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# taz.de -- Protest gegen Podiumsteilnahme: AfD spaltet Hamburger Anwaltverein
> Zu einer Podiumsdiskussion haben Anwalt- und Richterverein den
> AfD-Politiker Wolf eingeladen. Rechtsanwält:innen treten deshalb aus
> dem HAV aus.
Bild: Der AfD-Abgeordnete Alexander Wolf – hier spricht er in der Aktuellen S…
Hamburg taz | Im Hamburger Ziviljustizgebäude soll nächste Woche der
Vorsitzende der AfD-Bürgerschaftsfraktion über Rechtsfragen diskutieren.
Eingeladen zu der Podiumsdiskussion hat ihn der Hamburgische Anwaltverein
(HAV). Das hat heftige Kritik hervorgerufen: Rechtsanwält:innen und
Strafverteidiger:innen fordern den HAV auf, die Einladung
zurückzuziehen. Einige sind bereits aus dem Verein ausgetreten. Auch
eingeladene Politiker:innen drohen, an der Veranstaltung nicht
teilzunehmen.
Anlässlich der [1][Bürgerschaftswahl in Hamburg Anfang März] plant der HAV
nächste Woche Donnerstag zusammen mit dem Hamburgischen Richterverein
(HRIV) eine Podiumsdiskussion, bei der Politiker:innen über den
Rechtsstandort Hamburg diskutieren sollen. Auf der Agenda stehen Themen wie
der Pakt für den Rechtsstaat, Justizvollzug und die Sanierung des
Strafjustizgebäudes.
Eingeladen wurden die rechtspolitischen Sprecher:innen aller in der
Hamburgischen Bürgerschaft vertretenen Parteien – darunter eben auch Wolf,
der seit 2015 für die AfD in der Bürgerschaft sitzt. Wolf ist Herausgeber
der Nazi-Liedersammlung „Schlachtruf“.
Die Hamburger Strafverteidigervereinigung, einzelne Rechtsanwält:innen
und die Linke forderten den [2][Anwaltverein] nun auf, den AfD-Politiker
wieder auszuladen. Die Rechtsanwältin für Strafrecht, Doris Dierbach, war
eine der Ersten, die sich an den HAV wandte. Sie wollte die Veranstaltung
besuchen, bis sie las, dass auch Alexander Wolf eingeladen ist. „Die Idee
mit erklärten Antidemokraten zu diskutieren, finde ich grotesk“, sagt
Dierbach.
## Nicht zu Neutralität verpflichtet
Nachdem sie den Verein in einer ersten Mail aufgefordert hatte, den
AfD-Politiker auszuladen, schrieb sie einen offenen Brief. Zeitgleich
erklärte sie zusammen mit ihrem Anwaltskollegen den Austritt aus dem
Verein. „Die AfD einzuladen, bedeutet, Antidemokraten den roten Teppich
auszurollen“, sagt Dierbach und das tue nicht not. Der Verein sei nicht zur
Neutralität verpflichtet und könne selbst entscheiden, wen er einlade.
Innerhalb der Strafverteidervereinigung hätten viele Mitglieder ihr
Entsetzen geäußert, erzählt der Vorstandsvorsitzende Arne Timmermann. Von
den zehn Mitgliedern des Vorstandes hätten alle, die Mitglied des HAV
sind, ihren Austritt angekündigt.
Anwalt- und Richterverein verträten bedeutende juristische Berufsgruppen,
die für die Grundwerte der Verfassung eintreten, heißt es in einem Brief
der Strafverteidigervereinigung. Die AfD zu einer Diskussionsrunde
einzuladen sende ein falsches Signal. „Das lässt die AfD wie eine ganz
normale, demokratische Partei erscheinen“, sagt Timmermann“, „das ist sie
nicht“.
Gerade, wenn über rechtliche Themen gesprochen werden solle, könne die AfD
nicht dabei sein. „Man kann nicht über den Pakt für den Rechtsstaat
sprechen und gleichzeitig einen AfD-Vertreter einladen, der den Rechtsstaat
abschaffen will“, sagt Timmermann. „Mit Faschisten diskutiert man nicht.“
Die Strafverteidigervereinigung und die ausgetretenen
Rechtsanwält:innen sind sich darin einig, dass man die AfD
grundsätzlich nicht einladen dürfe. „Dass der eingeladene Vertreter nun
[3][ausgerechnet Alexander Wolf] ist, kommt noch hinzu“, sagt Timmermann.
Jemand, der eine Nazi-Liedersammlung herausgebe und auf seiner Website zur
Remigration aufrufe, eigne sich nicht als Gesprächspartner. „Das ist ein
Hardcore-Nazi“, sagt der Mann von der Strafverteidigervereinigung.
Der HAV weist die Vorwürfe, er würde damit Rechtsextremen den Weg bahnen,
von sich. In seiner Stellungnahme heißt es, er habe zwar Verständnis dafür,
habe sich aber entschieden, alle Parteien einzuladen, die aktuell im
Hamburger Parlament vertreten sind und zur Wahl stehen. Außerdem gehe man
davon aus, dass die Teilnehmer:innen in der Lage sein würden,
undemokratischen Aussagen zu bewerten. Dafür werde auch der Moderator
sorgen.
Am Montag hatte der Vorstand des Anwaltvereins dennoch eine
Sondersitzungeinberufen und erneut abgestimmt. Die Mehrheit sprach sich
dafür aus, Wolf weiterhin einzuladen.
Der HRIV teilt den Standpunkt des [4][Anwaltvereins]. Auf taz-Anfrage
teilte er zudem mit: „Die Entscheidung, eine oder mehrere Parteien nicht
einzuladen, wäre eine politische.“ Mit der Überparteilichkeit des Vereins
sei dies nicht vereinbar.
Timmermann könnte noch verstehen, dass sich die Vereine verrannt haben.
„Aber dass man trotz all der Kritik am Ende dabei bleibt, das finde ich
fast schlimmer“, sagt er.
Die [5][Linken-Politikerin Carola Ensslen], die ebenfalls als Diskutantin
zur Podiumsdiskussion eingeladen war, hat inzwischen Konsequenzen gezogen:
Sie wird nicht an der Veranstaltung teilnehmen, solange die AfD eingeladen
bleibt. „An Schulen gibt es aufgrund des Neutralitätsgebots keine Wahl“,
sagt sie. „Aber beim Anwaltsverein können sie frei entscheiden, wen sie
einladen.“ Auch Lena Zagst von den Grünen hat ihre Teilnahme an der
Veranstaltung nun zurückgezogen.
30 Jan 2025
## LINKS
[1] /Buergerschaftswahl-Hamburg-in-Zahlen/!6064137
[2] /Folgen-des-Koalitionsbruchs/!6047862
[3] /AfD-Politiker-in-Hamburg/!6057203
[4] https://www.hav.de/de/
[5] /Unterkunft-fuer-LGBTQI-Gefluechtete/!6064229
## AUTOREN
Franka Ferlemann
## TAGS
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