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# taz.de -- Ex-Bundespräsident Horst Köhler ist tot: Manchmal farblos, meiste…
> Ein kompliziertes Casting machte Horst Köhler einst zum Bundespräsident.
> Im Amt war er proafrikanisch, christlich grundiert und politisch klug.
> Ein Nachruf.
Bild: Horst Köhler widmete sich als Bundespräsident besonders der Entwicklung…
Berlin taz | Er war schon viele Jahre Teil der politischen Funktionselite
der Bundesrepublik, ehe ein kompliziertes Casting ihn zum Kandidaten für
das Bundespräsidentenamt machte: Horst Köhler schien der geeignete Mann
für ein Amt, das keine politische Bestimmungsgewalt in sich trägt, das
vielmehr zu repräsentieren hat.
Er war weder ein politisches Schwergewicht wie sein Vorgänger, der
Sozialdemokrat Johannes Rau, noch war er ein Wegzulobender wie sein
Nachfolger, [1][Christian Wulff]. Er war auch kein politischer Dissident
wie sein späterer Nachfolger Joachim Gauck. Köhler, CDU-Mitglied erst seit
1981, kam aus der Wissenschaft. 1977 promovierte er mit einer Arbeit unter
dem Titel „Freisetzung von Arbeit durch technischen Fortschritt“. Er wurde
Finanz- und Wirtschaftsexperte, stieg in höhere Ministeriumsränge auf.
Dass er schließlich, trotz rot-grüner Bundesregierung und Mehrheit im
Bundestag, von Oppositionsführerin Angela Merkel für die Kandidatur
auserkoren wurde, lag an der Zusammensetzung der Bundesversammlung. Union,
FDP und Freie Wähler hatten hier die Mehrheit. Als Konservativer ohne
reaktionäres Profil, als einer aus dem Staatsapparat, als
Verfassungspatriot schien er eine politisch sichere Wahl.
Er wurde trotz gewünschter Farblosigkeit ein Mann mit als wichtig
anerkannten Eigenschaften: Horst Köhler widmete sich besonders der
Entwicklungspolitik, vor allem in Afrika und Asien. [2][Sein Credo:
Deutschland interessiere sich nicht genug für Afrika, es verkenne den
Kontinent als Weltflecken der Armut.] Er glaubte an die Chancen technischen
Fortschritts. Entwicklungshilfe zur Armutslinderung sei zu wenig. Er hoffte
stets, dass deutsche Unternehmen – wie aktuell besonders chinesische – in
Projekte Afrikas investieren.
## Merkel versuchte ihn vom Bleiben zu überzeugen
Seine Wiederwahl 2009 war fraglos gewollt. Nicht jedoch, dass er 2010 auf
dem Rückflug nach einem Besuch bei der Bundeswehr in Afghanistan einem
Reporter sagte: „Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem
Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein
Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch
Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch
militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren.“ Die
Empörung im linken Spektrum nach dieser Aussage war groß. Jürgen Trittin,
Fraktionschef der Grünen, sprach von „Kanonenbootpolitik“.
Doch auch im eigenen Lager fanden solch offene Worte keinen Applaus: Ein
Bundespräsident habe sich politisch zurückzuhalten. Dass der Mann nur
aussprach, was heutzutage als außenpolitischer Komment gelten kann,
verblüfft in der Klarheit noch jetzt. [3][Wenige Tage nach dieser Aussage
trat Köhler zurück]. Merkel, inzwischen als Kanzlerin, will vergebens
versucht haben, ihn zum Bleiben zu bewegen. Ihm werde viel Schlimmes
vorgeworfen, so Köhler, etwa, dass er das Grundgesetz angegriffen habe.
Nach seiner Amtszeit fand Köhler seine Aufgabe auch in der UNO. Sein Wirken
blieb proafrikanisch, christlich grundiert, politisch klüger als das der
allermeisten in der deutschen Politik. Er verstand sich als Weltbürger, der
über den eigenen Horizont hinausblicken wollte.
Im Alter von 81 Jahren ist Horst Köhler am Samstag in Berlin
[4][gestorben].
2 Feb 2025
## LINKS
[1] /Wulffs-heiraten-zum-3-Mal/!5921336
[2] /Berliner-Rede/!5194114
[3] /Ruecktritt-von-Horst-Koehler/!5141870
[4] /Ehemaliger-Bundespraesident/!6066500
## AUTOREN
Jan Feddersen
## TAGS
Horst Köhler
Schloss Bellevue
Bundespräsident
Nachruf
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