# taz.de -- Migration nach Großbritannien: UK verschärft Migrationsgesetz | |
> Flüchtlinge, die per „gefährlicher Einreise“ illegal kommen, können ke… | |
> Staatsbürger mehr werden. Das steht jetzt in der Richtlinie zur | |
> Einbürgerung. | |
Bild: Migranten machen sich im französischen Wimereux auf den Weg nach Großbr… | |
London taz | Flüchtlingen, die sich per „gefährlicher Einreise“, etwa in | |
Lastwagen versteckt oder per Bootsüberquerung, unerlaubt in das Vereinigte | |
Königreich begeben haben, soll in Zukunft die Aussicht auf eine britische | |
Staatsangehörigkeit verwehrt werden. So steht es in am Montag | |
aktualisierten Richtlinien zur amtlichen Einschätzung eines Antrags auf | |
Einbürgerung in Großbritannien. | |
Die Aktualisierung erfolgte zeitgleich mit neuen parlamentarischen | |
Initiativen [1][der Labour-Regierung] zur Einwanderungspolitik. Die | |
Regierung will neue Strafen und erhöhte Strafmaße für die Organisation und | |
Beihilfe zur illegalen Einwanderung einführen. Die automatische Abschiebung | |
illegal eingewanderter Asylbewerber:innen hingegen, erst 2023 von den | |
Konservativen beschlossen, soll abgeschafft werden. | |
Die illegale Flüchtlingseinreise aus Frankreich auf kleinen Booten über den | |
Ärmelkanal ist seit Jahren [2][Lieblingsthema rechter und rechtsextremer | |
Politik] in Großbritannien. 45.772 Menschen kamen im Jahr 2022 auf diesem | |
Weg ins Land und wurden ins Asylverfahren aufgenommen, ein Rekordwert. 2023 | |
sank die Zahl unter anderem [3][wegen eines Rückführungsabkommens mit | |
Albanien] auf 29.437, 2024 stieg sie wieder auf 36.816. | |
## Ohne Rechtsanwalt keine Chance | |
Am Montag noch hatte der innenpolitische Sprecher der Konservativen, Chris | |
Philip, die von Labour geplante Aufhebung des Gesetzes von 2023 zur | |
illegalen Einwanderung, welches just die Aussicht auf britische | |
Staatsbürgerschaft für illegal eingereiste Personen ausschloss, bemängelt. | |
Der auf Staatszugehörigkeitsfragen spezialisierte Rechtsanwalt Adrian Berry | |
erklärte der taz, dass die Aktualisierung der Richtlinien vielen Menschen | |
die Möglichkeit auf Staatsbürgerschaft rauben könne, trotz Raumes für | |
rechtliche Interpretationen. „Das Problematische ist, dass man dazu einen | |
kompetenten Rechtsanwalt benötigt. Eine Normalperson, die keinen hat, ist | |
hier chancenlos.“ | |
Flüchtlingen und anderen Personen, die auf ordnungswidrigen Wegen ins Land | |
einreisten, sei somit der letzte wesentliche Schritt zur Integration | |
verwehrt. Gerade im Fall von Flüchtlingen sei dies ein Bruch der Genfer | |
Flüchtlingskonvention. Diese lautet: „Die vertragschließenden Staaten | |
werden so weit wie möglich die Eingliederung und Einbürgerung der | |
Flüchtlinge erleichtern. Sie werden insbesondere bestrebt sein, | |
Einbürgerungsverfahren zu beschleunigen und die Kosten dieses Verfahrens so | |
weit wie möglich herabzusetzen.“ Dies sei damit auch in Großbritannien | |
geltendes Recht. | |
„Auf der einen Seite werden eingewanderte Personen dafür kritisiert, dass | |
sie sich nicht integrieren würden, auf der anderen lässt man es also nicht | |
zu, dass sie sich integrieren“, so Berry. „Es geht hier um die | |
Wahlbeteiligung und Beteiligung an den Rechtsprozessen als Bürger statt nur | |
als deren Objekt. Es hat auch psychische Auswirkungen und gibt ihnen das | |
Gefühl, Bürger zweiter Klasse zu sein.“ Keine einzige Person werde dadurch | |
davon abgehalten, den Ärmelkanal zu überqueren. | |
## Konservative Kemi Badenoch: Staatsbürgerschaft ist Privileg | |
Ein Sprecher des Innenministeriums sagte der taz, dass es bereits Regeln | |
gäbe, welche jenen, die illegal ins Land einreisten, die Einbürgerung | |
verwehrten. „Die Richtlinien stärken Maßnahmen, die klarstellen, dass jede | |
Person, welche sich illegal in das Vereinigte Königreich begebe, den Antrag | |
auf Staatsbürgerschaft verwehrt bekommt.“ | |
Auch Labour-Hinterbänklerin Stella Creasy kritisierte die neue Richtlinie. | |
„Es ist unlogisch, Flüchtlingen zu erlauben, im Vereinigten Königreich zu | |
bleiben, aber ihnen die Staatsbürgerschaft zu verwehren, wenn es keine | |
sicheren gesetzmäßige Einreisemöglichkeiten gibt“, sagte sie der BBC. | |
Bei der wöchentlichen Fragestunde im Parlament musste Premierminister Keir | |
Starmer ebenfalls Fragen zur Staatsbürgerschaft von Flüchtlingen | |
beantworten. Die konservative Oppositionsführerin Kemi Badenoch betonte, | |
dass Staatsbürgerschaft ein Privileg und kein automatisches Recht sei. | |
Konkret ging es um ein Gerichtsurteil, dass einem palästinensischen | |
Flüchtling das Bleiberecht für sechs weitere Familienmitglieder gab, indem | |
der Richter ein Sondergesetz für ukrainische Staatsbürger:innen | |
anwendete. Auf Badenochs Kritik daran antwortete Starmer, es handele sich | |
um eine Gesetzeslücke, die nun geschlossen werde. | |
12 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
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