# taz.de -- Frau gewinnt Grammy: Rapperin Doechii hat die Hosen an | |
> Als dritte Frau erhält die Rapperin einen Grammy für ihr Album „Alligator | |
> bites never heal“. Die erste war Lauryn Hill, die zweite Cardi B. | |
Bild: Bestes Rap Album: Doechii bei den Grammy Awards in Los Angeles | |
Bei der Verleihung der Grammy Awards am Sonntag in Los Angeles kündigte die | |
Rapperin Cardi B das beste Rapalbum des Jahres an. „Die Nominierten haben | |
Rap geformt und formen seine Zukunft“, sagt sie, den Briefumschlag mit dem | |
Namen in ihren Händen, deren Nägel so lang sind, dass sie sich damit zur | |
Not auch verteidigen könnte. | |
Rap ist – neben Rock und Pop – im US-Musikgeschäft längst Mainstream. Umso | |
stärker wird er umkämpft – und umso bedeutender ist es, dass der | |
diesjährige Grammy an eine Frau ging: Rapperin Doechii aus Florida bekam | |
die Trophäe in Form eines Goldenen Grammofons von ihrer Kollegin überreicht | |
und konnte ihr Glück kaum fassen. | |
Natürlich weiß Doechii um die politische Relevanz der Ehrung: „Ich will | |
nicht lange sprechen“, sagte sie in ihrer Dankesrede, „aber diese Kategorie | |
wurde 1989 eingeführt, und seitdem haben erst zwei Frauen gewonnen – nein, | |
drei Frauen!“ Die erste war 1999 Lauryn Hill, die zweite 2018 dann Cardi B. | |
Jetzt gehört Doechii zu diesem viel zu kleinen Kreis, der den | |
traditionellen Sexismus und die Misogynie der Branche widerspiegelt. | |
Das – im doppelten Sinne – ausgezeichnete Album „Alligator bites never | |
heal“ ist Doechiis drittes „Mixtape“, wie es im Hiphop heißt. Jeder Ton | |
darauf ist den Grammy wert. | |
Doechii, die 1998 in Tampa geboren wurde, wuchs in einem rapaffinen | |
Elternhaus auf und begann als Teenager, ihre eigenen Rhymes zu schreiben. | |
Ihr sicherer, mit viel Wortwitz ausgestatteter Flow auf „Alligator“ | |
erinnert an die selbstbestimmten Old-School-Grande-Dames wie Salt ’n’ Pepa, | |
Queen Latifah oder Missy Elliott. | |
## Über ihre Breaks würde Busta Rhymes sich freuen | |
Und über ihren Sinn für Breaks würden sich auch Busta Rhymes freuen. Als | |
Kind ihrer Zeit lässt sie zudem fantastische Videoclips produzieren. In | |
„Denial Is a River“ rennt sie durch TV-Sitcom-Settings und rekapituliert | |
ihre Karriere im Eminem-Style direkt in die Kamera: „I mean fuck, I like | |
pills, I like drugs, I like gettin' money, I like strippers, I like to | |
fuck, I like day-drinkin’ and day parties and Hollywood“. | |
Mittlerweile habe sie sich der Nüchternheit verschrieben, sagte Doechii in | |
ihrer Rede, bedankte sich bei Gott und ihrer Mutter, und rief Schwarze | |
Mädchen zur Selbstermächtigung auf: „Lass niemanden Stereotype auf dich | |
projizieren“, appellierte sie, „lass niemanden dir sagen, du dürftest nicht | |
hier sein, du seist zu Schwarz oder zu dumm oder zu dramatisch oder zu | |
laut. Du bist richtig, so wie du bist!“ | |
Auch durch ihre [1][Bisexualität] steht Doechii, vielleicht mehr als | |
andere, für eine Veränderung des Genres, das die klassischen G-Rapper | |
inklusive krimineller Vergangenheit und sexistischer (Bild-)Sprache viel zu | |
langsam hinter sich lässt. In „Nissan Altima“ sitzt sie am Steuer eines | |
Autos, galoppiert durch Zeilen wie „I’m the new HipHop Madonna“, „I’m… | |
trap Grace Jones“, „I’m a real bi-bitch“ und verbindet das alles in | |
atemberaubend schnellem Tempo. | |
## Nicht nur sexy | |
Dass sie dazu ein Shirt trägt, auf dem in schönster Schreibschrift „Keep | |
Abortion Safe & Legal“ steht, passt zu dieser wichtigen Generation an | |
No-Bullshit-Rapperinnen, zu denen neben Cardi auch [2][Nicki Minaj], Doja | |
Cat und natürlich [3][Megan Thee Stallion] gehören. Sie feiern nicht mehr | |
nur die selbstbestimmte Sexiness, sondern denken auch über andere Aspekte | |
des Körpers feministisch. | |
Statt mit einem Grammy hätte Doechii am Montag auch mit einem Stil-Preis | |
auszeichnen können: Sie trug einen unfassbaren, grauen Herrenanzug mit | |
einer ausladenden „Reifhose“. Was das bedeutet, ist klar: Selbst im 19. | |
Jahrhundert hätte Doechii die Hosen angehabt. | |
3 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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