigen nichts mehr zu tun, nachdem ihm ein schönes Tor
gelungen war.
So etwas passiert in solch einem bedeutenden Spiel weder einem großen
Spieler noch einer großen Mannschaft. Die Verantwortlichen gingen nicht auf
die offensichtlichen mentalen Probleme des Teams ein. „Wir hatten viele
leichte Ballverluste, haben keine Sicherheit mehr in unser Spiel bekommen,
haben wenige fußballerische Lösungen gefunden“, befand Kehl.
Dieser nachsichtige Umgang mit dem Team könnte auf der Überzeugung beruhen,
dass öffentliche Kritik verunsicherten Spielern wie Julian Brandt oder
Jamie Gittens noch mehr Selbstvertrauen rauben würde. Derzeit wird im
Umfeld des Teams auch über eine andere Erklärung spekuliert: einen
grundlegenden Mangel an körperlicher Fitness. „Es war am Ende auf gar
keinen Fall eine Kraftfrage“, behauptete Nico Schlotterbeck zwar, aber
dieses Thema wird bleiben, weil es Indizien physischer Schwächen gibt.
So ist in der Bundesliga nur der VfL Bochum weniger gelaufen. Die in der
Regel gut informierten Ruhr Nachrichten wollen erfahren haben, dass Kovač
am Fitnesszustand seiner Spieler „verzweifelt“. Insofern wäre es
aufschlussreich, den BVB am kommenden Mittwoch im Rückspiel in einer
Verlängerung spielen zu sehen, wobei [3][diese Wundertütenmannschaft]
ebenso gut nach 90 Minuten glanzvoll in Lille gewinnen oder eben sehr
deutlich verlieren kann. Kovač wird sich an die schwarz-gelben Schwankungen
gewöhnen müssen.
5 Mar 2025
## LINKS
[1] /Kolumne-Liebeserklaerung/!5482692
[2] /BVB-entlaesst-Trainer-Nuri-Sahin/!6060180
[3] /Borussia-Dortmund-in-der-Krise/!5975813
## AUTOREN
Daniel Theweleit
## TAGS
Borussia Dortmund
Champions League
Krise
Kolumne Press-Schlag
FC Barcelona
Kolumne Press-Schlag
Kolumne Press-Schlag
Fußball-Bundesliga
Fußball
## ARTIKEL ZUM THEMA
Saisonabschluss von Borussia Dortmund: Der große Illusionist namens Niko
Nach einer scheinbar vermurksten Saison ist Borussia Dortmund nun in der
Königsklasse dabei. Auch Dank der psychologischen Tricks ihres Trainers.
Barcelonas Offensivfußball: Erinnerungen an die ganz großen Zeiten
Hansi Flick hat den FC Barcelona wieder zum Maß der Dinge gemacht. Nach dem
4:0 gegen dem BVB in der Champions League staunen die Beobachter.
Männerfußball: Frühling der frühen Erwartungen
Die B-Elfen bei den Topteams bringen’s einfach nicht, der Titel ist
entschieden. Und der Hamburger SV freut sich schon auf den FC St. Pauli.
Watzkes Wahlwerbung für Merz: Sauerländischer Filz beim BVB
Aki Watzke macht unangenehmen Wahlkampf für Friedrich Merz. Und ligaweit
teilen pöbelnde alte Herren wie er, Hoeneß oder Zingler einen Sound.
BVB entlässt Trainer Nuri Sahin: Offenbarungseid mit Folgen
Viertes Spiel des Jahres, vierte Niederlage: Dem BVB aus Dortmund bleibt
nichts anderes, als den Trainer zu entlassen. Schuld sind aber auch andere.
Verhasstes Sponsoring: Rheinmetall politisiert Borussia
Die Mitgliederversammlung des BVB votiert gegen den Deal mit dem
Waffenhersteller. Klubboss und CDUler Watzke bleibt dennoch gelassen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.